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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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Breu­ers
li­te­ra­ri­sche Bil­dung er­schöpf­te sich da­mit und mit ei­nem ob­szö­nen Pri­vat­druck
über die Lie­bes­aben­teu­er ei­ner Tän­ze­rin. Gäh­nend rich­te­te er sich auf. Er hat­te
einen schlech­ten Ge­schmack im Mun­de. Ei­ne Wei­le lausch­te er. Die Zel­len im
Bun­ker wa­ren stumm. Nie­mand wag­te zu jam­mern; Breu­er hät­te den In­sas­sen schon
Dis­zi­plin bei­ge­bracht.
    Er griff un­ter das Bett, hol­te ei­ne Fla­sche Ko­gnak her­vor und lang­te ein
Wein­glas vom Tisch her­un­ter. Er füll­te es und trank es aus. Dann lausch­te er
wie­der. Das Fens­ter war ge­schlos­sen: trotz­dem glaub­te er das Grol­len der
Ge­schüt­ze zu hö­ren. Er goß sich noch ein Glas ein und trank es. Dann stand er
auf und blick­te auf sei­ne Uhr. Es war halb drei.
    Er zog sei­ne Stie­fel über sei­nen Py­ja­ma. Er brauch­te die Stie­fel; er trat gern
ge­gen Bäu­che. Oh­ne Stie­fel hat­te das we­nig Ef­fekt. Der Py­ja­ma war prak­tisch;
der Bun­ker war sehr heiß.
    Breu­er hat­te ge­nug Koh­len. Das Kre­ma­to­ri­um war schon knapp dar­an; aber Breu­er
hat­te sich recht­zei­tig einen Vor­rat für sei­ne Zwe­cke ge­si­chert.
    Lang­sam ging er den Kor­ri­dor ent­lang. Je­de Zel­le hat­te ein Fens­ter, durch das
man hin­ein­se­hen konn­te. Breu­er hat­te das nicht nö­tig. Er kann­te sei­ne
Me­na­ge­rie, und er war stolz auf die­sen Aus­druck. Ab und zu nann­te er ihn auch
sei­nen Zir­kus; dann kam er sich mit sei­ner Peit­sche wie ein Domp­teur vor.
    Er ging die Zel­len ab wie ein Wein­lieb­ha­ber sei­nen Kel­ler.
    Und so, wie ein Wein­ken­ner den äl­tes­ten Wein wählt, so be­schloß Breu­er, sei­nen
äl­tes­ten Gast für heu­te vor­zu­neh­men.
    Es war Lüb­be in Zel­le 7. Er schloß sie auf.
    Die Zel­le war klein und un­er­träg­lich heiß. Sie hat­te einen sehr großen
Zen­tral­hei­zungs­kör­per, der voll auf­ge­dreht war. An den Röh­ren war ein Mann mit
Hän­den und Fü­ßen an­ge­ket­tet. Er hing be­wußt­los knapp über dem Bo­den. Breu­er
be­trach­te­te ihn ei­ne Zeit­lang; dann hol­te er ei­ne Gieß­kan­ne mit Was­ser vom
Kor­ri­dor und be­spreng­te den Mann wie ei­ne ver­dorr­te Pflan­ze.
    Das Was­ser zisch­te auf den Hei­zungs­röh­ren und ver­dampf­te.
    Lüb­be rühr­te sich nicht. Breu­er schloß die Ket­ten auf. Die an­ge­brann­ten Hän­de
fie­len nie­der. Der Rest der Gieß­kan­ne sprüh­te über die Fi­gur am Bo­den. Ei­ne
Was­ser­la­che bil­de­te sich.
    Breu­er ging mit der Gieß­kan­ne hin­aus, um sie noch ein­mal zu fül­len. Drau­ßen
blieb er ste­hen. Zwei Zel­len wei­ter stöhn­te je­mand. Er stell­te die Kan­ne ab,
schloß die zwei­te Zel­le auf und ging ge­mäch­lich hin­ein. Man hör­te ihn mur­meln;
dann ka­men dump­fe Ge­räusche wie Trit­te; dann Pol­tern, Klir­ren, Sto­ßen, Schie­ben
und plötz­lich gel­len­de Schreie, die lang­sam in Rö­cheln über­gin­gen. Noch ein
paar dump­fe Auf­schlä­ge, und Breu­er er­schi­en wie­der. Sein rech­ter Stie­fel war
naß. Er füll­te die Gieß­kan­ne und schlen­der­te zu­rück zur Zel­le 7.
    »Sieh da!« sag­te er. »Auf­ge­wacht!«
    Lüb­be lag flach am Bo­den, das Ge­sicht nach un­ten. Er ver­such­te, mit bei­den
Hän­den das Was­ser auf dem Fuß­bo­den zu­sam­men­zu­schar­ren, um es auf­zu­le­cken. Er
be­weg­te sich un­ge­schickt, wie ei­ne halb­to­te Krö­te. Plötz­lich sah er die vol­le
Gieß­kan­ne.
    Mit ei­nem lei­sen Kräch­zen bäum­te er sich auf, warf sich her­um und hasch­te
da­nach.
    Breu­er trat ihm auf die Hän­de. Lüb­be konn­te sie nicht un­ter den Stie­feln fort­zie­hen.
Er reck­te sei­nen Hals, so weit er konn­te, zur Gieß­kan­ne hin; sei­ne Lip­pen
beb­ten, sein Kopf zit­ter­te, und er krächz­te mit großer An­stren­gung.
    Breu­er be­trach­te­te ihn mit den Au­gen des Fach­man­nes. Er sah, daß Lüb­be fast
fer­tig war. »Na, sauf schon«, knurr­te er. »Sauf dei­ne Hen­kers­mahl­zeit.«
    Er grins­te über sei­nen Witz und stieg von den Hän­den her­un­ter. Lüb­be warf sich
über die Kan­ne mit sol­cher Hast, daß sie schwank­te. Er glaub­te nicht an sein
Glück.
    »Sauf lang­sam«, sag­te Breu­er. »Wir ha­ben Zeit.«
    Lüb­be trank und trank. Er hat­te Stu­fe sechs

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