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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
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man war prak­tisch im großen Sin­ne.«
    »Bis die Guil­lo­ti­ne
kam.«
    »Bis die Guil­lo­ti­ne
kam und man das Recht auf das Glück er­fand«, be­stä­tig­te Peystre. »Die
Guil­lo­ti­ne kommt im­mer.«
    Lil­li­an trank ihr
Glas aus. »Ist das al­les nicht ei­ne lan­ge Ein­lei­tung zu dem Vor­schlag, den Sie
mir wie­der ma­chen wol­len: ih­re Mä­tres­se zu wer­den?«
    Peystre blieb
un­be­wegt. »Nen­nen Sie es so, wenn Sie wol­len. Es ist ein Vor­schlag, Ih­nen den
Rah­men zu ge­ben, den Sie brau­chen. Oder viel­mehr, den Rah­men, der nach mei­ner
An­sicht zu Ih­nen pas­sen wür­de.«
    »Wie die Fas­sung zu
ei­nem Stein?«
    »Wie die Fas­sung zu
ei­nem sehr kost­ba­ren Stein.«
    »Ei­nem Stein aus
rei­ner Ver­zweif­lung?«
    »Aus blau­wei­ßer
Ein­sam­keit. Und blau­weißem Mut, Ma­de­moi­sel­le. Mein Kom­pli­ment! Und ver­zei­hen
Sie mei­ne Hart­nä­ckig­keit. Dia­man­ten von die­sem Feu­er sind sel­ten.« Peystre
lä­chel­te. »Möch­ten Sie jetzt wie­der die letz­ten Nach­rich­ten über das Ren­nen in
Ita­li­en hö­ren?«
    »Hier? Im Ma­xim?«
    »Warum nicht?
Al­bert, der Meis­ter die­ses Plat­zes, hat ganz an­de­re Wün­sche er­fül­len kön­nen,
wenn er woll­te. Und für Sie wür­de er wol­len. Ich ha­be es ge­se­hen; Al­bert hat
aus­ge­zeich­ne­te Au­gen.«
    Das Or­che­s­ter
be­gann, der Tra­di­ti­on ge­mäß, Me­lo­di­en aus der ›Lus­ti­gen Wit­we‹ zu spie­len. Die
Kell­ner räum­ten den Tisch ab. Al­bert strich vor­bei und di­ri­gier­te ei­ne Fla­sche
Ko­gnak, die we­der ver­staubt noch mit dem Em­blem Na­po­le­ons ge­ziert war, son­dern
le­dig­lich ein klei­nes, mit der Hand be­schrie­be­nes Schild­chen trug, an den
Tisch. »Ich sag­te Ih­nen, daß er aus­ge­zeich­ne­te Au­gen hat«, er­klär­te Peystre.
»Ver­su­chen Sie die­sen Ko­gnak, na­tür­lich erst nach den üb­li­chen Ze­re­mo­ni­en des
An­wär­mens, des Ein­at­men des Bou­quets und der Un­ter­hal­tung dar­über. Wir wer­den
über­wacht.«
    Lil­li­an nahm ihr
Glas, oh­ne es in der Hand zu wär­men oder sei­nen Duft ein­zuat­men, und trank es
her­un­ter. Peystre lach­te. Al­bert, aus ei­ner Ecke, schick­te den An­schein ei­nes
be­stä­ti­gen­den Lä­chelns her­über. Ihm folg­te nach ei­ni­gen Mi­nu­ten ein Kell­ner mit
ei­ner klei­nen Fla­sche Fram­boi­se. Er stell­te klei­ne­re Glä­ser auf und schenk­te
ein. Ein Duft nach Obst­gär­ten im frü­hen Som­mer er­hob sich so­fort. »Al­ter
Him­beer­geist«, sag­te Peystre mit An­dacht. »Noch ra­rer!«
    Lil­li­an dach­te: Was
wür­de er tun, wenn ich ihm den Him­beer­geist jetzt in sein über­züch­te­tes Ge­sicht
gös­se? Wahr­schein­lich wür­de er auch das ver­ste­hen und einen hüb­schen Satz
dar­über sa­gen. Sie ver­ach­te­te ihn nicht; sie fand ihn im Ge­gen­teil an­ge­nehm wie
ein mil­des Schlaf­mit­tel und hat­te ihm auf­merk­sam zu­ge­hört. Er ver­kör­per­te für
sie die an­de­re Sei­te des Da­seins. Er hat­te die Le­bens­angst zu ei­nem Kult von
äs­the­ti­schem Zy­nis­mus sub­li­miert und ver­such­te, aus ge­fähr­li­chen Berg­pfa­den
Park­we­ge zu ma­chen. Es än­der­te nichts. Wann hat­te sie das al­les schon ein­mal
ähn­lich ge­hört? Bei Le­val­li in Si­zi­li­en na­tür­lich. Man brauch­te Geld und ein
klei­nes Herz, um so zu le­ben. Man fuhr nicht von Bre­s­cia nach Bre­s­cia. Man
blieb in Bre­s­cia und er­klär­te sich, man sei im Ver­sail­les des frü­hen
acht­zehn­ten Jahr­hun­derts.
    »Ich muß ge­hen«,
sag­te sie.
    »Wie oft Sie das
sa­gen«, er­klär­te Peystre. »Es macht Sie un­wi­der­steh­lich. Ist es Ihr
Lieb­lings­wort?«
    Sie sah ihn an.
»Wenn Sie wüss­ten, wie gern ich blei­ben wür­de«, sag­te sie dann lang­sam. »Arm
mei­net­we­gen, al­lein, nur blei­ben! Blei­ben! Al­les an­de­re ist Lü­ge und der Mut
der Angst.«
    Sie ließ sich vor
ih­rem Ho­tel ab­set­zen. Der Nacht­por­tier kam ihr auf­ge­regt ent­ge­gen. »Herr
Cler­fa­yt liegt an zwölf­ter Stel­le! Er hat sechs Kon­kur­ren­ten über­holt. Der
An­sa­ger hat er­zählt, er wä­re ein wun­der­ba­rer Nacht­fah­rer.«
    »Das ist er.«
    »Ein Glas
Cham­pa­gner, um zu fei­ern?«
    »Man soll nie zu
früh fei­ern. Renn­fah­rer

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