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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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SS-Block­füh­rer kennt ihn nicht. Mit dem Blockäl­tes­ten wer­den wir schon
fer­tig.« Le­wins­ky grins­te flüch­tig. »Ihr habt euch ganz gut raus­ge­macht. Komm,
Ber­ger.«
    »Al­so doch ein Trans­port!« Ro­sen starr­te hin­ter Ber­ger her. »Sulz­ba­cher hat
recht ge­habt. Wir hät­ten nicht über die Zu­kunft re­den sol­len. Es bringt
Un­glück.«
    »Un­sinn! Wir ha­ben zu es­sen ge­kriegt. Ber­ger ist ge­ret­tet wor­den. Es ist nicht
si­cher, ob Neu­bau­er den Be­fehl wei­ter­gibt. Was willst du mit dei­nem Un­glück?
Willst du Ga­ran­ti­en auf Jah­re ha­ben?«
    »Kommt Ber­ger wie­der?« frag­te je­mand hin­ter 509.
    »Er ist ge­ret­tet«, sag­te Ro­sen bit­ter. »Er kommt nicht in den Trans­port.«
    »Halt die Schnau­ze!« er­wi­der­te 509 scharf. Dann wand­te er sich um. Hin­ter ihm
stand Ka­rel. »Na­tür­lich kommt er wie­der, Ka­rel«, sag­te er. »Warum bleibst du
nicht in der Ba­ra­cke?«
    Ka­rel zog die Schul­tern hoch. »Ich dach­te, ihr hät­tet ein biß­chen Le­der zum
Kau­en.«
    »Hier ist et­was Bes­se­res«, sag­te Ahas­ver. Er gab ihm sein Stück Brot und die
Ka­rot­te.
    Er hat­te sie für ihn auf­be­wahrt.
    Ka­rel be­gann sehr lang­sam zu es­sen. Nach ei­ner Wei­le sah er die Bli­cke der
an­de­ren.
    Er stand auf und ging weg. Als er wie­der­kam, kau­te er nicht mehr. »Zehn
Mi­nu­ten«, sag­te Le­ben­thal und blick­te auf sei­ne Ni­ckel­uhr. »Ei­ne gu­te Leis­tung,
Ka­rel. Bei mir hat es zehn Se­kun­den ge­dau­ert.«
    »Kön­nen wir die Uhr nicht ge­gen Es­sen tau­schen, Leo?« frag­te 509.
    »Heu­te nacht kön­nen wir nichts tau­schen. Nicht ein­mal Gold.«
    »Man kann Le­ber es­sen«, sag­te Ka­rel.
    »Was?«
    »Le­ber. Fri­sche Le­ber. Wenn man sie gleich her­aus­schnei­det, kann man sie
es­sen.«
    »Wo her­aus­schnei­det?«
    »Aus den To­ten.«
    »Wo­her hast du das, Ka­rel?« frag­te Ahas­ver nach ei­ni­ger Zeit.
    »Von Blat­zek.«
    »Von was für ei­nem Blat­zek?«
    »Blat­zek im Brün­ner La­ger. Er sag­te, es sei bes­ser, als sel­ber zu ster­ben. Die
To­ten sei­en tot und wür­den so­wie­so ver­brannt. Er hat mir viel bei­ge­bracht. Er
hat mir ge­zeigt, wie man sich tot stellt und wie man lau­fen muß, wenn hin­ter
ei­nem ge­schos­sen wird: Zick­zack, un­re­gel­mä­ßig, auf und nie­der. Auch wie man
Platz zum At­men im Mas­sen­grab be­hält und sich nachts aus­gräbt. Blat­zek wuß­te
viel.«
    »Du weißt auch ge­nug Ka­rel.«
    »Na­tür­lich. Sonst wä­re ich nicht mehr hier.«
    »Stimmt. Aber laßt uns an et­was an­de­res den­ken«, sag­te 509.
    »Wir müs­sen dem To­ten noch Ber­gers Sa­chen an­zie­hen.«
    Es war leicht. Der To­te war noch nicht starr. Sie pack­ten ei­ni­ge an­de­re Lei­chen
über ihn. Dann hock­ten sie sich wie­der hin. Ahas­ver mur­mel­te halb­laut.
    »Du hast viel zu be­ten die­se Nacht, Al­ter«, sag­te Bu­cher fins­ter.
    Ahas­ver blick­te auf. Er horch­te einen Au­gen­blick auf das fer­ne Rol­len. »Als der
ers­te Ju­de von ih­nen er­schla­gen wur­de, oh­ne daß Ge­richt über die Mör­der
ge­hal­ten wur­de, ha­ben sie das Ge­setz des Le­bens ge­bro­chen«, sag­te er lang­sam.
»Sie ha­ben ge­lacht. Sie ha­ben ge­sagt: Was sind schon ein paar Ju­den ge­gen das
grö­ße­re Deutsch­land? Sie ha­ben weg­ge­se­hen. Da­für wer­den sie jetzt von Gott
ge­schla­gen. Ein Le­ben ist ein Le­ben. Auch das ärms­te.«
    Er be­gann wie­der zu mur­meln. Die an­de­ren schwie­gen. Es wur­de küh­ler. Sie
kro­chen en­ger zu­sam­men.
    Der Schar­füh­rer Breu­er er­wach­te. Er knips­te schlaf­trun­ken die Lam­pe
ne­ben sei­nem Bett an. Im glei­chen Mo­ment leuch­te­ten zwei grü­ne Lich­ter auf
sei­nem Tisch auf. Es wa­ren zwei klei­ne elek­tri­sche Bir­nen, die ge­schickt in den
Au­gen­höh­len ei­nes To­ten­schä­dels an­ge­bracht wor­den wa­ren.
    Wenn Breu­er noch ein­mal knips­te, er­lo­schen al­le an­de­ren Lam­pen – nur der
To­ten­schä­del leuch­te­te durch das Dun­kel wei­ter.
    Es war ein in­ter­essan­ter Ef­fekt. Breu­er lieb­te ihn sehr.
    Auf dem Tisch stan­den ein Tel­ler mit Ku­chenkrü­meln und ei­ne ge­leer­te
Kaf­fee­tas­se.
    Da­ne­ben la­gen ein paar Bü­cher – Aben­teu­er­ro­ma­ne von Karl May.

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