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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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En­de.
Ich ha­be ge­sagt, du wür­dest nie wie­der et­was von mir hö­ren. Ich ha­be es ge­sagt,
weil du es woll­test. Daß ich es trotz­dem nicht tue – ver­stehst du das nicht?«
    Sie sah ihn an. »Nein«, er­wi­der­te er grob. »Al­les, was
ich ver­ste­he, ist, daß du mit zwei Män­nern schla­fen willst.«
    Sie rühr­te sich nicht. »Es ist nicht so«, sag­te sie dann.
»Aber selbst, wenn es so wä­re, was geht es dich an?«
    Er starr­te sie an. – »Was geht es dich wirk­lich an?«
wie­der­hol­te sie. »Ich lie­be dich. Ist das nicht ge­nug?«
    »Nein.« – »Du brauchst nicht ei­fer­süch­tig zu sein. Du
nicht. Du warst es auch nie ...«
    »So?«
    »Nein. Du weißt über­haupt nicht, was es ist.«
    »Na­tür­lich nicht. Weil ich kei­ne Thea­ter­auf­füh­run­gen
ver­an­stal­tet ha­be, wie dein Kna­be da ...«
    Sie lä­chel­te. »Ra­vic«, sag­te sie. »Ei­fer­sucht be­ginnt mit
der Luft, die der an­de­re at­met.«
    Er ant­wor­te­te nicht. Sie stand vor ihm und sah ihn an.
Sie sah ihn an und schwieg. Die Luft, der schma­le Kor­ri­dor, das hal­be Licht –
al­les war plötz­lich voll von ihr. Voll von ei­nem War­ten, ei­nem atem­lo­sen,
sanf­ten Zie­hen, wie die Er­de, wenn man sich über die Brüs­tung ei­nes Turms
schwin­delnd beugt. Ra­vic fühl­te es. Er woll­te nicht ge­fan­gen wer­den. Er dach­te
jetzt nicht mehr dar­an, zu ge­hen. Wenn er gin­ge, wür­de ihn die­ses hier
ver­fol­gen. Und er woll­te nicht ver­folgt wer­den. Er woll­te ein kla­res En­de ma­chen.
Er brauch­te Klar­heit mor­gen.
    »Hast du einen Schnaps da?« frag­te er.
    »Ja. Was willst du? Cal­va­dos?«
    »Ko­gnak, wenn du ihn hast. Oder mei­net­we­gen auch
Cal­va­dos. Ganz gleich.«
    Sie ging zu dem klei­nen Schrank. Er blick­te hin­ter ihr
her. Die hel­le Luft, die un­sicht­ba­re Strah­lung der Lo­ckung, das: hier laßt uns
Hüt­ten bau­en, die al­te, ewi­ge Gau­ke­lei – als wenn Frie­de je­mals län­ger als für
ei­ne Nacht aus dem Blu­te kom­men konn­te!
    Ei­fer­sucht. Er wuß­te nichts da­von? Aber wuß­te er nicht
et­was von der Un­voll­kom­men­heit der Lie­be? War das nicht äl­te­rer Schmerz,
un­still­ba­rer als das biß­chen per­sön­li­che Elend: Ei­fer­sucht? Be­gann es nicht
schon da­mit, daß man wuß­te, daß ei­ner zu­erst ster­ben wür­de?
    Jo­an brach­te kei­nen Cal­va­dos. Sie brach­te ei­ne Fla­sche
Ko­gnak. Gut, dach­te er. Manch­mal be­griff sie et­was. Er schob die Fo­to­gra­fie
bei­sei­te, um sein Glas hin­zu­stel­len. Dann nahm er sie wie­der auf. Es war das
ein­fachs­te, um die Wir­kung zu bre­chen – den Nach­fol­ger zu be­trach­ten.
»Son­der­bar, wie schlecht mein Ge­dächt­nis ist«, sag­te er. »Ich dach­te, dein
Kna­be sä­he ganz an­ders aus.«
    Sie setz­te die Fla­sche nie­der. »Das ist er doch gar
nicht.«
    »Ach so – schon je­mand an­ders.«
    »Ja – des­halb war doch das Gan­ze.«
    Ra­vic trank einen großen Schluck Ko­gnak. »Du soll­test
wis­sen, daß man kei­ne Fo­to­gra­fi­en von Män­nern her­um­ste­hen hat, wenn der frü­he­re
Lieb­ha­ber kommt. Man hat über­haupt kei­ne Fo­to­gra­fi­en her­um­ste­hen. Es ist
ge­schmack­los.«
    »Sie stand nicht her­um. Er hat sie ge­fun­den. Er hat
her­um­ge­sucht. Und Fo­to­gra­fi­en hat man. Du ver­stehst das nicht. Ei­ne Frau
ver­steht das. Ich woll­te nicht, daß er sie sah.«
    »Da­für hast du jetzt Krach. Bist du ab­hän­gig von ihm?«
    »Nein. Ich ha­be mei­nen Kon­trakt. Für zwei Jah­re.«
    »Hat er ihn dir be­sorgt?«
    »Warum nicht?« Sie war ehr­lich er­staunt. »Ist et­was
da­bei?«
    »Nein. Aber es gibt Men­schen, die so et­was ver­bit­tert.«
    Sie hob die Schul­tern. Er sah es. Ei­ne Er­in­ne­rung. Ei­ne
Nost­al­gie. Schul­tern, die ein­mal ne­ben ei­nem at­mend sich ho­ben, lei­se,
re­gel­mä­ßig im Schlaf. Ei­ne flüch­ti­ge Wol­ke be­glänz­ter Vö­gel am röt­li­chen
Nacht­him­mel? Weit? Wie weit vor­bei? Re­de, un­sicht­ba­rer Buch­hal­ter! Ist es nur
be­gra­ben oder sind es wirk­lich letz­te, flüch­ti­ge Re­fle­xe? Aber wer wuß­te das?
    Die Fens­ter stan­den weit of­fen. Et­was flog her­ein,
tau­melnd, ein dunk­ler Fet­zen, un­si­cher flat­ternd, sich hal­tend am Schirm der
Lam­pe, Flü­gel auf­schla­gend, sich

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