Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
das, wann immer sie können. Ich habe gehört, auf sie wartet ein Lorbeerkranz für jeden Bekehrten im Himmel.“
„ Noch viel besser“, erwiderte Jesco, während er sich von der Bank erhob. „Auf jeden Bekehrten wartet Gottes Frieden, sodass sich sinnlose Streitereien erübrigen.“
Robert beugte sich ein wenig herab und drückte Jesco die Zügel des Beipferdes in die Hand.
„Ich habe das Tier mit Futter und Wasser versorgt“, sagte er. „Holt das andere Pferd her, dann geht es weiter.“
------- ELISA SLEYVLORN -------
Das schwere Kutschpferd kam vor dem einsam liegenden Haus zum Stehen, der Kutscher stieg vom Bock und hielt eine Weile inne, das Gesicht zum Gebäude gewandt.
Elisa befand sich gemeinsam mit Tadeya im Innenraum des stabilen, zweckmäßigen Gefährts, das für das Bewältigen weiter Strecken gebaut war. Sowohl die Kutsche als auch das Pferd waren Elisas Eigentum, das sie erst vor etwa zwei Stunden aus Elisas Anwesen geholt hatten. Hier wollten sie das zweite Kaltblut und die zurückgebliebenen Männer abholen, soweit Elisa wusste. Elmor hatte sich allerdings diesbezüglich nicht geäußert.
Tadeya war eine äußerst schweigsame Mitreisende, doch ihr Zorn flirrte wie glühendes Eisen in der Luft, sodass Elisa trotz der Stille um sie herum nicht zu Ruhe fand. Elmor hatte Tadeya zuvor deutlich übermittelt, dass jeder Fluchtversuch sinnlos war. So hatte sich die junge Frau in sich selbst zurückgezogen und brütete, wie Elisa vermutete, über finstere Rachegedanken. Elisa zog es derweil vor, die ihr gegenüber sitzende Enkeltochter so weit irgend möglich zu ignorieren.
Meine Opfer werden genügen müssen, wiederholte sie im Geiste ihre eigenen Worte, sobald sich in ihrem Magen das unangenehme Drücken breitzumachen drohte. Die steigende, aufdringliche Sentimentalität ihres Herzens verärgerte sie. Diese Verletzlichkeit hatte bei ihrem ersten Treffen mit Robert ihren Anfang genommen, an der Koppel des schwarzen Hengstes, als sie seine Hand berührte. Zum damaligen Zeitpunkt hatte sie den ersten zarten Regungen in ihrem Inneren nur geringe Beachtung geschenkt, doch nun ging es tatsächlich so weit, dass sie wieder das neugeborene kleine Mädchen in ihren Armen spürte, Tadeya, wenige Minuten alt, und den quietschenden, fast fragenden Laut hörte, den das kleine Wesen statt eines ersten Schreis von sich gab. Sie wollte denken, dass diese alten Erinnerungen nicht von Belang seien, denn ihnen nachzuhängen würde bedeuten, das einzig sinnvolle Ziel aus den Augen zu verlieren. Das Drücken im Magen wies ihr nur den Weg in einen sinnlosen Krieg. Denselben Krieg, der Robert zerstört hatte.
So richtete sie den Blick zum Fenster hinaus, in die graue Welt dort draußen. Der feine Nieselregen trübte mit seinen Tröpfchen das Fenster und ihre Sicht, doch allein Elmors langes, regloses Verharren machte sie misstrauisch. Sie sah dort draußen außer ihm keine weitere Person, der rothaarige Junge und die anderen Männer waren nicht zum Empfang des Meisters erschienen. Die harmlose Erklärung dafür war natürlich, dass sie die Ankunft der Kutsche noch gar nicht bemerkt hatten.
Irgendwann setzte sich der breite Rücken, auf den Elisa starrte, in Bewegung, in Richtung des still daliegenden Hauses. Kurz darauf verschwand Elmor in der Eingangstür.
Plötzlich brach Tadeya ihr tagelanges Schweigen.
„Was ist, wenn er es geschafft hat, zu entkommen?“ fragte sie mit rauer Stimme in den kleinen Raum hinein. „Er wird euch für eure Bosheit richtig bluten lassen, da könnt ihr euch sicher sein.“
Tadeya hatte in einem der vorherigen Gespräche von Roberts Gefangennahme erfahren, der jungen Frau waren dabei die Tränen gekommen und sie hatte sich abgewandt, um ihre Betroffenheit zu verbergen. Aus dieser Reaktion war Elisas Erkenntnis gekeimt, dass von Tadeya zu Robert ein emotionales Band gewachsen war – und dass das Mädchen mit großer Wahrscheinlichkeit um ihre Blutsverwandtschaft wusste.
Elisa war sehr wohl bewusst, in welchem Zustand sie Robert hier im Haus zurückgelassen hatten, doch konnte er durchaus Hilfe von außen erhalten haben.
„ Er ist sein Wächte r“, waren die geflüsterten Worte des Geistes gewesen, die sie sich nun nicht zum ersten Mal ins Gedächtnis rief. Der Verdacht, dass die dienstbaren Geister ohne ihr Einverständnis gehandelt haben könnten, kam ihr erneut in den Sinn, diesmal jedoch aufdringlicher und gar ziemlich schmerzhaft. Die wahre Geschichte
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