Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
Vom Netzwerk:
gleich­zei­tig völ­lig trost­los
sein kann. Es ist merk­wür­dig, was für ei­ne Eti­ket­te sich ge­ra­de für das Un­glück
her­aus­ge­bil­det hat! Hät­test du mich sinn­los be­trun­ken ge­fun­den, wä­re al­les
stil­ge­mäß ge­we­sen. Daß ich Schach ge­spielt und ge­schla­fen ha­be, ist kein
Be­weis, daß ich roh und ge­fühl­los bin. Ein­fach, was?«
    Es krach­te und split­ter­te. Jo­an hat­te ei­ne Va­se er­grif­fen
und sie zu Bo­den ge­schleu­dert. »Gut«, sag­te Ra­vic. »Ich konn­te das Ding oh­ne­hin
nicht lei­den. Paß nur auf, daß du dir kei­ne Scher­ben in den Fuß trittst.«
    Sie stieß die Scher­ben bei­sei­te. »Ra­vic«, sag­te sie.
»Warum tust du das?«
    »Ja«, er­wi­der­te er. »Warum? Ich ma­che mir selbst Mut.
Merkst du das nicht, Jo­an?«
    Sie wand­te ihm rasch ihr Ge­sicht zu. »Es sieht so aus.
Aber bei dir weiß man nie, was los ist.«
    Sie trat vor­sich­tig über die um­her­ge­streu­ten Scher­ben
hin­weg und setz­te sich auf das Bett. Er konn­te ihr Ge­sicht jetzt deut­lich in
der frü­hen Däm­me­rung se­hen. Er war über­rascht, daß es nicht mü­de war. Es war
jung und klar ge­spannt. Sie trug einen leich­ten Man­tel, den er nicht kann­te,
und ein an­de­res Kleid, als sie in der Clo­che d’Or ge­tra­gen hat­te.
    »Ich dach­te, du kämest nie wie­der, Ra­vic«, sag­te sie.
    »Es hat lan­ge ge­dau­ert. Ich konn­te nicht frü­her kom­men.«
    »Warum hast du nie ge­schrie­ben?«
    »Hät­te es et­was genützt?«
    Sie sah zur Sei­te. »Es wä­re bes­ser ge­we­sen.«
    »Es wä­re bes­ser ge­we­sen, ich wä­re nie zu­rück­ge­kom­men.
Aber es gibt kein an­de­res Land und kei­ne an­de­re Stadt mehr für mich. Die
Schweiz ist zu klein; über­all sonst sind Fa­schis­ten.«
    »Aber hier … die Po­li­zei...«
    »Die Po­li­zei hat hier eben­so­viel und eben­so­we­nig Chan­ce,
mich zu er­wi­schen, wie vor­her. Das da­mals war ein un­glück­li­cher Zu­fall. Man
braucht dar­über nicht mehr nach­zu­den­ken.«
    Er griff nach ei­nem Pack Zi­ga­ret­ten. Sie la­gen auf dem
Tisch ne­ben dem Bett. Es war ein be­que­mer, mit­tel­großer Tisch mit Bü­chern,
Zi­ga­ret­ten und ein paar Sa­chen. Ra­vic haß­te das, was als Nacht­tisch und Kon­so­le
mit falschem Mar­mor ge­wöhn­lich ne­ben Bet­ten stand.
    »Gib mir auch ei­ne Zi­ga­ret­te«, sag­te Jo­an.
    »Willst du et­was trin­ken?« frag­te er.
    »Ja. Bleib lie­gen. Ich ho­le es schon.«
    Sie hol­te die Fla­sche und füll­te zwei Glä­ser. Sie gab ihm
ei­nes, nahm das an­de­re und trank es aus. Wäh­rend sie trank, fiel ihr der Man­tel
von den Schul­tern. Ra­vic er­kann­te in der hel­ler wer­den­den Däm­me­rung jetzt das
Kleid, das sie trug. Es war das, das er ihr für An­ti­bes ge­schenkt hat­te.
Wes­halb hat­te sie es an­ge­zo­gen? Es war das ein­zi­ge Kleid, das er ihr je ge­ge­ben
hat­te. Er hat­te nie an so et­was ge­dacht. Er woll­te auch nie an so et­was den­ken.
    »Als ich dich sah, Ra­vic – plötz­lich …«, sag­te sie, »ich
konn­te nichts den­ken. Nichts. Und als du weg­gingst … ich dach­te, ich wür­de dich
nie wie­der­se­hen. Ich dach­te es nicht gleich. Ich war­te­te erst, daß du in die
Clo­che d’Or zu­rück­kom­men wür­dest. Ich glaub­te, du müß­test zu­rück­kom­men. Warum
bist du nicht zu­rück­ge­kom­men ?«
    »Warum soll­te ich zu­rück­kom­men?«
    »Ich wä­re mit dir ge­gan­gen.«
    Er wuß­te, daß es nicht wahr war. Aber er woll­te nicht dar­über
nach­den­ken. Er woll­te plötz­lich über nichts mehr nach­den­ken. Er hat­te nicht
ge­glaubt, daß es ge­nug sein wür­de. Er wuß­te nicht, wes­halb sie ge­kom­men war und
was sie wirk­lich woll­te – aber es war auf ei­ne son­der­ba­re und tie­fe und
be­ru­hi­gen­de Wei­se plötz­lich ge­nug, daß sie da war. Was ist das? dach­te er. Ist
es da schon? Jen­seits der Kon­trol­le? Da, wo die Dun­kel­heit, der Auf­ruhr des
Blu­tes, der Zwang der Phan­ta­sie und die Dro­hung be­gin­nen?
    »Ich dach­te, du woll­test mich ver­las­sen«, sag­te Jo­an. »Du
woll­test es auch! Sag die Wahr­heit!«
    Ra­vic ant­wor­te­te nicht.
    Sie sah ihn an. »Ich wuß­te es! Ich wuß­te es!« wie­der­hol­te
sie mit tiefer Über­zeu­gung.
    »Gib mir noch einen

Weitere Kostenlose Bücher