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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
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Möch­test du nicht noch et­was her­um­fah­ren?«
    »Wo­hin?«
    »In je­de Stra­ße und
in je­des Lo­kal, von de­nen du je­mals ge­hört hast. Du bist herr­lich
an­ge­zo­gen – es war ver­schwen­det an On­kel Gas­tons Be­wer­ber. Wir müs­sen zum
min­des­ten die­ses Kleid aus­füh­ren – selbst wenn du nicht willst. Man hat
Klei­dern ge­gen­über Ver­pflich­tun­gen.«
    »Gut. Lass uns
lang­sam fah­ren. Durch vie­le Stra­ßen. Al­le oh­ne Schnee. Mit Blu­men­ver­käu­fe­rin­nen
an den Ecken. Lass uns einen Wa­gen voll Veil­chen mit­neh­men.«
    Cler­fa­yt hol­te
Gi­u­sep­pe aus dem Ge­wirr am Quai und war­te­te vor der Tür des Ho­tels. Das
Re­stau­rant ne­ben­an be­gann zu schlie­ßen.
    »Der schmach­ten­de
Lieb­ha­ber«, sag­te je­mand ne­ben ihm. »Bist du nicht zu alt für sol­che Rol­len?«
    Es war Ly­dia
Mo­rel­li. Sie war vor ih­rem Be­glei­ter aus dem Re­stau­rant auf die Stra­ße
ge­tre­ten.
    »Un­be­dingt«,
er­wi­der­te er. »Das ist ge­ra­de der Reiz!«
    Ly­dia warf das En­de
ei­ner wei­ßen Pelz­sto­la über ih­re Schul­ter. »Ei­ne neue Rol­le! Ziem­lich
pro­vin­zi­ell, mein Lie­ber. Mit ei­nem jun­gen Gäns­chen!«
    »Welch ein
Kom­pli­ment«, er­wi­der­te Cler­fa­yt. »Wenn du so et­was sagst, heißt das, das sie
fas­zi­nie­rend sein muß.«
    »Fas­zi­nie­rend! Dies
dum­me Ding mit ih­rem Zim­mer­chen hier und ih­ren drei Ba­len­cia­ga-Klei­dern!«
    »Drei? Ich dach­te,
sie hät­te drei­ßig. So ver­schie­den sind sie je­des Mal, wenn sie sie trägt.«
Cler­fa­yt lach­te. »Ly­dia! Seit wann spio­nierst du wie ein De­tek­tiv nach Gäns­chen
und dum­men Din­gern? Hat­ten wir uns das nicht längst ab­ge­wöhnt?«
    Ly­dia woll­te
är­ger­lich wer­den; aber ihr Be­glei­ter kam aus der Tür. Sie nahm sei­nen Arm wie
ei­ne Waf­fe und ging an Cler­fa­yt vor­bei.
    Lil­li­an kam ein
paar Mi­nu­ten spä­ter. »So­eben hat mir je­mand er­zählt, daß du ei­ne fas­zi­nie­ren­de
Per­son wä­rest«, sag­te Cler­fa­yt. »Es wird Zeit, dich zu ver­ste­cken.«
    »War es lang­wei­lig
zu war­ten?«
    »Nein. Wenn man
lan­ge auf nichts ge­war­tet hat, macht War­ten einen zehn Jah­re jün­ger. Zwan­zig
Jah­re jün­ger. Ich glaub­te, ich wür­de nie mehr auf et­was war­ten.«
    »Ich ha­be im­mer auf
et­was ge­war­tet.« Lil­li­an sah ei­ner Frau in cre­me­far­be­nen Spit­zen nach, die mit
ei­nem Kahl­kopf das Re­stau­rant ver­ließ; sie trug ei­ne Ket­te aus nuß­großen
Dia­man­ten. »Wie das blitzt!« sag­te sie.
    Cler­fa­yt er­wi­der­te
nichts. Schmuck war ein ge­fähr­li­ches Ge­biet; wenn sie dar­auf ver­fiel, gab es
Leu­te, die bes­ser als er be­fä­higt wa­ren, ih­re Wün­sche zu er­fül­len.
    »Nicht für mich«,
sag­te Lil­li­an la­chend, als hät­te sie sei­ne Ge­dan­ken er­ra­ten.
    »Ist das ein neu­es
Kleid?« frag­te er.
    »Ja. Es ist heu­te
ge­kom­men.«
    »Wie­viel hast du
jetzt?«
    »Acht mit die­sem.
Warum?«
    Ly­dia Mo­rel­li
schi­en rich­tig in­for­miert zu sein. Daß sie drei ge­sagt hat­te, ge­hör­te da­zu.
    »On­kel Gas­ton ist
ent­setzt«, sag­te Lil­li­an. »Ich ha­be ihm die Rech­nun­gen ge­schickt. Und nun lass
uns in den bes­ten Nacht­klub fah­ren, den es gibt. Du hast recht, Klei­der ma­chen
An­sprü­che!«
    »Noch in einen an­de­ren?«
frag­te Cler­fa­yt. Es war vier Uhr nachts.
    »Noch in einen«,
sag­te Lil­li­an. »Oder bist du mü­de?«
    Er wuß­te, daß er
sie nicht fra­gen konn­te, ob sie mü­de sei. »Noch nicht«, sag­te er. »Ge­fällt es
dir?«
    »Es ist wun­der­bar.«
    »Gut, dann fah­ren
wir in einen an­de­ren Klub. Einen mit Zi­geu­nern.«
    Mont­mar­tre und
Mont­par­nas­se beb­ten noch im spä­ten Nach­kriegs­fie­ber. Die bun­ten Höh­len der
Ka­ba­retts und Nacht­klubs schwam­men im Ne­bel als wä­ren sie un­ter Was­ser. Es war
al­les die üb­li­che, end­lo­se Wie­der­ho­lung, das Kli­schee, und Cler­fa­yt hät­te sich
oh­ne Lil­li­an fürch­ter­lich ge­lang­weilt – aber für sie war es neu, sie
emp­fand es nicht so, wie es war oder wie es wirk­te, son­dern so, wie sie es
se­hen woll­te und sah. Aus den Nepp­lo­ka­len wur­den für sie Feu­er des Le­bens, aus
Or­che­s­tern, die auf Trink­gel­der war­te­ten,

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