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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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an Schul­ter um ihn for­miert, her­aus. Die
Men­ge folg­te.
    Hän­de ver­such­ten über die Schul­tern und un­ter die Ar­me zu ge­lan­gen.
    Plötz­lich sah ei­ner aus dem stöh­nen­den Hau­fen den zwei­ten, ent­fern­ter ste­hen­den
Wa­gen. Er lief, in gro­tes­ken Sät­zen schwan­kend, drauf­los. An­de­re folg­ten ihm.
Aber hier hat­te We­ber vor­ge­sorgt; er war um­ringt von kräf­ti­gen Leu­ten und
setz­te sich so­fort in Be­we­gung.
    Die Men­ge stürz­te hin­ter­her. Nur ein paar blie­ben und stri­chen die Hän­de über
die Wän­de des Kaf­fee­kes­sels, um die Feuch­tig­keit ab­zu­le­cken. Un­ge­fähr drei­ßig
blie­ben zu­rück, die nicht mehr auf­ste­hen konn­ten.
    »Schleppt sie hin­ter­her«, kom­man­dier­te We­ber. »Und schließt dann ei­ne Ket­te
über die Stra­ße, da­mit sie nicht hier­her zu­rück­kom­men kön­nen.«
    Der Platz war voll von mensch­li­chem Schmutz; aber er war ei­ne Nacht Ru­he­platz
ge­we­sen. Das war viel. We­ber hat­te Er­fah­rung. Er wuß­te, daß die Men­ge, wie das
Was­ser zum tiefs­ten Punk­te, ver­su­chen wür­de, hier­her zu­rück­zu­kom­men, wenn die
Ra­se­rei des Hun­gers vor­über war.
    Die Wa­chen trie­ben die Zu­rück­ge­blie­be­nen vor­wärts. Sie schlepp­ten gleich­zei­tig
die Ster­ben­den und To­ten. Es wa­ren nur sie­ben To­te. Der Trans­port hat­te aus den
här­tes­ten letz­ten fünf­hun­dert be­stan­den.
    Am Aus­gang des Klei­nen La­gers zur Stra­ße bra­chen ei­ni­ge Leu­te aus. Die Wa­chen
mit den Ster­ben­den und To­ten konn­ten nicht rasch ge­nug fol­gen. Drei der kräf­tigs­ten
Leu­te flo­hen zu­rück. Sie rann­ten zu den Ba­ra­cken und ris­sen an den Tü­ren. Die
von 22 gab nach. Sie kro­chen hin­ein.
    »Halt!« schrie We­ber, als die Wa­chen fol­gen woll­ten. »Al­les hier­her! Die drei
ho­len wir spä­ter. Auf­pas­sen! Die an­de­ren kom­men zu­rück.«
    Der Schwarm kam die Stra­ße her­un­ter. Der Kes­sel mit Es­sen war leer ge­wor­den,
und als man die Grup­pen zum Ab­marsch for­mie­ren woll­te, wa­ren sie um­ge­kehrt.
Aber sie wa­ren jetzt nicht mehr die­sel­ben wie vor­her. Vor­her wa­ren sie ein
ein­zi­ger Block ge­we­sen, jen­seits von Ver­zweif­lung, und das hat­te ih­nen ei­ne
stump­fe Kraft ge­ge­ben.
    Jetzt wa­ren sie durch Hun­ger und Es­sen und Be­we­gung zu­rück­ge­wor­fen in die
Ver­zweif­lung – die Angst flat­ter­te in ih­nen wie­der und mach­te sie wild und
schwach, sie wa­ren kei­ne Mas­se mehr, son­dern vie­le ein­zel­ne, je­der mit sei­nem
ei­ge­nen Le­bens­rest, und das mach­te sie zu ei­ner leich­ten Beu­te. Da­zu kam, daß
sie nicht mehr eng zu­sam­men­hock­ten.
    Sie hat­ten kei­ne Macht mehr. Sie fühl­ten wie­der Hun­ger und Schmerz. Sie
be­gan­nen zu ge­hor­chen.
    Ein Teil von ih­nen war wei­ter oben ab­ge­schnit­ten wor­den; ein an­de­rer auf dem
We­ge zu­rück; den Rest emp­fing We­ber mit sei­nen Leu­ten. Sie schlu­gen nicht auf
die Köp­fe; nur auf die Kör­per. Lang­sam for­mier­ten sich Grup­pen. Be­täubt stan­den
sie in Rei­hen zu vie­ren, die Ar­me in­ein­an­der ver­schränkt, da­mit sie nicht
fie­len. Zwi­schen die Stär­ke­ren wur­de im­mer ein Ster­ben­der ein­ge­hakt. Von wei­tem
konn­te es für je­mand, der nichts da­von wuß­te, aus­se­hen, als tau­me­le dort Arm in
Arm ei­ne Schar lus­ti­ger Be­trun­ke­ner. Dann plötz­lich fin­gen ei­ni­ge an zu sin­gen.
Sie starr­ten vor sich hin und ho­ben die Köp­fe und hiel­ten die an­de­ren fest und
san­gen. Es wa­ren nicht vie­le, und der Ge­sang war dünn und ab­ge­ris­sen. Sie
gin­gen über den großen Ap­pell­platz an den auf­ge­stell­ten Ar­beits­for­ma­tio­nen
vor­bei hin­aus durchs Tor.
    »Was ist das, was sie sin­gen?« frag­te Wer­ner.
    »Ein Lied für To­te.«
    Die drei Ge­flüch­te­ten kau­er­ten in Ba­ra­cke 22. Sie hat­ten sich so weit
durch­ge­drängt, wie sie konn­ten. Zwei la­gen halb un­ter ei­nem Bett. Sie hat­ten
die Köp­fe weit dar­un­ter ge­steckt. Die Bei­ne rag­ten her­aus und zit­ter­ten. Das
Zit­tern lief über sie, hör­te einen Au­gen­blick auf und be­gann wie­der. Der drit­te
starr­te mit weißem Ge­sicht auf die Häft­lin­ge. »Ver­ste­cken – Mensch – Mensch ...«
Er

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