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Elsa ungeheuer (German Edition)

Elsa ungeheuer (German Edition)

Titel: Elsa ungeheuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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machen kann und wozu sie sie nutzen. Manche retten den Regenwald, und Sebastian lässt sich von jungen Frauen einen blasen. Von jungen Frauen, die ihn bewundern. Künstlerinnen, Nachwuchsgaleristinnen, all die hübschen Dinger, die auf den großen Messen arbeiten. Sie wissen, dass er zu Mrs.   Graham gehört, ihr Berater ist, und sie wissen, wie viel Einfluss Irina in der Branche besitzt, in der sie Fuß zu fassen versuchen. Wenn Sebastian wie beiläufig erwähnt, wen er alles persönlich kennt, reißen die Mädchen ihre Augen weit auf, und spätestens bei Andy Warhol schmelzen sie dahin. Sebastian ist nicht aufdringlich, nein, er hat Charme, ist attraktiv, großzügig. Er kann gut reden…
    Ich habe keine Kraft zu gehen, und er schickt mich nicht fort. Weißt du, was ich will, Karl?«
    Ich dachte nach. Hatte es etwas mit dem Regenwald zu tun?
    »Rache. Ich will Sebastian Mirberg leiden machen… Ich will Rache«, flüsterte sie kaum hörbar, doch jeder Quadratzentimeter ihrer nackten Haut schien diese Worte herauszuschreien. Dann schloss Vera die Augen und tauchte unter. Lorenz konnte fast zwei Minuten lang den Atem anhalten, Vera traute ich nicht mal eine halbe zu. Gerade als ich sie aus der Wanne zerren wollte, schoss sie hoch. Wasser spritzte in mein Gesicht. Es war eiskalt.
    Vera wirkte vergnügt, wie ausgewechselt. »Jetzt habe ich so viel von mir erzählt – was ist mit dir, Karl?«
    »Mit mir? Mit mir ist nichts.«
    »Und das Mädchen mit den wilden Haaren und den hochhackigen Stiefeln. Wie heißt sie gleich noch mal, Eva?«
    »Elsa. Sie heißt Elsa Gröhler.«
    »Ah ja… Elsa. Ist Elsa deine Freundin oder die Freundin deines Bruders?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Sie ist meine Freundin und Lorenz’ Freundin.«
    Vera lachte. Die falschen Töne ihrer Fröhlichkeit bereiteten mir Unbehagen. Etwas Irres verklärte ihren Blick, und dann verwandelte sich das Lachen in Weinen. Ein kindliches Schluchzen. Wie tröstet man eine Frau, die nackt im kalten Wasser liegt und auf Rache sinnt?
    »Elsa mag deinen Busen«, sagte ich laut. Vielleicht zu laut, denn Vera zuckte zusammen. Aber sie weinte nicht mehr.
    »Und deine Beine auch… Die Fesseln und Waden, sie sind adlig«, fuhr ich fort.
    Vera streckte ein Bein in die Luft und fasste sich an ihre Brüste. »Adlig? Mein Busen ist adlig?«
    »Da bin ich mir nicht sicher. Aber… aber die Beine auf jeden Fall.«
    Sie lächelte. »Und du? Magst du sie auch, meine adligen Beine?«
    »Ich mag Elsa.«
    Wieder standen wir vor Rembrandts Andromeda. Dieses Mal hatte Mirberg Mrs.   Graham die Stufen hochgetragen. Jaap und unser Vater besuchten Hannas Grab. Vera war nicht zum Frühstück aufgetaucht, was aber niemanden zu interessieren schien. Nur ich bekam Angst, dass sie noch immer in dem kalten Wasser liegen könnte, und rannte vor der Abfahrt nach oben. Die Wanne war leer.
    Eine Schulklasse trampelte an uns vorbei.
    »Und keiner ist in der Nacht gekommen, um sie zu befreien«, sagte Mrs.   Graham mit einem Hauch Wehmut in der Stimme. »Mirberg, hat sie sich verändert?«
    Er lachte. »Sie hat sich seit über dreihundertfünfzig Jahren nicht verändert, und ich war gerade mal eine Woche weg.«
    »Ich find schon«, sagte Elsa.
    »So?« Irinas Blick schweifte von Andromeda zu Elsa.
    »Sie guckt anders.«
    »Und wie guckt sie heute?«
    »Anders halt.«
    »Kann sie ihn sehen? Den Helden auf dem fliegenden Pferd?«
    »Nein. Sie guckt nur anders… Wie alt ist sie eigentlich?«
    »Achtzehn Jahre, vier Monate und einundzwanzig Tage«, antwortete Mrs.   Graham, ohne zu zögern.
    Elsa schüttelte den Kopf. »Das glaub ich nicht. Sie ist jünger. Viel jünger.«
    Mirberg räusperte sich. »Irina, entschuldige mich. Ich habe heute erst eine Tasse Kaffee getrunken, ich setz mich ein halbes Stündchen in die Cafeteria.«
    »Kann ich mit?«, fragte Lorenz.
    »Gut, ja.«
    »Ich komm auch mit«, sagte ich.
    Offensichtlich hatte er keine Lust, mit uns zu reden, Mirberg hielt sich demonstrativ die Zeitung vors Gesicht. Aber Lorenz ließ sich nicht beirren
    »Sebastian?« Mirberg hatte uns am Abend zuvor das Du angeboten.
    »Mmhh«, grummelte er, ohne aufzublicken.
    »Wenn man die Ewigkeit malen will, dann müsste man doch viele Bilder übereinandermalen?« Lorenz sprach mit fester Stimme, er schien gründlich über seine Worte nachgedacht zu haben.
    »Was? Wenn man was malen will?«, fragte Mirberg und legte die Zeitung auf den Tisch.
    »Die Ewigkeit.«
    »Wieso sollte man die Ewigkeit

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