Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
es nicht für nötig, ihr zu antworten, sondern winkte einen der beiden Männer heran, der gerade des Wegs kam. „Georg, ich habe einen neuen Auftrag für dich.“ Er schenkte Elisa höflich ein entschuldigendes Lächeln und ging mit Georg fort .
Einige Minuten später erfuhr Elisa, dass sie sich mit Tadeya und dem anderen Mann namens Ludwig allein auf den Weg machen sollte zu dem Zielort, den Elmor ihnen mitteilte: eine einsame Waldkapelle, irgendwo in der Lindheimer Gegend, die Ludwig offenbar bekannt war.
„ Du kannst mich jederzeit rufen, wenn es Schwierigkeiten gibt, ich werde sehr schnell da sein“, teilte Elmor ihr mit.
„ Du willst also dorthin, zu dem alten Sarkophag?“ erkundigte sich Elisa.
„ Ich werde dich an deinem Ziel erwarten“, erwiderte er. „Und Asno wird bei mir sein. Dies nur zur Orientierung, damit du weißt, wohin du gehörst.“
Der neue Weg
Etwa sieben Jahre sind seit meinen letzten Einträgen vergangen. Nach außen scheint es, als habe Robert sein Leben fest eingerichtet: Geschäftsmann, Grundbesitzer, Pferdezüchter. Er lebt noch immer allein, ist allerdings häufig außer Haus um neue Geschäfte unterschiedlichster Art abzuschließen oder alte Geschäftsbeziehungen auf dem Laufenden zu halten. Einige Angestellten kümmern sich um Haushalt, Garten und Pferdezucht. Die einzige etwas tiefergehende Beziehung pflegt er zu diesem Mädchen, Katharina, das soeben 18 Jahre alt wurde. Noch immer ist das Verhältnis ähnlich dem eines einige Jahre älteren Bruders zu seiner kleinen Schwester, amouröse Bande knüpft er zu ihr nicht. Er offenbart ihr auch in keiner Weise sein Seelenleben. Dies tut er bei niemandem, sondern er hält stets Distanz zu anderen Menschen.
Einen seltsamen Versuch, sich auf gewisse Weise in die umgebende Gesellschaft zu integrieren, unternahm er, als er vor etwa zwei Jahren dem Pfarrer, der ihm schon seit vielen Jahren regelmäßig mit diesem Thema in den Ohren liegt, in eine katholische Taufe einwilligte. Obwohl er an seinem eher diffusen Gott-und-Teufel-Glauben festzuhalten scheint, hat die Kirche in der seit dieser Taufe vergangenen Zeit keinen weiteren erkennbaren Einfluss auf seine Weltsicht ausgeübt. Selten erscheint er zu Gottesdiensten, bleibt ganz hinten im Kirchenraum stehen und verfolgt das Geschehen ohne sichtbare Beteiligung. Von anderen Zeremonien wie Prozessionen und ähnlichem hält er sich fern. Die häufiger gewordenen Besuche des Pfarrers in seinem Haus lässt er über sich ergehen, die Gespräche bleiben trotz anderweitiger Bestrebungen des „Geistlichen“ an der Oberfläche haften.
Ich habe den Eindruck, dass Robert sich auf einer Sinnsuche befindet, doch in der Botschaft dieser Kirche erkennt er nichts von dem wieder, was in seinem eigenen Innersten verborgen liegt. Die „heiligen“ Geschichten und Rituale berühren ihn ganz einfach nicht, er spürt genau, dass in ihnen kein Leben zu finden ist.
Tote Botschaft, tote Moral, tote Menschen.
Er hat für den Kirchenraum direkt zu seinem Gemeindebeitritt einen neuen, prächtigen Hochaltar gestiftet, der derzeit noch in der Bildhauerwerkstatt bearbeitet wird. Dieses großzügige Geschenk spiegelt jedoch keineswegs seine geistliche Hingabe wieder, sondern entspringt eher seinem Interesse für die bildende Kunst, die er auch an anderer Stelle bereits gefördert hat.
Die bereits fertig gestellten Skulpturen des neuen Altares strahlen eine Lebendigkeit, die ihrem hölzernen Inneren widerspricht. So ist es mit den meisten fleischlichen Wesen auf dieser Welt: Sie dämmern im Grunde nur dahin, der Tod wohnt ihnen schon von Geburt an inne.
Nein, Robert will sich diesen lebendigen Toten nicht wirklich gleich machen. Auf seinen nächtlichen Ausritten hörte ich ihn häufig mit stummer Stimme nach einem Gott rufen, nach einer starken Lebenskraft, die seine Leere erfüllt, die seinen Fall bremst.
Die Kirche hat ihm nichts zu bieten, die menschliche Gesellschaft gibt ihm keinen Halt, und seine Geldgeschäfte sind nur ein Zeitvertreib. Nichts von alldem vermag seinem Leben einen tieferen Sinn zu verleihen, doch sehnt er sich ohne Frage danach, irgendwo Halt und Ziel zu finden.
Er wird keinen Weg an mir vorbei finden, wie sehr er sich das auch wünscht. Ohne meine Hilfe ist es ihm nicht möglich, Zufriedenheit zu erlangen. Es wird Zeit, das sinnlose Umherirren zu beenden und ihm endgültig für alle Zeiten seine Fremdheit in dieser Welt zu bestätigen.
Ich habe derweil
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