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Elurius (Vater der Engel) (German Edition)

Elurius (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Elurius (Vater der Engel) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Gees
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Jesco Fey. Ob er wollte oder nicht, die über eine Woche zurückliegende Unterhaltung ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Wie der Mann in der Gaststätte diese Worte gesprochen hatte, diesen so oft gedankenlos dahergesagten Satz, das hätte er niemandem auf der Welt erzählen können: Ich liebe Tadeya. Und nach einer Pause, in der Jescos Suchen nach den richtigen Worten direkt spürbar wurde, die schlichte Anfügung: Sehr.
    Das hatte ihn wirklich erschüttert. Nie zuvor hatte er so untrüglich gewusst, dass eine Liebe nicht bloß geheuchelt oder rein oberflächlich war. Nie zuvor in seinem Leben hatte er, trotz allen Hoffens, tatsächlich daran glauben können, dass so etwas wie Liebe aus reinem Herzen tatsächlich existierte. Und allein dieser einfachen Worte hatte es bedurft, ihn in nur einem einzigen Moment eines besseren zu belehren.
    Und wie konnte es sein, dass dieser Jesco Fey innerhalb kürzester Zeit nicht nur an den Ort gelangte, wo das Desaster aus Scherben über Robin und seinen Auftrag buchstäblich hereingebrochen war, sondern auch auf Robert Adlam und gleich darauf auf ihn selbst, Robin, getroffen war? Jesco hatte von Gott gesprochen. Von diesem Gott hatte Robin bereits einiges gehört. Doch schien dieser für ihn bisher ausschließlich in bösen Mythen und Legenden existent zu sein - und keinesfalls im realen Leben.
    Wie dem auch immer sei: Wenn es tatsächlich zwei gab, die sich wirklich und wahrhaft liebten, wer besaß dann das Recht, diese gewaltsam voneinander zu trennen? Er war fest davon überzeugt, dass die junge Frau bei seinem Meister in weitaus besseren Händen wäre, als es nun unglücklicherweise der Fall war.
    Selbstverständlich wusste Robins Herr von dem Gespräch mit Jesco Fey in der Gaststätte. Wie hätte er dies verschweigen können? Natürlich war sein Meister nicht sehr erfreut, dass Robin sich wie ein naiver Dummkopf neben Tadeya Sleyvorns besonderen Freund gesetzt und sich von ihm in ein Gespräch hatte verwickeln lassen. Robin schämte sich seiner eigenen Naivität. Er hatte Jesco zwar auf seine Fragen keine Informationen preisgegeben, doch waren einige Antworten sicher deutlich aus seinem Verhalten herauszulesen. Die strenge Ermahnung seines Herrn hatte er sich also verdient. Und mit Dankbarkeit hatte er gleich darauf erfahren, dass ihm, unter Beachtung einiger den Umständen entsprechender Auflagen, seine Fehler verziehen wurden. Da Robins Beschreibung nun der Polizei vorlag, war ohne Frage das Gaststättenessen gestrichen. Es war nun nötig, sich vorwiegend versteckt zu halten und den Unterschlupf nur an der Seite des Meisters zu verlassen.
    Die meiste Zeit über hielt er sich also nun im Keller des verlassenen Hauses auf, lag oder saß auf dem dicken Teppich neben dem Ofen, in seine Sprachstudien vertieft oder seinen Gedanken nachhängend. Allzu häufig musste er an Matthias denken und an sein Verschwinden. Der Stellmacher hatte vor einigen Monaten seine Familie, eine junge Frau und drei Kinder, zurückgelassen, um, wie er selbst sagte, die Chance seines Lebens zu ergreifen und etwas wirklich Neues zu wagen. Er hatte jedoch geplant, irgendwann im nächsten Jahr zurückzukehren und dies seiner Frau auch in einem Abschiedsbrief versprochen. Robin befürchtete, dass der Mann mit den hellblauen Augen nun niemals wieder seine Kinder in die Arme schließen würde. Der Feind, dem er in die Hände gefallen war, schien keine Gnade zu kennen. Robin hoffte jedoch um der Familie willen um ein Wunder.
    Plötzlich, ohne dass er draußen Schritte gehört hätte, öffnete sich die Tür und sein Herr stand im Raum. Und mit ihm kam etwas herein, das Robin vor Schreck von seinem Platz auffahren ließ. Es handelte sich um ein Wesen ohne feste Gestalt, das wie ein Geschoss hereinbrach und von einem Moment auf den anderen, aus voller Fahrt, schwebend mitten im Raum verharrte. Die Kreatur war schiere, pulsierende Dunkelheit. Nicht wie die Finsternis einer sternlosen Nacht, sondern etwas viel Greifbareres und trotzdem Unfassbares. Und, doch, es besaß eine Kontur, einen Umriss, der sich auszudehnen schien in eine andere räumliche Dimension, die Robins streikendes Gehirn nicht verarbeiten konnte. Dazu kam dieses Geräusch, das beinah klang wie ein kräftiger, schneller Herzschlag, der Robins Kopf erfüllte, ohne dass er durch die Ohren hinein gelangte.
    Es war bei Weitem nicht das erste Mal, dass Robin Wesen sah, die andere nicht wahrnehmen konnten, die er nicht begriff und die ihn erschreckten.

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