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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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nach einem schnellen Blick auf die anscheinend in Schlaf gesunkene Leonie hinein. Sie hieß mich niedersetzen und brachte mir einen Becher mit Wasser, den ich dankbar leerte. Jemaina kümmerte sich derweil um Leonie, hob sie wie ein Kind aus ihrem Lehnstuhl und trug sie zum Bett. Ich erkannte plötzlich, daß ich Leonie nach dem verhängnisvollen Abend kein einziges Mal mehr hatte stehen oder sich fortbewegen sehen. Jemaina sah meinen erschreckten und fragenden Blick und schüttelte zur Antwort nur traurig den Kopf. Fürsorglich deckte sie die alte Magierin zu und dankte Magramanir für ihre Anwesenheit. Die Rabin krächzte rücksichtsvoll leise und strich durch das geöffnete Fenster in die Abenddämmerung.
    Ich stand auf und wandte mich zum Gehen, immer noch halb benommen. Jemaina legte mir eine Hand auf den Arm und sagte gedämpft: »Sie hat dir eine sehr große Last aufgebürdet. Wenn du mich brauchen solltest, Kind, ruf mich, ich komme dann sofort zu dir. Vielleicht kann ich es dir etwas erleichtern.«
    Ich umarmte sie dankbar und flüsterte: »Es geht schon, Jemaina. Aber ich komme sicher darauf zurück.«
    Der nächste Morgen fand mich früh auf den Beinen. Jenka war zur Zeit wieder zur Nachtwache eingeteilt, deshalb sahen wir uns weit seltener, als mir lieb war. Wenn sie ihren Dienst beendete, weckte sie mich, und wir frühstückten gemeinsam, bevor sie sich zu Bett begab – oder, genauer gesagt, bevor ich mich noch einmal mit ihr in die Kissen kuschelte. Wenn sie dann eingeschlafen war, stand ich auf und leistete meinen Großeltern Gesellschaft bei ihrem Frühstück. Karas fiel es immer schwerer, seine Räume überhaupt zu verlassen. Es schmerzte mich sehr, seinen fortschreitenden Verfall hilflos mitansehen zu müssen.
    An diesem Morgen also hatte mich Veelora an der Tür zu Karas' Schlafraum abgefangen und flüsternd fortgeschickt. Mein Großvater hatte eine schlimme Nacht hinter sich und schlief nun einen drogenbetäubten Schlaf. Jemaina hatte sich um ihn gekümmert, aber dem hoffnungslosen Gesichtsausdruck meiner Großmutter nach zu urteilen, hatte die Oberste Maga nicht viel mehr tun können, als Karas' Schmerzen etwas zu lindern und ihn mit einem ihrer Tränke in Schlummer zu versetzen.
    Ich holte mir die Abschriften des Friedensvertrages mit S'aavara, den ich am Tag zuvor angefangen hatte durchzuarbeiten, aus dem Arbeitszimmer und verzog mich mit ihm und zwei knackigen Äpfeln in das Rosenlabyrinth. Dort konnte ich sicher sein, daß man mich fand, wenn man mich suchte und ansonsten niemand mich stören würde, so sehr hatte sich meine Umgebung inzwischen daran gewöhnt, daß dies ›mein‹ Platz war. Karas nannte das Herz des Irrgartens mein ›Büro‹ und hatte scherzhafte Überlegungen angestellt, wie es überdacht und geheizt werden könne, damit ich zur Winterzeit nicht in Schnee und Eis dort sitzen und frieren müßte.
    Der neue maior T'jana schien wirklich der einsichtige und friedliebende Mann zu sein, als den Galen ihn geschildert hatte. Ich las seine persönlichen Anmerkungen zum Vertrag und freute mich darauf, ihn im Frühjahr selbst kennenzulernen, wenn er mit seinem Sohn zu meiner Amtseinsetzung nach L'xhan käme.
    Die Krönung sollte nun endgültig auf dem Frühlings-Krontag stattfinden. Ich hatte mich geweigert, das alte Versteckspiel mitzuspielen, dem die Krone sich jahrzehntelang unterworfen hatte. Wenn jemand vorhatte, mich zu töten, würde es ihm gelingen, allen Versuchen der Tarnung zum Trotz, das hatte Julian mir deutlich genug vor Augen geführt. Meine Großeltern hatten sich – nicht gerne, aber notgedrungen – schließlich meinem Wunsch gebeugt. Es blieb ihnen allerdings auch kaum etwas anderes übrig, denn ich hatte sie vor die Alternative gestellt: Entweder bekam ich eine öffentliche Krönung, oder ich würde noch vorher abdanken. Da sowohl die alte als auch die neue Oberste Maga mich in diesem Punkt unterstützten, gaben Karas und Veelora endlich nach. Karas schien der Gedanke sogar zu erleichtern, daß die Heimlichtuerei nun wirklich ein Ende haben sollte.
    Um Veeloras sorgenzerfurchtes Gesicht zu glätten, hatte ich aber immerhin ihrer Bitte zugestimmt, mein Geheimnis bis zur Krönung noch nicht zu enthüllen. Das fiel mir nicht schwer, da meine engste Umgebung ohnehin inzwischen Bescheid wußte. Ich saß in dem duftenden, sonnengesprenkelten Irrgarten, die Akten um mich herum ausgebreitet und dachte an den Tag zurück, an dem Jenka herausgefunden hatte, warum immer

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