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Ellin

Ellin

Titel: Ellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Millman
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vorzustellen, was vergleichbar bedeutete und welchen Schaden die Gruppe anrichten konnte, wenn sie ihre Kampfkunst vereinte. Kein Wunder, dass die Menschen sie fürchteten. »Sicher seid Ihr stolz auf euer Können.«
    Statt einer Antwort umfasste er ihre Taille und hob sie auf Jalos Rücken. Nachdem er hinter ihr aufgestiegen war, schnalzte er mir der Zunge und der Hengst trabte los.
    »Kylian?«
    »Hm?«, brummte er.
    »Warum habt Ihr die beiden Männer entkommen lassen?«
    Er zögerte, schien zu überlegen. Das Schweigen dehnte sich aus, bis Ellin glaubte, dass er ihr nicht mehr antworten würde. Resigniert betrachtete sie die Rillen an Jalos Ohren und fragte sich, ob der Hengst tatsächlich so gut hören konnte wie ein Flughund.
    »Der Kampf ist zwar mein Geschäft«, sagte Kylian plötzlich. »Doch es bereitet mir keine Freude. Ich meide Kämpfe, um nicht gezwungen zu sein, das zu tun, was ich am besten kann.«
    »Und das wäre?«
    »Töten.«
    »Töten? Das ist, was Ihr am besten könnt?«
    »Ja.«
    Wenige Tage zuvor hätte sie diese Offenbarung noch mit Abscheu erfüllt, doch nun, da sie ihn besser kannte, gestand sie sich ein, dass sie nicht so frei von Vorurteilen war, wie sie immer geglaubt hatte. Es gab viele Gründe, warum ein Mann seinen Lebensunterhalt als Soldat oder mit Söldnerdiensten bestreiten musste. Der Mangel an Möglichkeiten war einer davon. Die Uthra wurden verachtet und verfolgt. Was sollten sie anderes tun?
    Eine Weile ritten sie still dahin, während Ellin über die Uthra und ihre Art des Broterwerbs nachdachte. Nur das dumpfe Trommeln der Hufe und das Schnauben des Pferdes folgten ihrem Schweigen.
    »Ich glaube, Ihr irrt Euch«, sagte sie schließlich. »Ihr könnt viel mehr.«
    »Ach ja?«, erwiderte er gleichgültig.
    »Ja. Ihr könnt gut mit Pferden umgehen, Ihr sprecht mehrere Sprachen. Ihr seid ein guter Spurenleser und nicht zuletzt seid Ihr loyal und jederzeit bereit, Euch für Eure Gefährten zu opfern.«
    Er stieß einen brummigen Laut aus. »Eure Sicht ist getrübt, weil ich Euch nun schon zum zweiten Mal aus einer misslichen Lage befreit habe.«
    Das mochte sein, doch wenn sie an seine Unbeherrschtheit zurückdachte, zweifelte sie an seiner Theorie.
    »Die Männer werden Lord Wolfhard Bericht erstatten«, merkte sie an.
    »Ich weiß.«
    »Wenn er, aus welchen Gründen auch immer, tatsächlich so besessen von mir ist, werdet auch Ihr zum Gejagten, seid Ihr Euch dessen bewusst?«
    »Das ist mir bewusst, doch darüber brauchen wir uns noch nicht zu sorgen. Bevor der Abend dämmert, sind wir bei den Braunen Seen, dorthin wird er uns nicht folgen.«
    Ellin musste ihm Recht geben. Die Braunen Seen waren gewiss kein Ort, den irgendjemand freiwillig betrat. Ginge es nach ihr, würde sie es genauso halten. Doch wenn sie mit der Gruppe ins sichere Huanaco reisen wollte, musste sie ihnen wohl oder übel folgen.
    Nach einem ereignislosen Ritt erreichten sie den westlichen Mahnstein, welcher den Beginn der Sümpfe markierte. Schon von weither konnte man sie sehen, und das, obwohl sich die Landschaft von einer endlos anmutenden Grasfläche langsam in eine hügelige, Moos überwucherte Steinwüste verwandelte, die immer wieder mit scharfkantigen Gesteinsbrocken sowie kleineren und größeren Tümpeln und Pfuhlen durchsetzt war. Ein Hinweis auf das Kommende. Kantig und düster ragte der Stein in den Himmel empor. Schon durch seine Größe erregte er Aufmerksamkeit, doch war er zudem mit vielerlei seltsamen Symbolen verziert, die zwar teilweise von Moos und Flechten überwuchert waren, jedoch nichts von ihrer Eindringlichkeit und Kraft verloren hatten. Ellin vermutete, dass sie vor dem Betreten der Sümpfe warnen sollten.
    Vor dem Mahnmal stieg Kylian ab und suchte nach Spuren seiner Weggefährten. Anschließend nahm er die Karte zur Hand und überprüfte ihre Position. Ellin wartete auf Jalos Rücken und warf immer wieder besorgte Blicke in die Runde.
    Sie hörten das leise Rumpeln gleichzeitig. Aus dem Halbdunkel näherte sich ein Wagen, begleitet von einem Reiter, der, als er ihrer ansichtig wurde, seinem Pferd die Sporen gab und ihnen entgegeneilte.
    »Butan«, rief Kylian erleichtert.
    Butan stoppte seinen Wallach, saß ab und umarmte Kylian.
    Wie sich herausstellte, hatte die Gruppe Schwierigkeiten mit dem steinigen Gelände gehabt und die Radachse des Wagens reparieren müssen, die während der Fahrt gebrochen war. Das hatte sie zu einer längeren Rast gezwungen.
    Ellin, die es vorzog,

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