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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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Stofflum­pen. Das Ge­sicht war ei­ne un­kennt­li­che
Mas­se, voll von ge­ron­ne­nem, schwar­zem Blut. Wie Rie­sen­felds Kopf, dach­te er. Er
spür­te, daß sei­ne Zäh­ne fest zu­sam­men­ge­bis­sen wa­ren. Nicht wie Rie­sen­felds
Kopf, dach­te er. Rie­sen­felds Kopf war schlim­mer: er leb­te noch.
    Der Ring an der rech­ten Hand. Er zog ihn ab und schob den
Kör­per in das Loch. Das Loch war et­was zu kurz. Er bog die Knie ge­gen den
Bauch. Dann schau­fel­te er die Er­de ein. Es ging schnell. Er stampf­te sie
zu­recht und pack­te Moos­stücke, die er vor­her mit dem Spa­ten aus­ge­schnit­ten
hat­te, dar­über. Sie paß­ten. Man sah die Rän­der nur noch, wenn man sich bück­te.
Er schob das Ge­büsch zu­recht.
    Der Ham­mer. Die Schau­fel. Der Lap­pen. Er leg­te sie zu den
Klei­dern in den Kof­fer­raum. Dann ging er noch ein­mal zu­rück, lang­sam, nach
Spu­ren su­chend. Er fand fast kei­ne mehr. Den Rest wür­den et­was Re­gen und ein
paar Ta­ge Wach­sen be­sor­gen.
    Son­der­bar: die Schu­he
ei­nes to­ten Man­nes. Die Strümp­fe. Die Wä­sche. Der An­zug we­ni­ger. Die Strümp­fe,
das Hemd, das Un­ter­zeug – geis­ter­haft ver­welkt be­reits, voll ei­ner
mit­ge­stor­be­nen Au­ra. Es war scheuß­lich, sie an­zu­fas­sen und nach Mo­no­gram­men und
Schnei­de­re­ti­ketts zu su­chen.
    Ra­vic tat es rasch. Er schnitt sie her­aus. Dann roll­te er
die Sa­chen in ein Bün­del zu­sam­men und ver­grub sie. Es war meh­re­re Ki­lo­me­ter von
dem Platz ent­fernt, wo er die Lei­che ein­ge­gra­ben hat­te – weit ge­nug, um zu
ver­hü­ten, daß man bei­de zu glei­cher Zeit fand.
    Er fuhr wei­ter, bis er an einen Bach kam. Er nahm die
aus­ge­schnit­te­nen Eti­ketts und wi­ckel­te sie in Pa­pier. Dann zer­riß er das
No­tiz­buch Haa­kes in klei­ne Stücke und durch­such­te die Brief­ta­sche. Sie ent­hielt
zwei Tau­send-Frank-Schei­ne, das Fahr­schein­heft nach Ber­lin, zehn Mark, ei­ni­ge
Zet­tel mit Adres­sen und Haa­kes Paß. Ra­vic steck­te das fran­zö­si­sche Geld ein. In
Haa­kes Ta­sche hat­te er noch ein paar Fünf-Frank-Schei­ne ge­fun­den.
    Das Fahr­schein­heft sah er einen Au­gen­blick an. Nach
Ber­lin, es war merk­wür­dig, das zu se­hen: nach Ber­lin. Er zer­riß es und leg­te es
zu dem an­dern. Den Paß be­trach­te­te er lan­ge. Er war gül­tig für drei Jah­re. Es
war ei­ne Ver­su­chung, ihn zu be­hal­ten und da­mit zu le­ben. Es paß­te zu der gan­zen
Art von Exis­tenz, die er führ­te. Er wür­de sich nicht be­son­nen ha­ben, wenn es
un­ge­fähr­lich ge­we­sen wä­re.
    Er zer­riß ihn. Den Zehn-Mark-Schein auch. Die Schlüs­sel
Haa­kes, den Re­vol­ver und die Quit­tung für den Kof­fer be­hielt er. Er woll­te
über­le­gen, ob er den Kof­fer ab­ho­len soll­te, um je­de Spur in Pa­ris zu
ver­wi­schen. Die Ho­tel­quit­tung hat­te er ge­fun­den und zer­ris­sen.
    Er ver­brann­te al­les. Es dau­er­te län­ger, als er dach­te,
aber er hat­te Zei­tungs­pa­pier, um die Stof­fet­zen zu ver­bren­nen. Die Asche
streu­te er in den Bach. Dann un­ter­such­te er den Wa­gen auf Blut. Es war nichts
zu fin­den. Er wusch den Ham­mer und den Eng­län­der sorg­fäl­tig und pack­te das
Werk­zeug zu­rück in den Kof­fer­raum. Er wusch sei­ne Hän­de, so gut es ging, hol­te
ei­ne Zi­ga­ret­te her­vor und blieb ei­ne Wei­le sit­zen und rauch­te.
    Die Son­ne schi­en schräg durch die ho­hen Bu­chen. Ra­vic saß
und rauch­te. Er war leer und dach­te an nichts.
    Erst als er wie­der in die Stra­ße zum Schloß
ein­schwang, dach­te er an Sy­bil. Das Schloß stand weiß im hel­len Som­mer un­ter
dem ewi­gen Him­mel des acht­zehn­ten Jahr­hun­derts. Er dach­te plötz­lich an Sy­bil,
und zum ers­ten­mal seit da­mals ver­such­te er nicht, Wi­der­stand zu leis­ten und es
bei­sei­te zu schie­ben und zu un­ter­drücken. Er war in sei­nen Er­in­ne­run­gen nie
wei­ter­ge­kom­men als bis zu dem Tag, als Haa­ke sie hat­te her­ein­füh­ren las­sen. Er
war nie wei­ter­ge­kom­men, als bis zu dem Grau­en und der wahn­sin­ni­gen Angst in
ih­rem Ge­sicht. Al­les an­de­re war aus­ge­löscht wor­den da­von. Und er war nie
wei­ter­ge­kom­men als bis zu der Nach­richt, daß sie sich er­hängt hat­te. Er hat­te
es nie

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