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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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um­zu­le­gen.«
    Er spür­te den Al­ko­hol. »Scha­de für dich, und scha­de für mich. War ein schö­nes
Le­ben. Na ja, für dich nicht, wenn man ge­recht sein will.«
    Lüb­be be­ob­ach­te­te ihn trotz sei­ner Schwä­che.
    »Was mir an dir ge­fällt« sag­te Breu­er, »ist, daß du nicht klein bei­ge­ge­ben
hast. Aber ich muß dich um­le­gen, da­mit du nichts er­zählst. Ge­ra­de dich, den
äl­tes­ten Gast. Dich zu­erst. Die an­de­ren kom­men auch dran«, füg­te er be­gü­ti­gend
hin­zu. »Kei­ne Zeu­gen hin­ter­las­sen. Al­te na­tio­nal­so­zia­lis­ti­sche Pa­ro­le.« Er
hol­te einen Ham­mer aus der Tisch­schub­la­de. »Ich will es kurz ma­chen mit dir.«
    Er leg­te den Ham­mer ne­ben sich. Im sel­ben Mo­ment tor­kel­te Lüb­be vom Stuhl hoch
und ver­such­te, mit den ver­brann­ten Hän­den nach dem Ham­mer zu grei­fen. Breu­er
stieß ihn mit der Faust leicht bei­sei­te. Lüb­be fiel.
    »Sieh da«, sag­te Breu­er gut­mü­tig. »Im­mer noch mal ein Ver­such! Hast ganz recht.
Warum nicht? Bleib nur auf dem Bo­den sit­zen. Ich ha­be dich da bes­ser zur Hand.«
Er hielt die Hand ans Ohr. »Was? Was sagst du?«
    »Sie wer­den euch al­le – al­le ge­nau­so ...«
    »Ach Un­sinn, Lüb­be. Das möch­test du wohl. Die ma­chen so was nicht. Sind viel zu
fein da­zu. Ich wer­de auch vor­her weg sein. Und von euch wird kei­ner mehr
re­den.« Er nahm wie­der einen Schluck. »Willst du noch ei­ne Zi­ga­ret­te?« frag­te
er plötz­lich.
    Lüb­be sah ihn an. »Ja«, sag­te er.
    Breu­er steck­te ihm ei­ne Zi­ga­ret­te zwi­schen die blu­ten­den Lip­pen. »Hier!« Er
zün­de­te ihm die Zi­ga­ret­te an und mit dem­sel­ben Streich­holz auch sich ei­ne.
    Bei­de rauch­ten und schwie­gen. Lüb­be wuß­te, daß er ver­lo­ren war. Er horch­te zum
Fens­ter hin­über. Breu­er trank sein Glas aus.
    Dann leg­te er die Zi­ga­ret­te weg und griff nach dem Ham­mer. »Al­so, los jetzt.«
    »Sei ver­flucht!« flüs­ter­te Lüb­be. Die Zi­ga­ret­te fiel ihm nicht aus dem Mund.
Sie kleb­te an sei­ner blu­ti­gen Ober­lip­pe fest.
    Breu­er schlug ei­ni­ge Ma­le mit der stump­fen Sei­te des Ham­mers zu. Es war ein
Kom­pli­ment für Lüb­be, der lang­sam zu­sam­mensank, daß er nicht die spit­ze Sei­te
ge­nom­men hat­te.
    Ei­ne Wei­le saß Breu­er und brü­te­te vor sich hin. Dann fiel ihm ein, was Lüb­be
ge­sagt hat­te. Er fühl­te sich in ei­ner un­kla­ren Wei­se be­tro­gen. Lüb­be hat­te ihn
be­tro­gen.
    Er hät­te jam­mern sol­len. Aber Lüb­be hät­te nie ge­jam­mert; auch nicht, wenn er
ihn lang­sam ge­tö­tet hät­te. Er hät­te ge­stöhnt; aber das galt nichts, das war nur
der Kör­per.
    Es war wie lau­tes Luft­ho­len, nicht mehr. Breu­er hör­te wie­der das Rol­len hin­ter
dem Fens­ter. Ir­gend je­mand muß­te noch ein­mal jam­mern, die­se Nacht, sonst brach
al­les ka­putt. Das war es; er wuß­te es jetzt. Es konn­te nicht so auf­hö­ren, mit
Lüb­be.
    Lüb­be hät­te sonst ge­won­nen ge­habt. Schwer­fäl­lig stand er auf und ging zur Zel­le
4. Er hat­te Glück. Ei­ne ent­setz­te Stim­me be­gann bald zu heu­len, zu bet­teln, zu
schrei­en, zu jam­mern, und erst nach lan­ger Zeit wur­de sie lei­ser und lei­ser und
ver­stumm­te end­lich ganz.
    Breu­er kam be­frie­digt in sein Zim­mer zu­rück. »Siehst du! Wir ha­ben euch doch
noch in der Ge­walt«, sag­te er zur Lei­che Lüb­bes und stieß sie mit dem Fu­ße an.
Der Stoß war nicht hef­tig; aber ir­gend et­was in Lüb­bes Ge­sicht be­weg­te sich.
    Breu­er beug­te sich hin­ab; ihm war, als ha­be Lüb­be ihm ei­ne graue Zun­ge
her­aus­ge­streckt. Dann ent­deck­te er, daß die Zi­ga­ret­te im Mun­de des To­ten
wei­ter­ge­brannt hat­te bis auf die Lip­pen; die klei­ne Aschen­säu­le war durch den
Stoß her­un­ter­ge­fal­len. Breu­er war plötz­lich mü­de. Er hat­te kei­ne Lust mehr, den
To­ten hin­aus­zu­schlei­fen; er schob ihn des­halb mit den Fü­ßen un­ter das Bett. Es
hat­te Zeit bis mor­gen. Ei­ne dunkle Spur blieb auf dem Fuß­bo­den. Breu­er grins­te
schläf­rig. Und ich konn­te mal kein Blut se­hen, als ich klein war, dach­te er. Zu
ko­misch!

XXIII
    D ie To­ten la­gen zu
Hau­fen ge­schich­tet. Der Lei­chen­wa­gen war nicht mehr ge­kom­men, sie

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