Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
dann deine Geliebten."
Dann wandte er sich von ihr ab und ging mit erstaunlich festen Schritten davon.
Elisa nahm den Blick von ihm und senkte den Kopf. Sie benötigte einige Sekunden, um sich zu fassen. Dann gab sie den Geistern den Befehl, ihm zu folgen.
6. Ausgeliefert
Der neue Weg
Er ist derzeit nur ein Junge, beileibe nicht voll ausgewachsen und somit noch weit unter dem, was für ihn zu erreichen möglich ist. Eine Schwäche tritt allerdings deutlich hervor: Sein Sturkopf, mit dem er durch die dickste Wand zu gehen neigt. Er lässt sich nur bis zu einem gewissen Grad führen. Vielleicht habe ich ihn ein wenig zu lange auf eigenen Beinen stehen lassen und ihn zu spät unter meine Fittiche genommen. Normalerweise sind Halbwüchsige seines Alters unter gewissen Umständen noch relativ problemlos in meinem Sinne formbar. Hier wird es wohl größerer Anstrengung bedürfen.
Wenn es geboten ist, seine Kräfte zu schonen und eine gegenwärtige Tätigkeit zu beenden, gehorcht er oft nicht meiner Mahnung und treibt die Sache bis zum Äußersten. Dann wiederum erscheint er nicht zum verabredeten Zeitpunkt, weil ihm irgendeine geschäftliche Transaktion wichtiger erscheint. Zuletzt glaubte er sogar einmal, den Ablauf einer Zeremonie besser bestimmen zu können, als sein Meister. Wir hatten ein langes Gespräch darüber, wer von wem zu lernen hat. Er ist seit nicht einmal einem Jahr bei mir und kann seine ausgeprägte Führernatur nur schwer zügeln. Doch wir haben uns darauf einigen können, dass er in Zukunft versuchen wird, besser auf mich zu hören.
Als positiv zu verzeichnen ist die Tatsache, dass er von Anfang an ohne jegliche Diskussion die Opferungen akzeptierte. Es gab bereits in der Vergangenheit diesbezüglich einige Missverständnisse seitens meiner Schüler. Zwei von ihnen haben meinen Standpunkt nie annehmen können, so dass ich ihnen am Ende die Ehre gewährte, den Platz eines derjenigen Opfer selbst einzunehmen, die sie so hemmungslos verteidigten. Auch Niklas, mein derzeitiger Schüler, hatte anfangs einige Probleme mit dieser Thematik. Ich befürchtete schon, dass ich ihn auf dieselbe Weise verlieren würde. Doch inzwischen hat er seine Skrupel weitgehend überwunden und verstanden, dass wir durchaus berechtigt sind, minderwertiges Leben einem höheren Zweck zu opfern.
Nikolas ist etwa zehn Jahre älter als Robert, doch steht der Jüngere dem Älteren in nichts nach. Eher mag man vom Gegenteil sprechen. Mit Wohlwollen sehe ich, dass die beiden sogar recht gut miteinander auskommen. Es kommt meinen Plänen sehr entgegen, wenn sich keinerlei Rivalität zwischen den beiden entwickelt, denn wir müssen heute und in Zukunft zusammen arbeiten. Nikolas spielt eine untergeordnete Rolle in meinem Vorhaben, doch lasse ich beide glauben, sie seien gleichberechtigte Schüler. Dass einer von ihnen mir undenkbar wertvoller ist als der andere, lasse ich sie nicht wissen. Mir ist es wichtig, dass wir zu dritt sind und bleiben. Meine weiteren Helfer sind nichts als beliebig austauschbare Nebenfiguren. Ob sie um meinen Altar herumstehen oder selbst darauf zu liegen kommen spielt keine große Rolle.
Drei starke Medien sind es, die ich benötige, um in einigen Monaten ein großes Experiment zu wagen, das ich bereits seit langem plane und vorbereite. Nikolas ist die Schwachstelle in dieser Angelegenheit, doch habe ich bislang niemand Geeigneteres finden können, um ihn zu ersetzen. Es gibt zu wenige Naturbegabte, man findet sie nicht an jeder Straßenecke. Doch vielleicht wird es ausreichen, was wir drei gemeinsam zu bieten haben, um endlich dasjenige Tor für kurze Zeit zu öffnen, das ich bereits vor Jahrzehnten in meiner Vision gesehen habe. Ein Tor zwischen den Welten, das den Scheol fest verschließt. Das Tor, durch das sie heimkehren können, die dahinter verbannt wurden. Vielleicht kann ich ihnen gar noch ein wenig mehr entgegenkommen, als ihnen nur den versperrten Weg in ihr angestammtes Reich zu öffnen, denn sie haben mir den Wunsch mitgeteilt, ins Fleisch zurückzukehren.
Nie Dagewesenes kann nur in der Bereitschaft geschehen, das scheinbar Unmögliche zu tun. Roberts bloße Existenz ist, ohne dass er es sich selbst bislang bewusst ist, ein Beweis dafür, dass es sich durchaus lohnen kann, das Undenkbare zu denken.
Der Tag rückt nun in greifbare Nähe. Wir arbeiten seit nunmehr beinah zwei Jahren gemeinsam darauf hin. Natürlich sind Robert und besonders
Weitere Kostenlose Bücher