E.M. Remarque
sprechen, der mein Partner werden will. Wir
wollen ein Geschäft aufmachen. Er hat das Kapital. Ich die Erfahrung.«
»Gut, Leo.«
Lebenthal holte ein Paket amerikanischer Zigaretten aus der Tasche und reichte
es herum. »Das wird das große Geschäft«, erklärte er. »Amerikanische
Zigaretten. So wie nach dem letzten Kriege. Man muß rechtzeitig einsteigen.« Er
betrachtete das bunte Päckchen. »Besser als alles Geld, das sage ich euch.«
Berger lächelte. »Leo«, sagte er. »Du bist in Ordnung.«
Lebenthal blickte ihn mißtrauisch an. »Ich habe nie behauptet, daß ich ein
Idealist bin.«
»Sei nicht beleidigt. Ich meine es ohne Hintergedanken. Du hast uns oft genug
über Wasser gehalten.«
Lebenthal lächelte geschmeichelt. »Man tut, was man kann. Immer gut, einen
praktischen Geschäftsmann zwischen sich zu haben. Wenn ich irgendwas für euch
tun kann – wie ist es mit dir, Bucher? Willst du hier bleiben?«
»Nein. Ich warte darauf, daß Ruth etwas kräftiger wird.«
»Gut.« Lebenthal zog eine amerikanische Füllfeder aus der Tasche und schrieb
etwas auf. »Hier ist meine Adresse in der Stadt. Im Falle ...«
»Woher hast du den Füllfederhalter?« fragte Berger.
»Getauscht. Die Amerikaner sind verrückt nach Andenken aus dem Lager.«
»Was?«
»Sie sammeln. Andenken. Alles. Pistolen, Dolche, Abzeichen, Peitschen, Flaggen
– es ist ein gutes Geschäft. Ich habe gründlich vorgesorgt. Mich eingedeckt.«
»Leo«, sagte Berger. »Es ist gut, daß es dich gibt.«
Lebenthal nickte ohne Erstaunen. »Bleibst du vorläufig hier?«
»Ja, ich bleibe hier.«
»Dann sehe ich dich noch ab und zu. Ich schlafe in der Stadt, werde aber zum
Essen hier heraufkommen.«
»Das dachte ich mir.«
»Klar. Hast du Zigaretten genug?«
»Nein.«
»Hier.« Lebenthal zog zwei ungeöffnete Päckchen aus den Taschen und gab je
eines an Berger und Bucher.
»Was hast du noch?« fragte Bucher.
»Konserven.« Lebenthal sah nach seiner Uhr. »Ich muß los ...«
Er holte unter seinem Bett einen neuen amerikanischen Regenmantel hervor und
zog ihn an. Keiner sagte mehr etwas dazu. Hätte er ein Auto draußen gehabt,
hätte es die anderen auch nicht gewundert. »Verliert die Adresse nicht«, sagte
er zu Bucher. »Wäre schade, wenn wir uns nicht wiedersehen würden.«
»Wir werden sie nicht verlieren.«
»Wir gehen zusammen«, sagte Ahasver. »Karel und ich.« Sie standen vor Berger.
»Bleibt noch ein paar Wochen hier«, sagte der. »Ihr seid noch nicht kräftig
genug.«
»Wir wollen weg.«
»Wißt ihr, wohin?«
»Nein.«
»Warum wollt ihr dann fort?«
Ahasver machte eine unbestimmte Gebärde. »Wir waren lange genug hier.«
Er trug einen altmodischen, grauschwarzen Havelock, einen Mantel mit einer Art
Kutscherkragen, der bis zum Ellbogen reichte. Lebenthal, der bereits im
Geschäft war, hatte ihn für ihn besorgt. Er stammte aus dem Nachlaß eines
Gymnasialprofessors, der beim letzten Bombardement getötet worden war.
Karel war in eine Kombination von amerikanischen Uniformstücken gekleidet.
»Karel muß fort«, sagte Ahasver.
Bucher kam hinzu. Er musterte Karels Anzug. »Was ist mit dir los?«
»Die Amerikaner haben ihn adoptiert. Das Regiment, das zuerst hier durchkam.
Sie haben einen Jeep geschickt, ihn zu holen. Ich fahre ein Stück mit.«
»Haben sie dich auch adoptiert?«
»Nein. Ich fahre nur das Stück mit.«
»Und dann?«
»Dann?« Ahasver blickte zum Tal hinunter. Sein Mantel flatterte im Winde. »Da
sind so viele Lager, wo ich Bekannte hatte ...«
Berger blickte ihn an. Lebenthal hat ihn richtig angezogen, dachte er. Er
sieht, wie ein Pilgrim aus. Er wird von einem Lager zum anderen pilgern. Von einem
Grabe zum anderen.
Aber wer hatte als Gefangener schon den Luxus eines
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