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Ellin

Ellin

Titel: Ellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Millman
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Aber warum ist er dort und nicht hier bei dir?«
    Ellin zuckte mit den Schultern. »Ungünstige Umstände haben uns getrennt. Zudem steht er in lebenslangem Dienst des Herrschers von Kismahelia und kann nicht gehen, wohin er will.«
    »Das ist nicht gut. Du brauchst einen Mann, der hier mit dir leben kann. In wenigen Tagen wird ein neuer Herr gesalbt und es wird nicht lange dauern, bis er bemerkt, dass das Gerstfeldtal eine neue Besitzerin hat.«
    Missmutig rührte Ellin in ihrem Brei herum. Alles war so schrecklich verworren. Statt nachhause zu kommen und Frieden zu finden, warteten nur weitere Sorgen auf sie.
    »Ich habe einen Gesellen«, warf Guntar ein. »Er ist ein redlicher Bursche, gesund und ansehnlich. Vielleicht solltet ihr einander kennenlernen?«
    »Was ist mit deinem Bruder?«, fragte Tilda. »Er bewirtschaftet ein kleines Lehen am Ronnefluss. Zwar hat er bei einem Unglück ein Ohr und zwei Finger seiner linken Hand verloren, doch er ist ein fleißiger und gutherziger Mann.«
    Guntar brummte zustimmend. »Marin habe ich vergessen. Er hat Erfahrung in der Landbestellung, ist des Lesens und Schreibens mächtig und sucht schon eine ganze Weile nach einer passenden Gefährtin.«
    Beide blickten Ellin erwartungsvoll an, offensichtlich zufrieden mit ihren Plänen. Janus und Josch kicherten.
    Ellin lächelte unverbindlich. »Zu gegebener Zeit könnt ihr mir die beiden vorstellen, anschließend entscheide ich, ob ich mit einem von ihnen verbunden werden will. Doch zuerst möchte ich mich um die Belange meines Landes kümmern. Ich muss dem Lehnsherrn einen Besuch abstatten. Er soll ausreichend Zeit bekommen, das Gut zu räumen.«
    Tilda und Guntar zeigten sich verwundert über ihr Zögern, versprachen jedoch, abzuwarten, zumindest, bis sie das Gutshaus bezogen haben würde. Ellin glaubte ihnen nicht. Sie hatte das sichere Gefühl, dass Guntar sich noch am selben Tag auf den Weg zu seinem Bruder machen würde, um ihm Ellin als Gefährtin vorzuschlagen. Natürlich wusste sie, dass Tilda nur das Beste für sie wollte, doch die Aussicht auf eigenes Land und die Angst davor, dieses sogleich wieder zu verlieren, würde ihre Mume dazu veranlassen, Ellin so schnell wie möglich einem Gefährten zuzuführen. Und wer käme da gelegener als der Bruder ihres Mannes?
39
    E llin trat ins Freie und betrachtete die weiten Felder um sich herum. Eine Windböe zerrte an ihren Kleidern. Das Rauschen der Blätter und der holzige Duft der Gerstknollen erfüllte die Luft. Die Erntezeit nahte. Bald würden unzählige Helfer umherhasten, die Ruhe hektischer Betriebsamkeit weichen. Die Luft trug den Geruch nach Regen mit sich. Sie hob den Kopf und betrachtete den Himmel. Die grauen Wolkenberge bestätigten ihre Ahnung. Ein Unwetter nahte.
    Seit Affra auf dem Gut weilte, fühlte Ellin sich nicht mehr so allein. Zudem war sie eine Verbündete in dem andauernden Streit um ihre Zukunft. Sie vermisste Kylian schmerzlich, ebenso wie Yasu, und fragte sich täglich, ob sie die beiden jemals wiedersehen würde. Affra hatte ihr zwar erzählt, dass Kylian auf der Felsenfestung gewesen war, doch wusste sie nicht, ob er seine Freiheit zurückerlangt hatte oder nur geflohen und mittlerweile vielleicht wieder eingefangen worden war. Sie seufzte. Im Augenblick musste sie sich um ihr Land kümmern, für Liebesdinge blieb kein Platz. Immerhin war sie Lady Rhywallon, Herrin über das Gerstfeldtal, zumindest solange der neue Herr von Veckta ihr das Land nicht entreißen würde. Zwar hatte sie Tilda und Guntar einen Teil des Landes übertragen und das Schriftstück vor Zeugen unterzeichnet, doch solange sie keinen Gefährten hatte, blieb ihr Anteil angreifbar. Tilda und Guntar hatten mit ihren Kindern das Gutshaus bezogen, während Ellin freiwillig mit einer der Gesindehütten vorlieb genommen hatte. Die Hütte war geräumig, verfügte sogar über eine eigene Kochstelle und eine kleine Schlafkammer. Sie genoss das Alleinsein. Nichts war schöner als nach einem arbeitsreichen Tag in ihrem gepolsterten Stuhl zu sitzen, aus dem Fenster zu schauen und die Felder zu betrachten. In diesen Momenten fand sie die Ruhe, nach der sie sich so lange gesehnt hatte. Ihre Wunden verheilten, doch die Narben auf ihrer Haut und in ihrer Seele würden sie den Rest ihres Lebens an die Geschehnisse erinnern.
    Ein Blitz am Himmel erinnerte sie an das bevorstehende Unwetter. Schnell ging sie zur Scheune und sperrte die Zuggäule ein, die unruhig mit den Hufen stampften. Auch sie

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