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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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ein«, sagte ich etwas patzig.
    Gegen Abend erreichten wir den Treffpunkt am Galgenhügel. Nikal bestand darauf, daß wir die Umgebung genau untersuchten, aber wir fanden weder Mensch noch Tier und auch nicht den Hinterhalt, den er wohl vermutet hatte. Die Gruppe war noch nicht eingetroffen; also richtete ich mich mit Nikal auf der kleinen Lichtung ein und vertraute darauf, daß die anderen sich uns schon vorsichtig nähern würden.
    Wir entzündeten ein kleines Feuer und kauerten uns – mit um die Schultern gelegten Decken – dicht daneben. Es war empfindlich kalt, glücklicherweise aber trocken. Nikal behielt die Umgebung ständig im Blick, mit einer Hand an seinem Schwert. Ich fror wie ein nacktes Küken im Schneesturm. Mein Zittern wurde immer heftiger. Kälteschauer überliefen mich. Ich fluchte tonlos. Das war jetzt wirklich der denkbar ungünstigste Zeitpunkt für einen weiteren Anfall! Mit unsicheren Händen holte ich das Glückskraut hervor. Nikals Kopf fuhr herum, er sah mich ungläubig an.
    »Bist du noch zu retten? Machst du dir etwa vor Angst dermaßen in die Hose? Ich kann bei diesem Unternehmen doch nicht auch noch auf einen verdammten Nebelkopf aufpassen!«
    Ich konnte ihm beim besten Willen nicht antworten. Die Krämpfe waren sogar noch stärker als vor einigen Tagen. Ich drehte mich hastig vom Feuer weg und erbrach mich qualvoll. Er packte mich bei den Schultern und hielt mich fest, leise und heftig fluchend.
    »Verdammnis, Junge, du gibst ja deine ganzen Eingeweide von dir!« Ich fiel zurück in die Hocke, und er wischte mir mit einem Zipfel seiner Decke das Gesicht ab. Ich sah die dunkelroten Flecken auf dem groben Stoff und begann wieder zu würgen. Ein zweiter Schwall klumpigen, dunklen Blutes folgte dem ersten, dann endlich ließen die Krämpfe langsam nach. Ich lag schwach wie ein Neugeborenes und schluchzend an Nikals Schulter. Die Heilerin hatte mich belogen, oder sie hatte sich geirrt. Mir blieb mit Sicherheit kein Jahr mehr. Wahrscheinlich würde ich nicht einmal mehr den Sommer erleben. Ich wimmerte vor Angst und Schmerz.
    Nikal strich über mein Gesicht und sagte hilflos: »Was kann ich tun, Junge? Willst du etwas Wasser?« Er streichelte meinen Kopf und wiegte mich wie ein Kind. »Was ist denn nur los mit dir? Kleiner, du wirst mir doch nicht etwa hier sterben; mach doch die Augen auf! Wie soll ich das denn deiner Mutter erklären?« Ich lauschte seiner Stimme und fühlte mich um Jahre zurückversetzt.
    »Nik, b-bist du das?« flüsterte ich schwach. Er legte seine Decke um mich und zog mich wieder an seine Schulter. Ich öffnete mühsam die Augen und sah ihn mit verschwimmendem Blick an. Sein Gesicht beugte sich über mich, tiefe Besorgnis in den Augen. Wie schon einmal vor Tagen in seinem Quartier sah er jünger aus. Alle Tücke war aus seinem Gesicht verschwunden, und die bösen, bitteren Linien hatten sich geglättet. Ich starrte ihn an, erschreckt und gleichzeitig erleichtert.
    »Gib mir b-bitte ein Stäbchen«, bat ich ihn. Er steckte es mir zwischen die Lippen und reichte mir einen glimmenden Zweig als Anzünder. Ich sog den Rauch tief ein und entspannte behutsam meine verkrampften Muskeln. Der schreckliche Schmerz ebbte ab, und mein Blick wurde wieder klar. Ich richtete mich vorsichtig auf.
    »Du hast mich zu Tode erschreckt. Ich habe noch nie jemanden so viel Blut auskotzen sehen, ohne daß er ...« Er verschluckte, was er hatte sagen wollen. Ich hustete und griff nach einem zweiten Stäbchen. Der Rauch begann endlich zu wirken; ich fühlte mich schon sehr viel kräftiger. Nikal musterte mich entsetzt. Ich sah ihn an und mußte lächeln. Er schien so sehr wieder er selbst, daß ich mir kaum noch vorstellen konnte, solch tödliche Angst vor diesem Mann gehabt zu haben. Er lächelte zögernd zurück und legte seinen Arm um mich. Ich lehnte mich an ihn und entzündete das nächste Rauchstäbchen. Wir saßen lange Zeit so da, und ich war beinahe glücklich.
    »Elloran?« fragte er unsicher. »Was tun wir eigentlich hier? Ich erinnere mich nicht ...« Er holte tief und zitternd Luft. »Du hast dich so sehr verändert, ich hätte dich beinahe nicht erkannt. Wie – wie lange haben wir uns nicht gesehen?«
    »Du bist vor f-fast zwei Jahren von Salvok geflohen«. Er zuckte zusammen. »Erinnerst du dich an Reuven, den Soldaten, den du fast umgebracht h-hast?«
    »Er ist nicht tot?« Nikal lachte beschämt und erleichtert auf. »Ihr Götter, ich danke dir für diese Nachricht! Ich

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