Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
dort brannte kein Licht. Robert saß an derselben Stelle auf dem Boden, wie vordem und sah ihr entgegen, als sie auf ihn zuging und sich ihm gegenüber auf der Erde niederließ.
"Was haben wir zu bereden?" fragte sie, während sie die Lampe zwischen ihnen postierte.
"Du hast Erinnerungen an deine Mutter?" fragte er zurück.
"Es war mir vorher nicht bewusst", meinte sie. "Aber es scheint mir jetzt so."
Für Tadeya bestand keine Frage, dass sie noch immer mehr erfahren wollte über die Vergangenheit ihrer Familie, obwohl ihr jetzt mehr denn je bewusst war, welch dunkle Geheimnisse dabei auf sie warteten. Sie wusste, dass sie stark genug war, die Wahrheit zu verkraften.
"Beschreib mir, was du gesehen hast", forderte er sie auf.
"Es waren nur Bruchstücke von Bildern", erklärte sie und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Doch die Deutlichkeit der Erinnerung hatte sich verloren, nur ein vager Hauch davon blieb zurück, wie etwas aus einem früheren Leben. "Ihr Gesicht sah ich", fuhr sie fort, während sie ihr Gegenüber wieder anblickte. "Es war leer und bleich und ... völlig regungslos."
"War sie tot?" fragte er weiter.
Tadeya schüttelte leicht den Kopf. "Nicht körperlich, nein. Aber trotzdem ... vielleicht war sie doch tot." Sie atmete einmal tief durch. Es fiel ihr schwer, in Worte zu fassen, was wie ein Geschoss durch ihr Herz gerast war und nun nur noch einen dumpfen Schmerz zurückließ, von dem sie nicht wusste, ob er nicht jederzeit wieder aufflammen konnte.
"War es nur ihr Gesicht, das du gesehen hast?" wollte er weiter wissen.
In Tadeya machte sich deutliches Widerstreben bemerkbar. Das Einzige, was sie dazu bewegte, weiterhin auf sein Verhör einzugehen, war die Hoffnung, es würde die eine oder andere Information für sie selbst dabei herausspringen.
"Ich sah Elisas Hände auf ihrem Haar", sagte sie. "Der Ring mit dem Rubin war an ihrem Finger. Und ... ich habe einen Schrei gehört. Ich glaube, es war Elisa, die geschrien hat."
Ihre Nackenhärchen richteten sich auf, als sie ihre Gedanken auf den fernen Nachhall dieses Aufschreis richtete, der mit purer Verzweiflung erfüllt war. Sie begann, leicht zu zittern.
"Wie oft in deinem Leben hast du Elisa schreien gehört?" fragte Robert sogleich nach.
Sie schüttelte den Kopf. "Niemals", stellte sie fest. "Bis, wenn meine Vermutung stimmt, auf dieses eine Mal."
Er lehnte sich zurück gegen die Wand und schwieg eine Weile. Aus seiner Mimik war nichts abzulesen. Tadeya kannte ihre Großmutter als eine Person mit enormer Selbstbeherrschung. Was mochte genau geschehen sein, in jenen fernen Tagen?
"Ich kann das nicht enträtseln", meinte sie nach einigen Minuten des Schweigens. "Ich weiß nur, dass etwas Schreckliches passiert sein muss."
"Was mit deiner Mutter geschehen ist,", stellte Robert fest, "war furchtbar genug, um Elisa zu erschrecken. Doch wird Elisa nicht verhindern, dass dir bald schon dasselbe zustößt."
Jetzt war es an der Zeit für Tadeya, Fragen auszusprechen: "Hast du mich hier eingesperrt, um mich vor etwas zu bewahren?"
"Ich bin nicht dein Schutzengel", gab er schroff zurück. Und dann fuhr er erstaunlicherweise mit weiteren, jedoch sehr unvollständigen Erklärungen fort. "Ein alter Bekannter Elisas hat vor vielen Jahren deine Mutter für ein Experiment benutzt, das sie den Verstand kostete. Und nun ist er zurückgekehrt, um dasselbe mit dir zu tun. Ich will verhindern, dass sich die Sache wiederholt, und habe meine persönlichen Gründe dafür. Wenn meine Pläne gelingen, kommst du mit heiler Haut davon. Wenn seine gelingen, bist du tot."
Die letzten Worte waren so hart gesprochen, dass Tadeya unwillkürlich zurückzuckte. Doch im nächsten Moment straffte sie sich wieder und begegnete seinem Blick mit demonstrativer Beherrschung.
"Wenn du die Wahrheit sagst,", begann sie, "dann macht es Sinn, wenn wir zusammenarbeiten. Mein Ziel ist es jedenfalls, heile davon zu kommen."
Er nickte langsam, während seine Augen eindringlich in ihren forschten.
Tadeya meinte weiter: "Mir gleich zu Anfang die ganze Geschichte zu erzählen hätte eine gewaltsame Entführung womöglich unnötig gemacht."
"Es gab keine Zeit dafür", erwiderte er. "Und ich habe erst heute alles für deine Abreise vorbereiten können."
"Abreise?" fragte sie erstaunt und mit starkem inneren Widerstreben zugleich.
Er nickte abermals. "Du musst so weit fort wie möglich. Wenn du hier bleibst und er mich besiegt, wirst du in seine Hände fallen."
"Ich
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