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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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es bei­na­he.
    ***
    »Ich blei­be heu­te nacht hier«,
sag­te ich zu Na­ta­scha. »Ich ge­he nicht ins Ho­tel zu­rück. Ich will ne­ben dir
schla­fen und mit dir zu­sam­men auf­wa­chen. Ich wer­de Brot und Milch und Ei­er von
den Sterns Bro­t­hers ho­len. Es wird das ers­te­mal sein, daß wir zu­sam­men
auf­wa­chen. Ich glau­be, un­se­re Miß­ver­ständ­nis­se kom­men nur da­von, daß wir nicht
ge­nug bei­sam­men sind. Wir müs­sen uns erst wie­der an­ein­an­der ge­wöh­nen.«
    Sie streck­te sich. »Ich ha­be im­mer
ge­glaubt, das Le­ben sei zu lang, um fort­wäh­rend bei­sam­men zu sein.«
    Ich muß­te la­chen. »Da ist si­cher et­was
dran«, sag­te ich. »Ich bin nie in die Ver­le­gen­heit ge­kom­men, das
aus­zu­pro­bie­ren. Das Da­sein, wie ich es ken­ne, sorg­te stets da­für, daß es zu
kurz war.«
    »Ich ha­be ein Ge­fühl, als sei­en wir in
ei­nem Luft­bal­lon«, sag­te ich. »Nicht in ei­nem Flug­zeug, son­dern in ei­nem
stil­len Luft­bal­lon, ei­ner Mont­gol­fiè­re des frü­hen 19. Jahr­hun­derts, ge­ra­de hoch
ge­nug, um nichts mehr zu hö­ren, aber al­les noch zu se­hen, die Stra­ßen, die
Spiel­au­tos und die Licht­schnü­re der Stadt. Ge­seg­net der un­be­kann­te Wohl­tä­ter,
der die­ses brei­te Bett hier her­auf­schaf­fen ließ, die­ses Bett und ge­gen­über an
der Wand den Spie­gel, in dem du dich ma­gisch ver­dop­pelst, wenn du durch das
Zim­mer gehst – ein Zwil­lings­paar, von dem die ei­ne Hälf­te stumm ist.«
    »Die stum­me ist be­que­mer, wie?«
    »Nein.«
    Sie warf sich her­um. »Das war die rich­ti­ge
Ant­wort.«
    »Du bist sehr schön«, sag­te ich.
»Ge­wöhn­lich schaue ich ei­ner Frau im­mer erst auf die Bei­ne, dann auf den
Hin­tern und zum Schluß ins Ge­sicht. Bei dir ist es mir um­ge­kehrt er­gan­gen. Bei
dir war es erst das Ge­sicht, dann die Bei­ne, und erst, als ich schon ver­liebt
war, be­gann ich über den Hin­tern nach­zu­den­ken. Du warst schlank, und es konn­te
sein, daß du ein ab­ge­hun­ger­tes, kno­chi­ges Man­ne­quin warst mit ei­nem fla­chen
Sat­telarsch. Ich war be­sorgt.«
    »Wann hast du ge­merkt, daß es nicht so
war?«
    »Nicht zu spät. Es gibt ein­fa­che Mit­tel,
das her­aus­zu­fin­den. Das Son­der­ba­re war, daß es so lan­ge dau­er­te, bis es mich
in­ter­es­sier­te.«
    »Er­zähl mir mehr.«
    Sie lag schnur­rend wie ei­ne große Kat­ze
faul auf der De­cke und la­ckier­te sich mit ei­nem klei­nen Pin­sel die Ze­hen­nä­gel.
»Du kannst mich jetzt nicht ver­ge­wal­ti­gen«, sag­te sie. »Die­ser Fir­nis muß erst
trock­nen, sonst blei­ben wir über­all kle­ben. Sprich wei­ter.«
    »Ich ha­be im­mer an­ge­nom­men, ich flö­ge auf
son­nen­ver­brann­te Frau­en«, sag­te ich. »We­sen, die im Som­mer ta­ge­lang im Was­ser
plan­schen und in der Son­ne lie­gen. Du bist die ers­te, die so weiß ist, als käme
sie nie an die Son­ne. Du hast viel vom Mond, auch in den durch­sich­ti­gen, grau­en
Au­gen, ab­ge­se­hen na­tür­lich von dei­nem zor­ni­gen Tem­pe­ra­ment. Du bist ei­ne
Nym­phe, und ich ha­be mich sel­ten so ge­irrt wie in dir. Ra­ke­ten stei­gen auf, wo
du bist, Feu­er­werk und Ka­no­nen­schlä­ge, und das Merk­wür­di­ge ist, sie sind laut­los.«
    »Er­zäh­le mir mehr. Willst du et­was
trin­ken?«
    Ich schüt­tel­te den Kopf. »Ich bin oft in
mei­nem Le­ben ein biß­chen seit­ab von mei­nen Emo­tio­nen ge­stan­den. Ich nahm sie
nicht en face, son­dern von der Sei­te. Sie tra­fen mich nicht voll. Sie glit­ten
von mir ab. Ich wuß­te nicht, warum. Viel­leicht war es Angst, viel­leicht ein
Kom­plex. Bei dir ist das an­ders. Ich ha­be gar kei­ne Be­den­ken bei dir. Al­les ist
of­fen wie der Wind. Es ist schön, dich zu lie­ben, und es ist eben­so schön, mit
dir nach der Lie­be zu­sam­men­zu­sein, so wie jetzt. Mit vie­len Frau­en kann man das
nicht; man will es auch nicht. Bei dir weiß man nie, was schö­ner ist. Wenn man
dich liebt, denkt man, es gä­be nichts Vol­le­res, und wenn man dann nach­her mit
dir ganz ent­spannt auf dem Bett liegt, glaubt man, man lie­be dich noch mehr.«
    »Mei­ne Nä­gel sind schon fast tro­cken«,
sag­te Na­ta­scha. »Er­zähl mir mehr.«
    Ich sah in das halb­dunkle Wohn­zim­mer. »Es
ist schön, mit dir

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