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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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fie­len
end­lich hin­ab. Haa­kes Tod hat­te den Tod aus Sy­bils Ge­sicht ge­löst – es leb­te
einen Au­gen­blick und fing dann an, un­deut­lich zu wer­den. Es konn­te end­lich
ru­hig wer­den, und es sank zu­rück; es wür­de nun nie wie­der­kom­men, Pap­peln und
Lin­den be­gru­ben es sanft, und dann war noch der Som­mer da und Bie­nen­ge­summ und
ei­ne kla­re, star­ke, über­wach­te Mü­dig­keit, als hät­te er vie­le Näch­te nicht
ge­schla­fen und wür­de nun sehr lan­ge oder nie mehr schla­fen.
    Er ließ den Tal­bot in der Rue Pon­ce­let ste­hen. Im
Au­gen­blick, als der Mo­tor schwieg und er aus­stieg, fühl­te er, wie mü­de er war.
Es war nicht mehr die ge­lös­te Mü­dig­keit der Fahrt, es war ein hoh­les, lee­res
Nur-Schla­fen-Wol­len. Er ging zum »In­ter­na­tio­nal«, und es mach­te ihm Mü­he, zu
ge­hen. Die Son­ne lag wie ein Bal­ken auf sei­nem Nacken. Er dach­te dar­an, daß er
sein Ap­par­te­ment im »Prin­ce de Gal­les« auf­ge­ben muß­te. Er hat­te es ver­ges­sen.
Er war so mü­de, daß er einen Au­gen­blick über­leg­te, ob er es nicht spä­ter tun
soll­te. Dann zwang er sich und fuhr mit ei­nem Ta­xi zum »Prin­ce de Gal­les«. Er
ver­gaß fast, als er sei­ne Rech­nung be­zahlt hat­te, sei­nen Kof­fer ho­len zu
las­sen.
    Er war­te­te in der küh­len Hal­le. Rechts, in der Bar, sa­ßen
ein paar Leu­te und tran­ken Mar­ti­nis. Er schlief fast ein, bis der Ge­päck­trä­ger
kam. Er gab ihm ein Trink­geld und nahm ein Ta­xi. »Zum Ga­re de l’Est«, sag­te er.
Er sag­te es so laut, daß der Por­tier und der Trä­ger es deut­lich hö­ren konn­ten.
    An der Ecke der Rue de la Boëtie ließ er hal­ten. »Ich
ha­be mich um ei­ne Stun­de ge­irrt«, sag­te er zu dem Ta­xichauf­feur. »Bin zu früh.
Hal­ten Sie hier vor dem Bistro.«
    Er zahl­te, nahm sei­nen Kof­fer, ging zu dem Bistro und sah
das Ta­xi ver­schwin­den. Er ging zu­rück, nahm ein an­de­res und fuhr zum »In­ter­na­tio­nal«.
    Nie­mand war un­ten au­ßer ei­nem Jun­gen, der schlief. Es war
zwölf Uhr. Die Pa­tron­ne war beim Mit­tages­sen. Ra­vic trug den Kof­fer zu sei­nem
Zim­mer. Er zog sich aus und dreh­te die Brau­se an. Er wusch sich lan­ge und
gründ­lich. Dann rieb er sich mit Al­ko­hol ab. Es mach­te ihn fri­scher. Er
ver­stau­te den Kof­fer und ver­sorg­te die Sa­chen, die dar­in wa­ren. Er zog fri­sche
Wä­sche und einen an­de­ren An­zug an und ging hin­un­ter zu Mo­ro­sow.
    »Ich woll­te ge­ra­de zu dir«, sag­te Mo­ro­sow. »Heu­te ist
mein frei­er Tag. Wir kön­nen im ›Prin­ce de Gal­les‹ …« Er ver­stumm­te und sah
Ra­vic ge­nau­er an.
    »Nicht mehr nö­tig«, sag­te Ra­vic.
    Mo­ro­sow sah ihn an. »Er­le­digt«, sag­te Ra­vic. »Heu­te
mor­gen. Frag mich nicht. Ich will schla­fen.«
    »Brauchst du noch was?«
    »Nichts. Al­les Er­le­digt. Glück.«
    »Wo ist der Wa­gen?«
    »Rue Pon­ce­let. Al­les in Ord­nung.«
    »Nichts wei­ter zu tun?«
    »Nichts. Ha­be plötz­lich ver­damm­te Kopf­schmer­zen. Will
schla­fen. Ich kom­me spä­ter ’run­ter.«
    »Gut. Ist nichts mehr zu er­le­di­gen?«
    »Nein«, sag­te Ra­vic. »Nichts mehr, Bo­ris. Es war
ein­fach.«
    »Du hast nichts ver­ges­sen?«
    »Ich glau­be nicht. Nein. Ich kann das jetzt nicht noch
ein­mal durch­kau­en. Muß erst schla­fen. Spä­ter. Bleibst du hier?«
    »Na­tür­lich«, sag­te Mo­ro­sow.
    »Gut. Ich kom­me dann her­un­ter.«
    Ra­vic ging zu­rück in sein Zim­mer. Er hat­te auf ein­mal
schwe­re Kopf­schmer­zen. Er stand ei­ne Wei­le am Fens­ter. Un­ter ihm schim­mer­ten
die Li­li­en des Emi­gran­ten Wie­sen­hoff. Ge­gen­über die graue Wand mit den lee­ren
Fens­tern. Es war al­les zu En­de. Es war rich­tig und gut und muß­te so sein, aber
es war zu En­de, und da war kein Wei­ter mehr. Es war nichts mehr da. Nichts mehr
von ihm. Mor­gen war sein Na­me oh­ne Sinn. Steil vor sei­nem Fens­ter fiel der Tag
ab.
    Er zog sich aus und wusch sich noch ein­mal. Er ließ sei­ne
Hän­de lan­ge im Al­ko­hol und ließ sie in der Luft trock­nen. Die Haut spann­te sich
um die Ge­len­ke der Fin­ger. Sein Kopf war schwer, und sein Ge­hirn schi­en wie
lo­se dar­in um­her­zu­rol­len. Er hol­te ei­ne In­jek­ti­onss­prit­ze und koch­te sie in
ei­nem klei­nen

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