Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
Elmors zu erfahren konnte die Einstellung eines treuen Ergebenen nachhaltig ändern. Elisas Sorge indes bezog sich darauf, ob eine für Elmor ersichtliche Spur zu ihr führte.
Sie blieb ihrer Enkelin eine Erwiderung schuldig.
Zwei Männer nahten heran, eilig, als habe sie jemand dringlich gerufen. Einer von ihnen hob im Vorbeilaufen grüßend die Hand zur Kutsche. Robin war nicht unter ihnen.
Danach war, außer einigen in einer Pfütze auf dem ramponierten Hofpflaster badenden Spatzen, niemand mehr zu sehen. Eine Weile heftete Elisa ihre Augen auf die kleinen, agilen Tiere, denen das feuchtkalte Wetter rein gar nichts ausmachte. Abwarten , dachte sie. Vielleicht war gar nichts Spektakuläres geschehen, sie sollte besser ihre vorauseilenden Gedanken in Zaum halten.
Allerdings erwiesen sich ihre Vermutungen als wahr.
Elmor kam nach einigen Minuten zurück zur Kutsche, mit ausholenden, kräftigen Schritten und einem unverkennbar wütenden Blitzen in den Augen. Die Spatzen flatterten allesamt davon. Die Worte, die er dann an Elisa richtete, stellten klar, dass während seiner Abwesenheit trotz aller Vorsorge, die er sicherlich getroffen hatte, etwas gewaltig schief gelaufen war.
„ Der rothaarige Dummkopf wird alle Dämonen der Hölle in seinem Nacken spüren, falls er diesen tollkühnen Akt überlebt hat“, sagte er.
Tadeya lachte leise, aber hörbar in sich hinein. Ihre Hoffnung hatte sich bestätigt.
„Sie sind also beide fort?“ erkundigte sich Elisa, verwundert darüber, welch einen Mut der so genannte rothaarige Dummkopf an den Tag gelegt haben musste.
„ Sie sind fort“, bestätigte Elmor. „Doch das hat keinen Einfluss auf den weiteren Verlauf. Wir werden in etwa einer halben Stunde wieder aufbrechen. Die Männer tragen noch etwas Reisegepäck zusammen und spannen das zweite Kutschpferd an“, erklärt Elmor so sachlich als handele es sich um eine Urlaubsreise. Aber hinter der Fassade schwelte es.
Damit wandte er sich ab, um seinen eigenen Vorbereitungen nachzugehen, die Elisa nur erahnen konnte. Sie schaffte es nicht, eine letzte Bemerkung zum Sachverhalt zu unterdrücken.
„Und wer jagt jetzt wen?“
Tadeya lachte laut los. Elisa musste sich daraufhin einen ähnlichen emotionalen Ausbruch verkneifen und versteifte ihre Miene. Elmor wandte sich nur kurz zu ihr zurück.
„Robert hat sich selbst schwer verletzt. Schon eine kleine Konfrontation wird ihn umbringen.“ Damit setzte er seinen Weg fort.
Tadeya schnipste geräuschvoll mit den Fingern, Elisa begegnete ihrem Blick und registrierte die vor Aufregung geröteten Wangen.
„So ein Unfug“, gab ihre Enkelin aufgeregt kund. „Er lügt schon aus lauter Furcht.“
Elisa hob die Brauen. „Du hast keine Ahnung,“, sagte sie gedehnt, „wozu dieser Mann dort einen anderen Menschen treiben kann. Ich neige dazu, ihm in diesem Punkt zu glauben.“
Tadeya zuckte kurz zurück, doch dann schüttelte sie entschieden den Kopf. „Nein, Robert würde sich nicht selbst verletzen. Das passt nicht zu ihm.“
„ Ich habe ihn gesehen“, entgegnete Elisa fest. „Mach dir keine Illusionen über seinen Zustand.“
„ Was hast du gesehen?“ fragte Tadeya sogleich. Ihr Gesichtsausdruck blieb skeptisch.
Elisa holte kurz Luft. Die Erinnerung an den Gefangenen in jenem Kellerraum flammte auf und das Magendrücken kam stärker als zuvor zurück. Sie verspürte ein heftiges Widerstreben, die Details ihrer letzten Begegnung mit Robert ins Gedächtnis zu rufen, geschweige denn sie in Worte zu fassen. Alles, was sie denken wollte, war wiederum dies: dass ihre Opfer genügen mussten.
Ungewollt entfuhr ihr ein kleiner Seufzer, und dann brachte sie die unbestimmte Äußerung über die Lippen: „Auf eigenen Beinen ist er nicht hier heraus spaziert.“
Aber Tadeya war fest entschlossen, einer solchen Botschaft keinen Glauben zu schenken.
„Du lügst ebenso wie er“, stellte sie böse fest.
Elisa zuckte nur müde die Achseln und wandte das Gesicht zurück zum Fenster. Ein einziger Spatz war zurückgekehrt, um das Bad in den Pfützen fortzusetzen. Der Nieselregen dauerte an.
Einer der beiden Männer, die in Elmors Diensten standen, führte den zweiten kräftigen Falben zu ihnen heran, der hier für die Zeit von Elisas Reise seinen Unterstand gefunden hatte, und machte sich an die Arbeit, ihn anzuspannen. Die beiden Kaltblüter begrüßten sich durch Nasenstüber und sanftes Schnauben, ein so vertrauter Anblick für Elisa, dass die Last auf ihrer Seele
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