Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
diese Weise war es ihr kaum möglich, ihren Gewinn hoch zu pokern.
"Du bist nicht so idealistisch", stellte er fest. "Wenn die Wahl lautete, an deinem Freund festzuhalten und dabei zu sterben, oder dein Leben zu retten und ihn womöglich nie wiederzusehen, dann wirst du die sinnvolle Variante wählen - und nicht die romantische."
"Ich liebe ihn", beharrte sie trotzig, obwohl oder vielleicht gerade weil sie sich durchschaut fühlte.
"Du bist ein Kind Elisas", entgegnete er. "Du wirst das überwinden."
Tadeya unterdrückte ein Seufzen.
Sie wollte Jesco nicht zurücklassen. Doch wusste sie genau, sie würde es können, ohne dass es ihr das Herz zerriss. Nach einigen Augenblicken des Zögerns entschloss sie sich zu einer weiteren Frage. "Wenn alles beendet ist und es dir möglich ist, wirst du dann Jesco zu mir begleiten?"
Natürlich hoffte sie, auf diese Weise vielleicht ihr Leben nicht in Ungewissheit verbringen zu müssen. Doch Robert ging auf ihre Frage nicht ein.
"Dein Schiff geht in etwa sechs Stunden", teilte er ihr stattdessen mit. "'Wir befinden uns seit gestern Abend in einer Bucht in der Nähe des Hafens. Es wird genügen, wenn wir uns eine Stunde vor Abfahrt auf den Weg machen.“
5. Fieber
------- ELISA SLEYVORN -------
Der rothaarige junge Mann hatte sie auf einen langen Ritt abseits aller Straßen und Wege geführt. Sie hatten zuerst grob die nächstliegende Ortschaft angesteuert, dann aber einen Bogen geschlagen, der sie über verschneite Wiesen und durch lichten Nadelwald führte, um schließlich in einem in einiger Entfernung liegenden, kleinen Dorf anzukommen. Elisa wäre es lieber gewesen, den langen Weg auf dem Rücken eines ihrer eigenen, kräftigen Pferde zurückzulegen, doch hatte Robin ihr eine schlanke, fuchsfarbene Stute mitgebracht, die leichtfüßig durch das Gelände schritt.
Sie zügelten ihre Pferde vor einem kleinen, recht schäbigen, alten Häuschen, das ein Stück weit abseits des Ortes lag, inmitten einiger mächtiger Eichen. Auf dem Weg hatte sich kein Gespräch zwischen ihnen entsponnen. Elisa hatte kaum Bedürfnis empfunden, irgendwelche überflüssigen Worte mit ihrem jungen Begleiter zu wechseln. Dieser verhielt sich ebenfalls sehr schweigsam. Jetzt deutete er, nachdem er abgesessen hatte, auf die Eingangstür des Hauses.
"Dort hinein, bitte. Ich werde die Pferde versorgen."
Elisa stieg aus dem Sattel. Deutlich bewusst war ihr die Spannung in ihrem Inneren, während sie auf die Tür zuging, deren gelbliche Farbe bereits stark blätterte. Es handelte sich keineswegs um ein unangenehmes Gefühl, musste sie feststellen. Sie wollte die bevorstehende Begegnung. Selbst - oder vielleicht sogar besonders - wenn ihr eine heftige Konfrontation bevorstand.
Mit Anklopfen hielt sie sich nicht auf, denn sie wurde erwartet. Die Tür erwies sich als unverschlossen. Das Innere des Hauses ließ auf den ersten Blick nicht vermuten, dass es bewohnt war. Der lange, schmale Flur war unmöbliert, staubig und schmutzig. Drei der vier alten, zerkratzten Türblätter, hinter denen sich die angrenzenden Räume verbargen, waren geschlossen, das Letzte angelehnt. Elisa griff nach der Klinke der angelehnten Tür.
Ohne Frage hielt Elmor sich noch nicht lange in diesem Haus auf, keinesfalls bereits über die gesamte Dauer seiner Anwesenheit. Dass er sich des Öfteren an finsteren Orten herumtrieb, war fraglos, doch sein Wohnstil dürfte definitiv sehr viel kultivierter sein. Auch das Zimmer, das sie nun betrat, war völlig ohne Einrichtung und in heruntergekommenem Zustand. Durch die schmutzigen Scheiben des Fensters war nur ein verschwommenes Grau-Weiß zu erkennen. Außer ihr befand sich niemand im winterlich kalten Raum und es gab keine weitere Tür. Elisa blieb mitten im Zimmer stehen. Sie war weder gewillt, in diesem ihr unbekannten Haus herumzusuchen, noch nach ihrem Gastgeber zu rufen. Ihr Eintreffen war ihm nicht unbemerkt geblieben, dessen war sie sich sicher. Nun lag es an ihm, sie zu empfangen. Sie würde warten.
Nach einer Weile der Stille vernahm sie Schritte hinter ihrem Rücken. Sie wandte sich um und sah Robin über den Flur auf sie zukommen. Der junge Mann blieb mit einigem Abstand vor ihr stehen.
"Entschuldigen Sie die Ungastlichkeit dieses Hauses", sagte er mit einem augenfällig unsicheren Lächeln. "Wir sind erst gestern Abend hierher gekommen und, wie mir scheint, werden wir nicht sehr lange bleiben."
"Die Ungastlichkeit des Hauses stört mich
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