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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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deinem ärgsten Feind in die Hände, und ich bin sicher, daß du ihm keine Sekunde widerstehen könntest.« Sie kniete sich neben mich, nahm meine Hände und sagte drängend: »Elloran. Verstehe mich bitte richtig! Ich will dir nichts Böses. Ich würde mein Leben für dich geben, wenn das irgend etwas nützt. Aber trotzdem mußt du dir darüber klarwerden, was du wirklich willst. Das ist der einzige Weg, der dir helfen kann, das Spiel zu gewinnen. Es nützt dir gar nichts, wenn du mich oder irgendeinen anderen über dein Leben bestimmen läßt. Du würdest sterben, Elloran, und nicht einmal wissen, weshalb!« Sie sah mich eindringlich an. Ich begann unter diesem Blick zu frieren. Es war dunkel geworden. In den Fenstern der Burg flammten Lichter auf. Irgendwo hinter uns rief klagend ein Nachtvogel. Ein Rabe krächzte eine Antwort, und Leonie stand auf.
    »Geh schlafen, Elloran«, befahl sie knapp und ging. Ihre weiße und schwarze Gestalt verschmolz mit den düsteren Schatten der Büsche. Sie war fort. Ich stand verloren und angstvoll neben der Birke und spürte eine große, wortlose Wut in mir aufsteigen. Wenn sie doch alle miteinander wenigstens damit aufhörten, mich immer ins Bett zu schicken, sobald sie meine Fragen nicht beantworten wollen!
    Drei Tage lang besprach Karas kühl nur das Allernotwendigste mit mir. Drei Abende verbrachte ich einsam grübelnd an meinen Lieblingsplätzen in der Burg. Ich hatte keine Freunde hier; um Bekanntschaften zu schließen, hatte mir zuerst die Sprache gefehlt und dann die nötige Muße. Nach dem Vorfall in der Schreibstube war ich sehr unsicher, ob es überhaupt noch jemanden gab, der darauf Wert legte, Freundschaft mit mir zu pflegen. Leonie war eher schweigsam und beschränkte sich im Gespräch auf unser Spiel und ihre magischen Unterweisungen. Ich hatte also sehr viel Gelegenheit, über ihre Worte nachzudenken, merkte aber schnell, daß ich mich dabei im Kreise drehte. Zum ersten Mal nach langer Zeit dachte ich wieder an Nikal und fragte mich, wie es ihm wohl inzwischen ergangen sein mochte. Sein Rat fehlte mir sehr. Manchmal hatte es ausgereicht, ihm ein Problem nur darzustellen und sein aufmerksames, mitfühlendes Gesicht dabei zu beobachten, damit ich selbst eine Lösung fand. Aber er war nun einmal nicht hier, und auch Julian machte sich rar. Fast hatte ich den Eindruck, er verübelte mir meine Treffen mit Leonie.
    Dann endlich war meine Bestrafung vorbei. Karas lächelte wieder und bat mich für den Abend zu sich. Ich war fast erschreckt, wie sehr ich mich darüber freute. Nach dem Abendessen faßte ich mir ein Herz. » domu K-Karas«, fragte ich ihn, »w-was sind Eure Pläne für mich? Ich wüßte gerne m-mehr darüber.«
    »Was meinst du damit?« fragte er zurück. Er starrte an mir vorbei in das Feuer im Kamin.
    »Ich habe den Eindruck, Ihr habt etwas Bestimmtes mit mir v-vor, und ich wüßte g-gerne, was das ist«, gab ich trotzig zurück. Warum wich er mir aus? Sein Blick mied mich immer noch.
    »Du bist mein persönlicher Schreiber«, sagte er mit mildem Vorwurf in der Stimme. »Reicht dir das nicht? Dabei lernst du alles über die Verwaltung eines Königreiches – diese Gelegenheit bekommt ein junger Mensch nicht sehr oft.« Er trank seinen Becher leer und beugte sich ächzend vor, um sich und mir nachzuschenken. Ich seufzte und gab es für heute auf. Leonie hatte ihn als stur bezeichnet, und ich hatte in den Neunwochen, die ich für ihn arbeitete, mehr als reichlich Gelegenheit bekommen, seinen Dickkopf kennenzulernen. Hier und heute würde ich nicht weiterkommen, aber ich schwor mir, das Thema nicht ruhen zu lassen, bis ich endlich eine Antwort von ihm bekam!
    Draußen im Gang näherten sich laute, feste Schritte. Die Tür wurde aufgerissen. Karas rief böse: »Was geht da vor? Wer erlaubt sich ...«
    Es verschlug ihm die Sprache, und er sah mit ungläubig geweiteten Augen dem frechen Eindringling entgegen, ehe er ohne Rücksicht auf sein lahmes Bein aufsprang und in die Umarmung einer großen, von der Reise staubigen und nach Pferden und Leder riechenden Gestalt gerissen wurde. Gefesselt und sehr unhöflich sah ich zu, wie meine Großmutter und der Kammerherr nicht müde wurden, sich zu küssen, und nur voneinander abließen, um sich anzusehen, lachend und weinend zugleich, und sofort wieder in die leidenschaftlichste Umarmung versanken.
    »Vee, meine Veela, seit wann bist du wieder hier? Ich wußte gar nicht, daß du auf dem Rückweg warst!« Karas

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