Ellin
Mann wartete, der über ihren Körper verfügen durfte, erschien ihr furchtbar. »Wo kommt er her, dieser Mann? Warum gesteht Nosara ihm eine Gesellschafterin zu?«
Yasu zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, woher er kommt. Er führt einen Söldnertrupp an, der im Dienste der Herrscherin steht.«
Ellin stockte der Atem. »Söldner? Wie ist sein Name?«
Yasu zögerte und beäugte Ellin misstrauisch. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn nennen darf.«
Ellin winkte ab und versuchte, ihrer Stimme einen gleichmütigen Klang zu geben. Im Grunde wusste sie, von wem Yasu sprach, doch sie wollte Gewissheit. »Seid unbesorgt. Ich kenne die Söldner, bin in ihrer Begleitung nach Huanaco gekommen. Mir war nicht klar, dass einer von ihnen so hoch in Nosaras Gunst steht.«
Yasu wirkte erleichtert. »Sein Name ist Kylian.«
Obwohl sie es geahnt hatte, hatte Ellin das Gefühl, als hätte ihr jemand den Boden unter den Füßen weggerissen. Etwas Bitteres brannte in ihrer Kehle und sie verspürte den Drang, sich zu übergeben.
»Was ist mit Euch? Habe ich etwas Falsches gesagt? Möchtet Ihr kurz ausruhen?«, fragte Yasu besorgt.
Ellin schüttelte den Kopf. »Nein, es geht schon. Ich war nur so … überrascht.«
»Warum?«
»Es wundert mich, dass Nosara einen Söldner bei Laune zu halten versucht.«
Yasu musterte sie skeptisch. Nur mit größter Mühe gelang es Ellin, ihre Erschütterung zu verbergen.
»Es ist ein Gunstbeweis, den die Herrscherin jedem geschätzten Gast zukommen lässt. Sie ist berühmt für ihre Großzügigkeit und Gastfreundschaft«, erklärte Yasu.
Ellin blickte zum Palast hinauf, der nicht weit entfernt vor ihr aufragte. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Mit überraschender Klarheit erkannte sie, dass sie eine tiefe Abneigung gegen Nosara hegte. Hinter dem freundlichen Gebaren der Herrscherin brodelte etwas Dunkles, Berechnendes. Oder war es nur die Eifersucht, die sie das glauben ließ? Die Aura der Herrscherin war neutral und auch ihre Worte und Handlungen ließen nicht klar erkennen, ob sie ihnen wohlgesonnen war oder nicht. Dennoch verachtete Ellin sie. Aus welchem Grund auch immer.
Wenig später betraten sie den Herrscherpalast. Die Wachen musterten Yasu begehrlich, raunten ihr anzügliche Worte zu, die Ellin die Schamröte in die Wangen trieb.
Ein Diener trat hinzu und verneigte sich vor ihr.
Yasu nickte lächelnd. »Ihr seid nun in guten Händen, Ellin. Ich wünsche Euch alles, was Ihr Euch wünscht.«
Ellin blickte ihr nach. Anmutig trippelte die junge Sklavin den Weg Richtung Badehaus entlang. Sie hatte sich nicht von Yasu verabschiedet, sich nicht einmal bedankt. Die Eifersucht nagte an ihr wie ein hungriges Tier, ließ ihr die Worte im Hals steckenbleiben. In der Enge ihrer Kammer hielt sie es nicht lange aus und so begann sie, durch den Palast zu wandern. Langsam senkte sich die Abenddämmerung herab und mit ihr eine Mischung aus Wut und Traurigkeit.
Als sie in ihre Kammer zurückkehrte, war Nuelia bereits da und zog sich um. »Da bist du ja endlich. Beeil dich, das Nachtmahl wird gleich aufgetragen.«
Ellin wusch sich und streifte ein frisches Gewand über. Sie hoffte, Kylian an der Tafel vorzufinden, doch weder die Herrscherin noch Kylian nahmen an dem Mahl teil.
Schweigend würgte sie ein paar Bissen hinunter. Glücklicherweise fiel ihre Verstimmung niemandem auf, denn auch Jesh und Nuelia zeigten sich nicht gerade bester Laune. Geldis beäugte sie und schüttelte dann ihr altes Haupt. »Will ich wissen, warum ihr so verdrießlich seid?«
»Nein«, brummte Jesh und stopfte ein riesiges Fleischstück in den Mund.
Ellin nippte an ihrem Becher und hoffte auf ein baldiges Ende des Nachtmahls. Sie wollte alleine sein und sich ihren trüben Gedanken hingeben. Als sie endlich in ihre Kammer zurückkehrte, legte sie sich auf ihre Bettstatt, drehte Nuelia den Rücken zu und weinte sich lautlos in den Schlaf.
Im Morgengrauen klopfte es an der Tür. Benommen von einem seltsamen Traum, indem sie durch einen mit Schlamm gefüllten Fluss gewatet war und Gerstknollen gesammelt hatte, sah Ellin auf.
»Nuelia? Ellin?«, hörte sie Kylians leise Stimme. Nuelia erhob sich eilig und öffnete.
»Darf ich eintreten?«, fragte er.
Nuelia nickte wortlos und bat Kylian mit einer Geste hinein. Ellin setzte sich auf und zog die Decke bis unters Kinn. Ein Gefühl der Schwäche zog durch ihren Bauch und ihr Herz pochte verräterisch. Sie betrachtete Kylians Gesicht, suchte nach Spuren der
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