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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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Un­ru­hig starr­te er in die Nacht. Es
hat­te kei­nen Zweck, den Fah­rer et­was zu fra­gen. Er fuhr mit al­ler
Kon­zen­tra­ti­on, sehr schnell und völ­lig auf die Rich­tung ach­tend. Er hat­te kei­ne
Zeit, et­was zu sa­gen. Er konn­te nur den Wa­gen her­um­wer­fen, aus­wei­chen, Un­fäl­le
ver­mei­den und se­hen, daß er sich in der un­ge­wohn­ten Dun­kel­heit nicht ver­fuhr.
Fünf­zehn Mi­nu­ten ver­lo­ren, dach­te Ra­vic. Min­des­tens fünf­zehn Mi­nu­ten.
    »Fah­ren Sie schnel­ler …«, sag­te er.
    »Ich kann nicht – oh­ne Schein­wer­fer – ab­ge­blen­det –
Luft­schutz ...«
    »Dann fah­ren Sie mit Schein­wer­fer, zum Teu­fel!« Der Mann
dreh­te die großen Lich­ter an. Ei­ni­ge Po­li­zis­ten schri­en an den Stra­ßen­e­cken.
Ein ge­blen­de­ter Renault fuhr fast in sie hin­ein. »Los – wei­ter! Ra­scher!«
    Der Wa­gen hielt mit ei­nem Ruck vor dem Haus. Der Auf­zug
war un­ten. Die Tür war of­fen. Ir­gend­wo klin­gel­te je­mand wü­tend. Der Mann hat­te
wahr­schein­lich die Tür nicht zu­ge­wor­fen, als er her­aus­ge­rannt war. Gut, dach­te
Ra­vic. Spart ein paar Mi­nu­ten.
    Der Fahr­korb kroch nach oben. Das war schon ein­mal so
ge­we­sen! Nichts war pas­siert da­mals! Nichts wür­de auch dies­mal … Der Fahr­stuhl
hielt plötz­lich. Je­mand schau­te durch das Fens­ter und öff­ne­te die Tür. »Was
soll das hei­ßen, den Auf­zug so lan­ge un­ten­zu­hal­ten?«
    Es war der Mann, der ge­klin­gelt hat­te. Ra­vic schob ihn
zu­rück und riß die Tür zu: »Gleich! Wir müs­sen erst ’rauf!«
    Der Mann drau­ßen schimpf­te. Der Auf­zug kroch wei­ter. Der
Mann vom vier­ten Stock klin­gel­te wü­tend wei­ter. Der Fahr­stuhl hielt. Ra­vic riß
die Tür auf, be­vor der Mann von un­ten Un­sinn ma­chen und den Fahr­stuhl mit ih­nen
wie­der her­un­ter­ho­len konn­te.
    Jo­an lag auf dem Bett. Sie war an­ge­zo­gen. Ein Abend­kleid,
hoch­ge­schlos­sen bis zum Hals. Sil­ber­ne, blu­ti­ge Fle­cken dar­auf. Blut auf dem
Fuß­bo­den. Da war sie ge­fal­len. Der Idi­ot hat­te sie dann aufs Bett ge­legt.
    »Ru­hig!« sag­te, Ra­vic. »Ru­hig! Al­les kommt in Ord­nung. Es
ist nicht sehr schlimm.«
    Er zer­schnitt die Ach­sel­bän­der des Abend­klei­des und
streif­te es vor­sich­tig her­un­ter. Die Brust war un­ver­letzt. Es war der Hals. Der
Kehl­kopf konn­te nicht ge­trof­fen sein; sie hät­te sonst nicht te­le­fo­nie­ren
kön­nen. Die Ar­te­rie war un­ver­letzt. »Schmer­zen?« frag­te er.
    »Ja.«
    »Sehr?«
    »Ja ...«
    »Das wird gleich vor­bei sein ...«
    Die Sprit­ze war
fer­tig. Er sah Jo­ans Au­gen. »Nichts. Nur et­was ge­gen die Schmer­zen. Sie wer­den
gleich auf­hö­ren.«
    Er setz­te die Sprit­ze an und zog sie her­aus. »Schon
fer­tig.« Er dreh­te sich nach dem Mann um. »Te­le­fo­nie­ren Sie Pas­sy 27 41.
Be­stel­len Sie ei­ne Am­bu­lanz mit zwei Trä­gern. So­fort.«
    »Was ist es?« frag­te Jo­an müh­sam.
    »Pas­sy 27 41«, sag­te Ra­vic. »So­fort! Ei­lig! Los! Neh­men
Sie das Te­le­fon!«
    »Was ist es – Ra­vic?«
    »Nichts Ge­fähr­li­ches. Aber wir kön­nen das hier nicht
nach­se­hen. Du mußt in ein Kran­ken­haus.«
    Sie sah ihn an. Ihr Ge­sicht war ver­schmiert, das Mas­ca­ra
war von den Wim­pern ge­tropft, und das Rou­ge des Mun­des war an ei­ner Sei­te
her­auf­ge­wischt. Die ei­ne Sei­te des Ge­sichts sah aus wie die ei­nes bil­li­gen
Zir­kusclowns, die an­de­re, mit dem Schwarz, das un­ter das Au­ge ge­schmiert war,
wie das ei­ner mü­den, ver­brauch­ten Hu­re. Dar­über leuch­te­te das Haar.
    »Ich will nicht ope­riert wer­den«, flüs­ter­te sie.
    »Wir wer­den das se­hen. Viel­leicht brau­chen wir es nicht.«
    »Ist es …?« Sie ver­stumm­te.
    »Nein«, sag­te Ra­vic. »Harm­los. Wir ha­ben nur al­le
In­stru­men­te drü­ben.«
    »In­stru­men­te ...«
    »Zum Un­ter­su­chen. Ich
wer­de jetzt … es tut nicht weh ...«
    Die Sprit­ze tat ih­re Wir­kung. Die Au­gen ver­lo­ren ih­re
angst­vol­le Här­te, als Ra­vic vor­sich­tig un­ter­such­te. Der Mann kam zu­rück. »Die
Am­bu­lanz kommt.«
    »Ru­fen Sie Au­teuil 13 57 an. Es ist ei­ne Kli­nik. Ich will
spre­chen.«
    Der Mann ver­schwand ge­hor­sam. »Du wirst mir hel­fen«,
flüs­ter­te

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