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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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verschnürte das Gepäck und bestieg die Stute. Ohne mich umzusehen, ritt ich vom Hof und hörte, wie die Reittiere der beiden anderen mir folgten. Eine schemenhafte Gestalt winkte mir. Ich wandte erschreckt den Kopf. Die rote Katze starrte mich aus rätselhaften Augen an und sprang von der Mauer ins hohe Gras darunter. Ich ächzte und lockerte den Weinschlauch, der an meinem Sattel hing. Ein großer Schluck vertrieb die drohende Nüchternheit und ließ die Schatten in meinen Augenwinkeln zumindest etwas zurückweichen. Tom lenkte sein Biest an meine Seite, während Jemaina ein paar Schritte zurückblieb, und fing eine recht einseitige Unterhaltung an. Ich trank und brummte hin und wieder wortlos, was ihm als Gesprächsbeitrag völlig zu genügen schien. Sein seichtes Geschwätz übertönte die Stimmen in meinem Kopf nahezu vollständig. Ich ließ es voller Erleichterung an mir vorbeiplätschern, ohne auf seine Worte genauer zu achten. Jemaina ritt schweigend hinter uns her. Wir durchquerten die endlosen grünen Hügel L'xhans, und Tom redete und redete, sang zwischendurch ein oder zwei Lieder, um dann weiterzuschwätzen. Etwas Weißes zuckte und wand sich am Rand meines Blickfeldes. Ich fuhr heftig herum. Meine Stute scheute, und Tom verstummte erschreckt. Wir hielten an.
    »Was ist?« fragte er. »Hast du etwas gesehen? Wegelagerer?« Ich musterte panisch das dichte Gebüsch am Feldrand und mühte mich, meinen beschleunigten Atem wieder unter Kontrolle zu bringen. Jemaina zog beunruhigt an unsere Seite.
    »Was ist los?« fragte sie Tom. Er zuckte mit den Achseln und deutete auf mich. Ich leckte mir über die trocken gewordenen Lippen und nahm einen tiefen Schluck aus dem Weinschlauch. Dann wischte ich mir zittrig über das Gesicht und ließ die Stute antraben.
    »Alles in Ordnung«, rief ich zurück, vergebens um einen beiläufigen Ton bemüht. »Ich habe m-mich geirrt.« Jemaina und Tom wechselten einen beunruhigten Blick und folgten mir. Ich hörte sie tuscheln. Es war mir gleich, was sie denken mochten. Meinetwegen sollten sie mich für einen Säufer halten, der die Bäume tanzen und Zwerge auf dem Weg Purzelbäume schlagen sah. Vielleicht würde sie das sogar veranlassen, mich meine Reise alleine fortsetzen zu lassen, was mir wahrhaftig das liebste gewesen wäre.
    Doch den Gefallen taten sie mir nicht. Wir ritten weiter, und Tom schwieg nun auch. Die Stimmen wurden immer unangenehmer. Ich wollte nicht riskieren, so betrunken zu werden, daß ich nicht mehr in der Lage war, mich im Sattel zu halten, aber ich bemühte mich redlich, in beruhigender Nähe zu diesem Zustand zu bleiben. Hin und wieder trafen mich die besorgten Blicke meiner Reisegefährten, doch sie hüteten sich, etwas zu bemerken. Offenbar war ihnen ein bezechter Söldner immer noch lieber als überhaupt kein Geleitschutz.
    Der Tag verstrich langsam. Seit unserer Mittagsrast ritt Jemaina an meiner Seite, während Tom sich ein kurzes Stück vor uns hielt und unermüdlich sein Repertoire an unanständigen Liedern vor sich hinträllerte. Ich erkannte das eine oder andere Lied aus Senns Schatzkiste und mußte darüber lächeln. Jemaina nahm das anscheinend als Ermutigung und begann, mich auszufragen. Wo ich herkäme, bei welchem Herrn ich zuletzt in Dienst gestanden hätte, und was ich in der Kronstadt wollte. Ich antwortete ausweichend und unfreundlich, was sie aber nicht zu entmutigen schien. Endlich drehte ich den Spieß einfach um und befragte sie. Ihre Geschichte, warum sie mit Tom unterwegs war, war von vorne bis hinten erlogen. Sie sei auf der Rückreise von ihrer Familie in Raulikar, erzählte sie, wo eine Enkelin von ihr ihr erstes Kind bekommen und dafür den Beistand ihrer Großmutter gewünscht habe. Tom sei einer ihrer angeheirateten Neffen, der nun in der Kronenburg versuchen wolle, eine Anstellung als Spielmann und Sänger zu bekommen.
    Ich lauschte der Geschichte mit steinerner Miene und fror innerlich. Wo ich hinblickte, herrschten Lüge und Betrug. Traue niemandem , diese Worte der Obersten Maga hallten in meinen Ohren. Traue niemandem. Traue niemandem!
    Am dritten Tag unserer gemeinsamen Reise sah ich gegen Mittag zum ersten Mal wieder die Zinnen der Kronenburg am Horizont. Am frühen Abend passierten wir das westliche Stadttor und ritten schweigend durch die engen Gassen des äußeren Ringes. Ich hatte erwartet, daß meine beiden Begleiter sich nun von mir trennen würden, um zur Burg hinaufzureiten, und ich mich dann in einer

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