Ellorans Traum
das in der Geschwindigkeit weiterging, würde ich noch sehr einsam werden, ehe ich diese Welt verlassen mußte.
Nikal wartete bereits vor dem Stall. Er hockte auf dem Gatter, das einen Teil des Hofes abtrennte, und ich mußte daran denken, wie oft ich mit ihm so auf der hölzernen Absperrung des Waffenhofes in Salvok gesessen hatte.
Er sah mir finster entgegen, ohne meinen Gruß zu erwidern. Ich zuckte mit den Achseln und ging auf die Suche nach dem Besitzer des Stalles. Mein kleines Pferd war wohlgenährt und gepflegt. Der kleine, krummbeinige Berg-Raulikaner, dem der Mietstall gehörte, klopfte ihm traurig auf den Hals, als er es mir zuführte.
»Wenn du einmal daran denken solltest, ihn zu verkaufen, dann mache ich dir einen guten Preis«, bot er an. »Diese Rasse siehst du hier im Süden nicht oft, leider. Mein Vater hatte eine Zucht.« Er sah den struppigen Hengst liebevoll an. Ich versprach, an ihn zu denken und fragte ihn dann nach einem Pferd für meinen Begleiter.
Nikal saß noch immer regungslos wie eine verirrte Vogelscheuche auf dem Gatter. Er machte keine Anstalten, seinen Braunen zu besteigen. Ich verschnürte mein Bündel und sah ihn fragend an.
»Darf ich erfahren, wo es hingeht, edler Herr?« fragte er sarkastisch. »Und würdet Ihr mich eventuell auch in Eure Pläne einweihen, wie Ihr gedenkt, Euch des Ungeziefers mit meiner Hilfe zu entledigen, oder soll ich mich überraschen lassen?« Seine Stimme klang rostig. Wahrscheinlich hatte er schon wieder sein Quantum Schnaps intus. Ich ritt aus dem Hof, ohne mich nach ihm umzusehen. Wenn er mir folgte, gut; wenn nicht, war es mir schon fast einerlei. Ich hatte die Nase voll von dieser Angelegenheit. Einige Atemzüge lang blieb es still hinter mir, dann vernahm ich Hufschlag, der mir zögernd folgte. Wir ritten schweigend hintereinander durch das nördliche Stadttor, und dort zog Nikal an meine Seite.
»Mit wievielen Gegnern habe ich zu rechnen?« fragte er nach einer Weile. Es klang erstaunlich höflich.
»Fünf insgesamt«, antwortete ich ebenso. »Davon sind vier n-nicht zu unterschätzen, fürchte ich.« Er lauschte meinen Ausführungen äußerst aufmerksam. Ich überlegte scharf, was ich ihm erzählte. »Die Anführerin besitzt zwar nur n-noch den linken Arm, aber s-sie ist eine kluge, altgediente Söldnerin.«
»Mit nur einem Arm in dem Gewerbe alt zu werden, ist nicht einfach. Sie muß gut sein«, knurrte er. Ich nickte.
»Dann ist da ihre Kollegin, d-die mit einer sehr seltsamen Waffe sehr geschickt umgehen kann.« Ich schilderte Ranan, die Riesin, und ihre Peitsche. »Quinns Stellvertreter habe ich noch nie mit einer ernstzunehmenden Waffe in der Hand gesehen, aber er scheint ein Meister im waffenlosen Kampf zu sein. Über den Heiler brauchst du dir n-nicht den Kopf zu zerbrechen; das letzte Mal, da ich ihn habe kämpfen sehen, war es mit einer Bratpfanne – und auch das nicht allzu gekonnt.«
Er schnaubte amüsiert. »Den kann ich ja dann dir überlassen, Rotznase.« Ich erwiderte nichts.
»Und der fünfte?«
»Schwer zu sagen. Ich k-kann ihn überhaupt nicht einschätzen. Er wirkt nicht wie ein Kämpfer, eher wie jemand, d-der seine Gegner mit Gift aus dem Weg räumt.« Ich stockte. Genau das war der Eindruck, den ich von Galen hatte – warum war ich eigentlich nie auf den Gedanken gekommen, daß er vielleicht hinter dem Giftanschlag auf mich steckte? Obwohl – warum sollte ausgerechnet er ein Interesse daran haben, mich zu beseitigen? Ich räusperte mich und sprach weiter.
»Trotzdem sollte man ihn nicht unterschätzen: Er hat mit einer ernsthaften Schwertwunde in der Seite noch einer Gardesoldatin das G-Genick gebrochen.«
Nikal brummte mißvergnügt. Seine Brauen waren finster zusammengezogen. Ich konnte förmlich sehen, was er dachte: vier schwer einzuschätzende, gewiß aber ernstzunehmende Gegner, gegen die er alleine antreten sollte ... Ich beeilte mich, einen Teil seiner Sorgen zu zerstreuen, ehe er mir vom Karren sprang.
»Wir haben nicht alle g-gleichzeitig am Hals. Ich habe diesen Zeitpunkt für ein Treffen mit ihnen gewählt, weil ich wußte, d-daß sich im Augenblick nur Quinn und ihr Commander hier im Süden aufhalten. Die anderen beiden haben den Botschafter nach S'aavara begleitet, er trifft sich dort mit d-dem minor T'jana.«
»Klingt schon besser. Aber wie willst du nachher an die anderen drei herankommen, wenn ich dir diese hier vom Halse geschafft habe?«
»Keine Sorge, da f-fällt mir schon noch etwas
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