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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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um­her­ge­wor­fen wie Don­ner von vie­len ge­dämpf­ten Ge­wit­tern,
und es schi­en in dem Weiß­grau der wat­ti­gen Un­end­lich­keit, als sei kei­ne Ge­fahr
in ih­nen.
    Die Be­woh­ner von Ba­ra­cke 22 hock­ten mü­de auf den Bet­ten und in den Gän­gen.
    Sie hat­ten we­nig ge­schla­fen und wa­ren elend vor Hun­ger; am Abend vor­her hat­te
es nur ei­ne dün­ne Sup­pe ge­ge­ben. Sie ach­te­ten kaum auf das Bom­bar­de­ment.
    Sie kann­ten auch das nun schon; es war eben­falls zu ei­nem Teil ih­rer Exis­tenz
ge­wor­den. Kei­ner war vor­be­rei­tet dar­auf, daß plötz­lich das Heu­len sich ra­send
ver­stärk­te und in ei­ner un­ge­heu­ren De­to­na­ti­on en­de­te.
    Die Ba­ra­cke schwank­te wie bei ei­nem Erd­be­ben. In das hal­len­de Zu­rück­eb­ben des
Kra­ches klang das Klir­ren der zer­bro­che­nen Fens­ter­schei­ben.
    »Sie bom­bar­die­ren uns! Sie bom­bar­die­ren uns!« schrie je­mand. »Laßt mich 'raus!
'raus hier!«
    Ei­ne Pa­nik ent­stand. Leu­te fie­len aus den Bet­ten. An­de­re ver­such­ten
her­un­ter­zu­klet­tern und hin­gen mit de­nen, die un­ten wa­ren, in ei­nem Ge­wirr von
Glie­dern zu­sam­men. Kraft­lo­se Ar­me schlu­gen um sich, die Ge­bis­se in den
To­ten­schä­deln wa­ren ge­bleckt, und die Au­gen starr­ten angst­voll aus den tie­fen
Höh­len. Das Ge­spens­ti­sche da­bei war, daß schein­bar al­les laut­los vor sich ging;
das To­ben der Ab­wehr­ge­schüt­ze und der Bom­ben war jetzt so stark, daß es den
Lärm drin­nen völ­lig über­tön­te. Of­fe­ne Mün­der schie­nen oh­ne Stim­men zu schrei­en,
als ha­be die Angst sie stumm ge­macht. Ei­ne zwei­te Ex­plo­si­on schüt­tel­te den
Bo­den. Die Pa­nik ver­stärk­te sich zu Auf­ruhr und Flucht. Die Leu­te, die noch
ge­hen konn­ten, dräng­ten über­ein­an­der durch die Gän­ge; an­de­re la­gen völ­lig
teil­nahms­los auf den Bet­ten und starr­ten auf ih­re laut­los ges­ti­ku­lie­ren­den
Ka­me­ra­den, als sei­en sie Zu­schau­er in ei­ner Pan­to­mi­me, die sie selbst nichts
mehr an­ging. »Tür zu!« rief Ber­ger.
    Es war zu spät. Die Tür flog auf, und der ers­te Hau­fen Ske­let­te stol­per­te in
den Ne­bel.
    An­de­re folg­ten. Die Ve­te­ra­nen hock­ten in ih­rer Ecke und hat­ten Mü­he, nicht mit
hin­aus­ge­ris­sen zu wer­den.
    »Hier­blei­ben!« rief Ber­ger. »Die Wa­chen wer­den schie­ßen!«
    Die Flucht ging wei­ter. »Hin­le­gen!« rief Le­wins­ky. Er hat­te die Nacht trotz
Hand­kes Dro­hun­gen in Ba­ra­cke 22 ver­bracht. Es war ihm im­mer noch si­che­rer
ge­we­sen; am Ta­ge vor­her wa­ren im Ar­beits­la­ger vier Leu­te mit den
An­fangs­buch­sta­ben H und K von dem Spe­zi­al­kom­man­do Stein­bren­ner, Breu­er und
Nie­mann er­wi­scht und zum Kre­ma­to­ri­um ge­führt wor­den. Es war ein Glück, daß die
Su­che bü­ro­kra­tisch vor sich ging. Le­wins­ky hat­te nicht ge­war­tet, bis der
Buch­sta­be L her­an­kam. »Flach auf den Bo­den!« rief er. »Sie wer­den schie­ßen!«
    »'raus! Wer will hier in der Mau­se­fal­le blei­ben?«
    Drau­ßen knat­ter­ten be­reits Schüs­se in das Heu­len und Don­nern. »Da! Es geht los!
Hin­le­gen! Flach! Die Ma­schi­nen­ge­weh­re sind ge­fähr­li­cher als die Bom­ben!«
    Le­wins­ky hat­te un­recht. Nach der drit­ten Ex­plo­si­on hör­ten die Ma­schi­nen­ge­weh­re
auf. Die Wa­chen hat­ten die Tür­me ei­ligst ver­las­sen. Le­wins­ky kroch zur Tür
hin­aus.
    »Kei­ne Ge­fahr mehr!« schrie er Ber­ger ins Ohr. »Die SS ist ver­schwun­den.«
    »Sol­len wir drin blei­ben?«
    »Nein! Es ist kein Schutz. Wir kön­nen ein­ge­klemmt wer­den und bren­nen.«
    »'raus!« rief Meyer­hof. »Wenn der Sta­chel­draht zer­bombt wird, kön­nen wir
flie­hen!«
    »Halt die Schnau­ze, Idi­ot! Sie wer­den dich fas­sen in dei­nem An­zug und dich
er­schie­ßen.«
    »Kommt 'raus.«
    Sie dräng­ten sich aus der Tür. »Zu­sam­men­blei­ben!« schrie Le­wins­ky. Er griff
Meyer­hof an die Ja­cke vor der Brust. »Wenn du Blöd­sinn machst, bre­che ich dir
mit mei­nen ei­ge­nen Hän­den den Hals, hörst du? Ver­fluch­ter Idi­ot, meinst du, wir
kön­nen das jetzt ris­kie­ren?« Er schüt­tel­te ihn. »Ver­stehst du? Oder soll ich
dir den Hals so­fort

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