Elsas Küche: Roman (German Edition)
herumzuwirbeln und die Füße zu schwingen. Die beiden anderen klatschten und sangen. Elsa und ihr Grüppchen liefen weiter. Die Dozenten versuchten, sie zu verscheuchen.
»Macht, dass ihr wegkommt«, sagte Elsa und lächelte sie an. »Los jetzt.«
Die Jungen sahen den Kritiker an.
»Mann, ist der dick!«, sagten sie. »He, Restaurantmadam. Wer ist der Dicke da? Ist er Ausländer? Gibt er uns Geld? Er hat Pisti beim Tanzen zugeschaut.«
Elsa war peinlich berührt, aber froh, dass sie Ungarisch sprachen. »Macht jetzt, dass ihr wegkommt«, sagte sie noch einmal. »Bitte.«
»Aber ist er Ausländer?«
»Ja«, sagte Elsa, »und jetzt geht bitte.«
Doch stattdessen rannten sie neben den vieren her. Die Dozenten versuchten weiter, sie zu verscheuchen, doch sie waren zu flink für die alten Männer. Sie machten mitleiderregende Gesichter und fassten den Kritiker bei der Hand. Sie legten die Hände auf ihre Münder und Bäuche.
»Geld, Dollar, Euro, bitte, Geld.«
Der Kritiker schüttelte sie ab wie Spinnweben, die ihm an der Haut klebten. »Ich hab keins«, sagte er. »Und jetzt verschwindet.«
Die Kinder zögerten. Sie blickten erst ihn an und dann Elsa.
»Was für ein blöder, fetter Ausländer«, sagten sie.
»Bitte verschwindet jetzt. Hier gibt’s nichts für euch zu holen«, sagte Elsa.
»Oh, Restaurantmadam! Wieso läufst du mit diesem Fettwanst rum? Du tust wie eine stinkige Hexe!«
»Ist ja gut«, sagte Elsa. »Stimmt. Ich bin eine furchtbare, stinkige Hexe, und wenn ihr nicht macht, dass ihr wegkommt, dann werdet ihr gebraten, und der Mann isst euch auf.«
Sie klang böse – so böse, dass die Jungen erschrocken zurückwichen. Sie murrten leise vor sich hin und liefen dann den Boulevard hinunter.
IX
Z wei Stunden später als geplant traf das erschöpfte Grüppchen in Elsas Restaurant ein. Der Kritiker sah sich flüchtig um und ließ sich dann in einen Stuhl fallen. Elsa bestellte ihm sofort eine Tasse Kaffee, weil sie dachte, das sei genau das Richtige, um ihn munter zu machen.
Als der Kaffee kam, starrte er die Tasse Kaffee an und brüllte: »Was ist das denn?«
Elsa blickte die Tasse an, um zu sehen, was los war.
»Das ist Kaffee«, sagte sie. »Ich dachte, Sie hätten gern einen. Es war doch ein langer Tag, und das Bier hat sie vielleicht müde gemacht?«
Wie sie befürchtet hatte, empfand er das als Beleidigung.
»Was?«, schrie der Kritiker. Er hatte seine guten Manieren vergessen und war gekränkt. »Sie misstrauen meinem Gaumen? Ich habe in Restaurants gegessen und getrunken, die zehnmal besser waren als Ihres, und die Küchenchefs waren überglücklich, dass ich zu ihnen kam, Fräulein. Ich muss Sie darauf hinweisen, dass ich kein Dilettant bin. Meine Zunge ist keine Dilettantenzunge.«
»Ich dachte ja nur«, sagte Elsa.
Die anderen Gäste, die schon über eine Stunde im Restaurant saßen, waren entsetzt über den schreienden Ausländer. Sie sahen sich an, und Elsa tat ihnen leid. Sie fragtensich, wie sie so gelassen bleiben konnte ... aber auch so kleinlaut. Für derartige Beschimpfungen gab es keinerlei Rechtfertigung, dachte die Hälfte von ihnen. Der Wachtmeister mit dem Motorrad und der Postinspektor wollten gerade aufstehen und etwas sagen, den Mann sogar rauswerfen, doch Elsa blickte sie an und schüttelte diskret den Kopf. Ihr fiel ein, dass die Dozenten sie gewarnt hatten: Ein Rüpel, ein Flegel, ein brutaler Kerl , hatten sie gesagt.
»Wir servieren heute etwas Besonderes«, sagte sie lächelnd, um ihn abzulenken. »Das Gericht steht erst seit Kurzem auf der Speisekarte. Ich hätte sehr gerne, dass Sie es probieren. Es ist Schweinelende in einer Paprika-Dill-Sauce. Traditionelle Zutaten aus der Region«, verkündete sie.
Der Kritiker machte den Mund zu und legte den Kopf auf die Seite. Schweinefleisch zählte zu seinen Leibspeisen! Er nickte.
»Klingt nach was, wo man die Zähne reinschlagen kann«, sagte er etwas weniger ruppig. »Wie war noch mal die Art der Zubereitung?«
»Also, wir nehmen Dill und Sauerrahm. Das Schweinefleisch wird paniert und angebraten. Als Beilage gibt es frische Kartoffelklöße.« Elsa winkte den Oberkellner herbei, der angerannt kam und die Bestellung aufnahm.
»Klingt interessant. Vielversprechend. Einfach, aber sehr vielversprechend. Wie bereiten Sie das Schweinefleisch vor?«
»Es wird in Weißwein mariniert«, sagte Elsa. »So wird es schön zart und pikant. Es schmeckt Ihnen sicher.«
Die Dozenten am Nebentisch nickten.
»Ein
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