Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
hält nach etwas, was ihm in dieser Welt besondere Bedeutung geben könnte. Die jugendliche Sehnsucht nach Stärke und Heldentum wird mir bald besonders entgegenkommen.
Doch so weit ist es mit dem heutigen Tag noch lange nicht.
Als die von mir als Ziehmutter ausgewählte Frau in den Wehen lag, wurde es Zeit, auch mein Kind auf die Welt zu bringen. Ich musste den Jungen vorzeitig holen. Für das Kind, das im Mutterleib bereits vollständig gebildet und lebensfähig war, stellte dies kein Problem dar. Es kostete jedoch einige Mühe, Jolin danach wieder auf die Beine zu bringen. Sie hatte und hat bis heute noch nicht all ihre vorgesehenen Pflichten bei mir erfüllt, darum wird sie weiter leben müssen.
Die Hebamme, die die beiden Kinder schlussendlich miteinander vertauschte, stand unter meiner völligen Kontrolle. Auch sie wird ihr Geheimnis nun niemandem mehr verraten können.
Die Familie hat aufgrund fehlender Kirchenzugehörigkeit den Jungen nicht taufen lassen. Für mich ist dieser Umstand nicht von Bedeutung. Die Kindstaufe hat, entgegen der herrschenden populären Vorstellung, keine erkennbaren Auswirkungen in der unsichtbaren Welt . Sicher hätte sie meinen Zwecken nicht geschadet. Der Junge erhielt seinen Namen bereits am Tag seiner Geburt: Robert Joel Adlam.
Obwohl Robert - man wählte in diesem Fall entsprechend der Herkunft der Familie die englischsprachige Version - ein recht gewöhnlicher Name ist, hat mir die Wahl doch gefallen. Der Junge hat große Voraussetzungen, einmal jenen glanzvollen Ruhm zu ernten, den sein Name verheißt, wenn er erst durch meine Schmiede gegangen ist.
Von jetzt an beschränkt sich meine eigene Rolle in dieser Sache für eine Weile hauptsächlich auf das Beobachten.
Sobald Jolin so weit ist, werde ich sie zurück zu ihrer Mutter bringen. Und dann kann ich einen neuen Kreis von Gefolgsleuten um mich sammeln. Diensteifrige Toren, die für ein kleines Bröckchen Machtgefühl meinen Willen tun, stehen zum Glück stets in mehr als genügend großem Maße zur Verfügung. Hier in meinem Wald werde ich diese Leute wieder einmal so weit formen, dass sie in der Lage sein werden, meine Zeremonien auf fruchtbringende Weise zu begleiten und mir gezielt die erforderlichen Opfer herbeizuschaffen.
Zu bestimmten Zeitpunkten werde ich bereit sein, wegweisend in Roberts Leben einzugreifen. Stets Wachend. Immer in seiner Nähe.
------- TADEYA SLEYVORN -------
Sie hatte sich in den hinteren Raum zurückgezogen, verbittert und zornig auf ihren Entführer. Ihr körperlicher Zustand hatte sich recht schnell wieder gebessert und bis auf eine dicke Beule am Hinterkopf und gelegentlichen, leichten Kopfschmerzen war nichts zurückgeblieben. Das neue Problem, das sie zunehmend plagte, war die Kälte. Es schien, als habe draußen ein neuerlicher Wintereinbruch stattgefunden. Fest eingehüllt in Decke und Mantel versuchte sie, sich aufzuwärmen, doch der Erfolg blieb begrenzt. Schlafen konnte sie nur wenig und das auch nur sehr unruhig. Die im Raum untergebrachten Lebensmittel hielten sich aufgrund der Temperaturen lange frisch, darum gab es für die nächsten Tage genug zu essen. Die große Wasserkanne hatte sie noch nicht einmal zu einem Drittel geleert. Trotzdem wusste sie, dass sie nicht mehr lange hier würde verweilen können, ohne ernsthaft krank zu werden, aufgrund der fortwährenden Unterkühlung.
Der fremde Mann sah kein einziges Mal nach ihr, obwohl vielleicht eine Nacht und ein Tag verstrichen waren, seit sie wieder zurück in den hinteren Raum gegangen war. Doch konnte sie die vergangene Zeit nur schätzen, weil kein Tageslicht in ihren Raum fiel und nur die beiden flackernden Öllampen ihr ein wenig unstetes Licht schenkten. Der rußige Qualm zog ihr zuweilen scharf in die Nase. Doch war es angenehm, ihre Hände ein wenig über dem Feuer zu wärmen. Vielleicht erwärmten die Lampen bitterkalten Raum sogar ein wenig. Tadeya vernahm hin und wieder Geräusche im Nebenraum, woraus sie schloss, dass er sich zumindest zeitweise nebenan aufhielt. Den Riegel der Zwischentür hatte er scheinbar nicht wieder vorgeschoben, denn ein Geräusch, das darauf hingedeutet hätte, hatte sie nicht gehört.
Irgendwann beschloss sie, dass es auf diese Weise nicht weitergehen konnte. Ihre Gelenke waren schon ganz steif gefroren und der Kopf wurde ihr schwer. Sie musste hier raus, und das so schnell wie möglich. Gerade, als sie vielleicht schon zum hundertsten Mal
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