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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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Un­se­ren Vor­rat
brau­chen wir für un­se­re ei­ge­nen Leu­te not­wen­dig ge­nug.«
    »Ver­dammt, wie krie­gen wir die hier nur weg?«
    »Die Leu­te sind in ei­ner Pa­nik. Sie ver­ste­hen nicht mehr, was ih­nen ge­sagt
wird. Viel­leicht aber, wenn sie es rie­chen.«
    »Rie­chen?«
    »Das Es­sen rie­chen. Rie­chen oder se­hen.«
    »Sie mei­nen, wenn wir einen Kes­sel hier her­brin­gen?«
    »Ja­wohl. Ver­spre­chen nützt bei die­sen Leu­ten nichts. Sie müs­sen es se­hen und
rie­chen.«
    Neu­bau­er nick­te. »Mög­lich. Wir ha­ben doch kürz­lich ei­ne An­zahl fahr­ba­rer Kes­sel
be­kom­men. Las­sen Sie einen da­von ho­len. Oder zwei. Einen mit Kaf­fee. Ist schon
Es­sen da?«
    »Noch nicht. Aber ein Kes­sel voll wird wohl auf­zu­trei­ben sein. Von ges­tern
Abend, den­ke ich.«
    Die Kes­sel wa­ren an­ge­fah­ren. Sie stan­den et­wa zwei­hun­dert Me­ter ent­fernt von
der Men­ge auf der Stra­ße. »Fahrt einen ins Klei­ne La­ger«, kom­man­dier­te We­ber.
»Und nehmt den De­ckel ab. Dann, wenn sie kom­men, fahrt ihn lang­sam wie­der
hier­her zu­rück.«
    »Wir müs­sen sie in Be­we­gung brin­gen«, sag­te er zu Neu­bau­er. »Wenn sie erst
ein­mal den Ap­pell­platz ver­las­sen ha­ben, ist es leicht, sie 'raus­zu­krie­gen. Es
ist im­mer so. Da, wo sie ge­schla­fen ha­ben, wol­len sie blei­ben, weil ih­nen da
nichts pas­siert ist. Das ist für sie ei­ne Art Si­cher­heit. Al­les an­de­re fürch­ten
sie. Wenn sie aber erst wie­der in Be­we­gung sind, ge­hen sie auch wei­ter. Fahrt
vor­läu­fig ein­mal nur den Kaf­fee her­an«, kom­man­dier­te er. »Und fahrt ihn nicht
zu­rück. Gebt ihn aus! Ver­teilt ihn drü­ben.«
    Der Kaf­fee­kes­sel wur­de bis in die Men­ge ge­scho­ben. Ei­ner der Ka­pos schöpf­te mit
der Kel­le her­aus und goß die Brü­he dem nächs­ten Mann über den Kopf. Es war der
Al­te mit dem blu­ti­gen wei­ßen Bart. Die Flüs­sig­keit lief ihm über das Ge­sicht
und färb­te den Bart jetzt braun. Es war die drit­te Ver­än­de­rung.
    Der Al­te hob den Kopf und leck­te die Trop­fen ab. Sei­ne klau­en­ar­ti­gen Hän­de
fuh­ren um­her. Der Ka­po hielt ihm die Kel­le mit dem Rest an den Mund »Sauf!
Kaf­fee!«
    Der Al­te öff­ne­te den Mund. Sei­ne Halss­trän­ge be­gan­nen plötz­lich zu ar­bei­ten.
Die Hän­de schlos­sen sich um die Kel­le, und er schluck­te, schluck­te, er war nur
noch Schlu­cken und Schlür­fen, sein Ge­sicht zuck­te, er zit­ter­te und schluck­te.
    Sein Nach­bar sah es. Ein zwei­ter, drit­ter. Sie ho­ben sich, scho­ben die Mün­der,
die Hän­de her­an, stie­ßen sich, ris­sen sich um die Kel­le, hin­gen dar­an, ein
Hau­fen von Ar­men und Köp­fen.
    »He! Ver­dammt!«
    Der Ka­po konn­te die Kel­le nicht los­krie­gen. Er zerr­te und trat mit den Fü­ßen,
vor­sich­tig nach hin­ten schie­lend, wo Neu­bau­er stand. An­de­re hat­ten sich
in­zwi­schen auf­ge­rich­tet und über den hei­ßen Kes­sel ge­beugt. Sie ver­such­ten die
Ge­sich­ter in den Kaf­fee zu hän­gen und mit den dün­nen Hän­den zu schöp­fen.
    »Kaf­fee! Kaf­fee!«
    Der Ka­po fühl­te, daß sei­ne Kel­le frei war. »Ord­nung!« schrie er. »Ei­ner nach
dem an­de­ren! An­tre­ten hin­ter­ein­an­der!«
    Es nütz­te nichts. Die Men­ge war nicht zu hal­ten. Sie hör­te nichts. Sie roch
das, was sich Kaf­fee nann­te, ir­gend et­was War­mes, das man trin­ken konn­te, und
stürm­te blind den Kes­sel.
    We­ber hat­te recht ge­habt: da, wo das Ge­hirn nicht mehr re­gis­trier­te, war der
Ma­gen im­mer noch Herr­scher.
    »Zieht den Wa­gen jetzt lang­sam 'rü­ber«, kom­man­dier­te We­ber.
    Es war un­mög­lich. Die Men­ge war rund­her­um. Ei­ner der Auf­se­her mach­te ein
er­staun­tes Ge­sicht und fiel lang­sam um.
    Die Men­ge hat­te ihm die Bei­ne vom Bo­den ge­ris­sen. Er schlug um sich wie ein
Schwim­mer und rutsch­te run­ter.
    »Keil for­mie­ren!« kom­man­dier­te We­ber. Die Wa­chen und die La­ger­po­li­zei stell­ten
sich auf. »Los!« schrie We­ber. »Auf den Kaf­fee­wa­gen. Zieht ihn 'raus!«
    Die Wa­chen bra­chen in die Men­ge ein. Sie ris­sen die Leu­te bei­sei­te. Es ge­lang
ih­nen, einen Kor­don um den Wa­gen zu for­men und ihn zu be­we­gen. Er war schon
fast leer. Sie scho­ben ihn, Schul­ter

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