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Ellin

Ellin

Titel: Ellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Millman
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Präzision in dessen Gunst. Doch an diesem Morgen wirkte er weder beherrscht noch kalt. In seinen Augen standen Erschöpfung und Angst. Ohne Morgengruß trat er auf Affra zu, umklammerte ihren Arm und zerrte sie zu sich heran. »Wo ist Mathýs?«
    Affra runzelte die Stirn. Skavos’ dürre Finger bohrten sich in ihr Fleisch und hinterließen schmerzhafte Abdrücke auf ihrer Haut. Sie hatten einander noch nie leiden mögen, doch normalerweise beschränkte sich ihre Abneigung auf verächtliche Blicke und spitze Bemerkungen.
    »Nehmt Eure Finger von mir, sonst sage ich gar nichts«, fauchte sie.
    Skavos hielt sie weiter umklammert. »Antworte mir, bevor ich dich auspeitschen lasse, Weib.«
    Sie warf ihm einen verächtlichen Blick zu. »Mir scheint, als wäre nicht ich diejenige, die sich Sorgen um eine Auspeitschung machen muss.«
    Skavos’ Gesicht näherte sich dem ihren, sein nach Gerstschnaps stinkender Atem schlug ihr entgegen. »Hüte deine Zunge.«
    »Hört auf, mir zu drohen.«
    Sie taxierten einander, ein wortloses Ringen um Macht.
    »Warum verlangt Ihr nach dem Heiler?«, fragte Affra schließlich.
    »Der Herr fühlt sich nicht wohl.«
    Ihr Herzschlag beschleunigte sich. »Was hat er denn?«
    Skavos zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, er klagt über starke Schmerzen und kann sich kaum bewegen.«
    Das sind nicht unbedingt schlechte Nachrichten. Angestrengt versuchte Affra, nicht allzu zufrieden auszusehen. »Seid Ihr schon in Mathýs Kammer gewesen?«
    »Natürlich, einfältiges Weib«, giftete er. »Ich wäre wohl kaum hier, wenn ich den Heiler in seiner Kammer vorgefunden hätte.«
    Affra lag eine Erwiderung auf den Lippen, doch hätte das nur zu einem weiteren Wortgefecht geführt.
    »Und das alles nur wegen dieser Hure«, stieß Skavos hervor.
    Affra hob fragend die Augenbrauen. »Von wem sprecht Ihr?«
    Er spie aus. »Ich spreche von der geflohenen Leibdienerin. Sie hat uns das alles eingebrockt. Wenn ich sie in die Finger bekomme, stürze ich sie eigenhändig von den Klippen.«
    Affra kniff die Lippen zusammen. Zorn brannte in ihrem Leib. Wie konnte er Ellin die Schuld für etwas geben, was einzig und allein Lord Wolfhard zu verantworten hatte?
    »Mathýs ist beim alten Jost«, presste sie mühsam beherrscht hervor, entriss ihm ihren Arm und wendete sich wieder dem Mahlen von Gerstknollensamen zu. Leise Verwünschungen ausstoßend verließ Skavos die Küche.
    Wenig später kam eine Magd herein und beauftragte Affra, einen Kräutersud zu bereiten und ihn in Lord Wolfhards Gemächer zu bringen. Nur zu gerne hätte sie diese Aufgabe einer Küchenmagd überlassen, doch war sie nicht sicher, ob das in Lord Wolfhards Sinne war. Also bereitete sie den Sud zu und machte sich anschließend auf den Weg zu ihrem Herrn. Mit weichen Knien betrat sie die Gemächer. Wolfhard lag bäuchlings auf seiner Bettstatt und stöhnte. Mathýs stand zu seiner Rechten und tastete seinen Rücken ab. »Stell den Trank auf den Tisch, ich werde ihn gleich mit schmerzlindernden Tropfen versehen«, wies er Affra an.
    »Was ist denn nun mit mir?«, brummte Lord Wolfhard.
    »Ihr habt Euch den Rücken verrenkt, mein Herr.«
    »Dann renk ihn wieder ein!«
    Mathýs seufzte. »Das geht nicht. Ich kann Eure Schmerzen lindern, Herr, doch was Ihr vor allem braucht ist Ruhe.«
    Lord Wolfhard knurrte ungeduldig. »Ruhe? Wie lange?«
    Der Heiler zuckte mit den Schultern. »Das kann ich nicht genau sagen. Vier, vielleicht auch fünf Nächte.«
    Lord Wolfhard stieß eine Verwünschung aus und rollte sich auf den Rücken, wobei er stöhnte und fluchte wie ein gestrandeter Seemann. Mathýs half ihm, eine einigermaßen bequeme Lage zu finden.
    »Für was beschäftige ich einen Heiler, wenn er mich nicht heilen kann?«, knurrte Wolfhard.
    Hilflos blickte Mathýs zu Affra auf. Er konnte Medizin verabreichen, Wunden nähen und Glieder amputieren, doch seinen aufbrausenden Herrn zu beruhigen, fiel ihm schwer.
    »Eure Lordschaft hat sich völlig verausgabt«, versuchte Affra ihn zu beschwichtigen. »Gönnt Euch ein wenig Ruhe. Wir werden dafür sorgen, dass es Euch an nichts mangelt.«
    »Ich soll ruhen, während diese Hure umherzieht und sich über ihren Dienstherrn belustigt?« Lord Wolfhards Gesicht lief rot an. »Ich muss sie einfangen, bevor sie zum Land ihrer Missgeburt von Mutter gelangt und Rechte fordert, die ihr nicht zustehen.« Wutentbrannt trommelte er mit der Faust auf das Bett. »Und diesem Bastard, der bei ihr ist, werde ich die

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