Elsas Küche: Roman (German Edition)
schüttelte seinen Schirm.
»Ihr da! Kommt ja nicht zu nah!«
Der junge Mann und seine Kameraden lachten. Er drehte sich zu Elsa um und lächelte lasziv, als wären sie in einer Diskothek und als hätte er ihr in der Annahme, sie dann an sich drücken zu dürfen, gerade einen großen, bunten Drink spendiert.
»Sachte, sachte, Süßer«, sagte er zum Soßendozenten. Die jungen Männer blickten jetzt alle auf Elsa und lächelten. Sechs Mal das gleiche dämliche Lächeln, die gleiche hohle Selbstgefälligkeit. Der Schaffner, der hinter ihnen stand, forderte sie zum Weitergehen auf.
»Was habt ihr getan?«, rief Elsa und bekam einen Wutausbruch. »Was habt ihr bloß getan? Und wo sind die anderen?«
Als die jungen Männer merkten, dass Elsa zu ihnen sprach, als wäre sie ihre Mutter, änderte sich ihr Gesichtsausdruck nochmals. »Wir haben nur ein bisschen Blödsinn gemacht!«, protestierte der junge Mann. »Echt! Sag’s ihr, Süßer. Sag ihr, was du getan hast. Und ich hab dir schon mal gesagt, du sollst nicht mit diesem Scheißschirm vor mir rumfuchteln.«
Der junge Mann schlug auf den Schirm, sodass er zu Boden fiel. Die anderen lachten. Der Soßendozent hob den Schirm auf, und als die jungen Männer taten, als wollten sie ihn packen, schritt Elsa ein. Der Schaffner stellte sich ebenfalls dazwischen. Ihre Augen blitzten, und ihre Nasenflügel bebten.
»Wo sind die anderen beiden Männer, die den Mann hier begleitet haben?«, fragte sie. »Was habt ihr mit ihnen gemacht?«
»Was? Du meinst den dicken Italiener und den Lover von dieser Schwuchtel hier?«, fragte der junge Mann. »Wir haben gar nichts getan. Außerdem haben wir nur rumgealbert. Alle drei Schwule. Verstehen überhaupt keinen Spaß.«
Aus dem Augenwinkel sah Elsa den Schirm, den der Dozent jetzt im Kreis wirbelte. Elsa versuchte, ihm Einhalt zu gebieten, doch der ältere Herr war schneller als sie. Außerdemschwang er den Schirm aus Leibeskräften, und Elsa wollte nicht getroffen werden.
Sie befürchtete, die jungen Männer könnten böse werden, doch stattdessen fingen sie an zu lachen. Sie verspotteten ihn, zogen Grimassen und streckten die Hände nach ihm aus.
»Sie wollten niemanden ernsthaft aus dem Zug werfen«, sagte der Schaffner und versuchte, den Soßendozenten festzuhalten. »Es sollte wohl nur ein Scherz sein. Sehen Sie, der Zug blieb irgendwann stehen, mitten in der Pampa. Da beschlossen sie, ein bisschen zu feiern. Sie hatten selbst gebrannten Brandy dabei und haben Ihren Freunden davon angeboten.«
Einer von den jungen Männern zog eine Sprudelflasche aus seinem Rucksack und schüttelte sie demonstrativ.
»Ja, genau«, sagte er. »Wir haben ihnen ein Schlückchen angeboten. Allen geht’s gut, und alle haben ihren Spaß, nur der fette Freund von dem Süßen hier nicht. Wir reichen ihm die Pulle rüber, und er flippt aus. Total verrückter Typ. Schreit uns auf einmal an, für nichts und wieder nichts. Schimpft uns aus, weil wir unseren Spaß haben. Nennt uns eine Horde Bauernsäufer und schüttet unseren Brandy aus dem Fenster. Stellen Sie sich vor, er hat ihn einfach weggeschüttet! Erst aus dem Fenster und dann auf den Fußboden vom Zug. Der Typ ist völlig durchgeknallt. Also schnapp ich ihm die Flasche weg, und er fängt an und schubst mich. Echt, schubst mich einfach. Also, man kann ja wohl nicht erwarten, dass ich mir das gefallen lasse, oder? Nicht von einem dicken Ausländer und ein paar Schwuchteln. Ich schubs also zurück, und dann komm ich mit meinen Kumpels drauf, dass es witzig wär, ihm einen Denkzettel zu verpassen, und wir tun so, als wollten wirihn aus dem Zug werfen ... Ich weiß nicht, vielleicht hätten wir’s auch getan, aber dann schwingt der Süße hier auf einmal seinen Schirm und sticht sich dabei ins Auge, und der andere macht sich los und geht in Kung-Fu-Stellung. Ich sag Ihnen, die drei haben den ganzen Zug auf den Kopf gestellt. Dann kam der Schaffner, und alles war am Arsch. Er hat die beiden Scheißkerle in den Speisewagen geschickt.«
»Ja, das habe ich, Fräulein«, sagte der Schaffner. »Ich hab gedacht, es ist besser, man trennt sie.«
»In den Speisewagen!« Bei dem Gedanken, was sie dort alles gegessen haben mochten, machte Elsa ein langes Gesicht.
»Der ist gleich da drüben«, sagte einer.
Sie fasste den Soßendozenten am Arm und rannte mit ihm zum Speisewagen. Dort trafen sie auf den Fleischdozenten und den Kritiker, die auf Barhockern saßen und Bier tranken.
»Elsa«, rief der
Weitere Kostenlose Bücher