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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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Ga­ra­gen­be­sit­zer ver­kauft.«
    »Kann sie rei­sen?«
    »Na­tür­lich. Es ist ganz gleich, was sie macht. Das Schiff
hat einen gu­ten Arzt. In New York …« Er zuck­te die Ach­seln und trank sein Glas
aus.
    Die Luft in den Ka­ta­kom­ben war schwül und tot. Der Raum
hat­te kei­ne Fens­ter. Un­ter der ver­staub­ten, künst­li­chen Pal­me saß ein al­tes
Ehe­paar. Sie wa­ren völ­lig ver­sun­ken in ei­ne Trau­rig­keit, die sie wie ei­ne Mau­er
um­stand. Sie sa­ßen re­gungs­los, Hand in Hand, und es schi­en, als könn­ten sie
sich nicht mehr er­he­ben.
    Ra­vic hat­te plötz­lich das Ge­fühl, al­ler Jam­mer der Welt
sei ein­ge­sperrt in die­sen un­ter­ir­di­schen Raum, dem das Licht fehl­te. Die
kran­ken, elek­tri­schen Bir­nen hin­gen gelb und ver­welkt an den Wän­den und mach­ten
es noch trost­lo­ser. Das Schwei­gen, das Flüs­tern, das Kra­men in den hun­dert­mal
um­ge­wen­de­ten Pa­pie­ren, das Über­zäh­len, das stum­me Da­sit­zen, die hilflo­se
Er­war­tung des En­des, das krampf­haf­te biß­chen Cou­ra­ge, das tau­send­mal
ge­de­mü­tig­te Le­ben, das nun, in die Ecke ge­drängt, ent­setzt, nicht mehr wei­ter
konn­te – er spür­te es auf ein­mal, er konn­te es rie­chen, er roch die Angst, die
letz­te, rie­sen­haf­te, schwei­gen­de Angst, er roch sie, und er wuß­te, wo er sie
vor­her ge­ro­chen hat­te – im Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger, als man die Leu­te von den
Stra­ßen, aus den Bet­ten hin­ein­ge­trie­ben hat­te und sie in den Ba­ra­cken stan­den
und dar­auf war­te­ten, was mit ih­nen ge­sche­hen wür­de.
    Am Tisch ne­ben ihm sa­ßen zwei Leu­te. Ei­ne Frau, die das
Haar in der Mit­te ge­schei­telt hat­te, und ihr Mann. Vor ih­nen stand ein Jun­ge
von un­ge­fähr acht Jah­ren. Er hat­te her­um­ge­horcht an den Ti­schen und war jetzt
her­über­ge­kom­men. »Warum sind wir Ju­den?« frag­te er die Frau.
    Die Frau ant­wor­te­te nicht.
    Ra­vic sah Mo­ro­sow an.
    »Ich muß los«, sag­te er. »Zur Kli­nik.«
    »Ich muß auch weg.«
    Sie gin­gen die Trep­pe hin­auf. »Zu­viel ist zu­viel«, sag­te
Mo­ro­sow. »Das sa­ge ich dir als ehe­ma­li­ger An­ti­se­mit.«
    Die Kli­nik war ei­ne
op­ti­mis­ti­sche An­ge­le­gen­heit nach den Ka­ta­kom­ben. Auch hier war Qual, Krank­heit
und Elend – aber hier hat­te es we­nigs­tens ei­ne Art von Lo­gik und Sinn. Man
wuß­te, wes­halb es so war und was zu tun und nicht zu tun war. Es wa­ren Fak­ten;
man konn­te sie se­hen, und man konn­te ver­su­chen, et­was da­ge­gen zu tun.
    Ve­ber saß in sei­nem Un­ter­su­chungs­zim­mer und las ei­ne
Zei­tung. Ra­vic sah ihm über die Schul­ter. »Al­ler­hand, was?« frag­te er.
    Ve­ber warf die Zei­tung auf den Bo­den. »Die­se kor­rup­te
Ban­de! Auf­hän­gen soll­te man fünf­zig Pro­zent un­se­rer Po­li­ti­ker.«
    »Neun­zig«, er­klär­te Ra­vic. »Ha­ben Sie noch et­was von der
Frau ge­hört, die bei Du­rant in der Kli­nik liegt?«
    »Sie ist in Ord­nung.«
Ve­ber griff ner­vös nach ei­ner Zi­gar­re. »Für Sie ist das ein­fach, Ra­vic. Aber
ich bin Fran­zo­se.«
    »Ich bin gar nichts. Aber ich woll­te, Deutsch­land wä­re
nur so kor­rupt wie Frank­reich.«
    Ve­ber sah auf. »Ich re­de Un­sinn. Ent­schul­di­gen Sie.« Er
ver­gaß, die Zi­gar­re an­zu­zün­den. »Es kann kei­nen Krieg ge­ben, Ra­vic! Es kann
ein­fach nicht! Es ist Ge­bell und Ge­dro­he. Im letz­ten Au­gen­blick wird noch et­was
ge­sche­hen!«
    Er schwieg ei­ne Zeit­lang. All sei­ne frü­he­re Si­cher­heit
war vor­bei. »Wir ha­ben schließ­lich noch die Ma­gi­not­li­nie«, sag­te er dann,
bei­na­he be­schwö­rend.
    »Na­tür­lich«, er­wi­der­te Ra­vic oh­ne Über­zeu­gung. Er hat­te
das tau­send­mal ge­hört. Un­ter­hal­tun­gen mit Fran­zo­sen en­de­ten meis­tens da­mit.
    Ve­ber wisch­te sich die Stirn. »Du­rant hat sein Ver­mö­gen
nach Ame­ri­ka ge­schickt. Sei­ne Se­kre­tä­rin hat es mir ge­sagt.«
    »Ty­pisch.«
    Ve­ber sah Ra­vic mit ge­hetz­ten Au­gen an. »Er ist nicht der
ein­zi­ge. Mein Schwa­ger hat sei­ne fran­zö­si­schen Pa­pie­re ge­gen ame­ri­ka­ni­sche
ein­ge­wech­selt. Gas­ton Nerée hat sein Geld in Dol­lar­no­ten in ei­nem Sa­fe. Und
Du­pont soll ein paar Sä­cke

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