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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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tro­ckenen Lip­pen. »Du bist im­mer mit
mir ge­we­sen, Jo­an … im­mer ...«
    »So­no sta­ta … per­duta … sen­za di te ...«
     
    »Ich war ver­las­se­ner oh­ne dich. Du warst al­le Hel­lig­keit
und das Sü­ße und das Bit­te­re – du hast mich ge­schüt­telt, und du hast mir dich
und mich ge­ge­ben. Du hast mich le­ben ge­macht.«
    Jo­an lag ein paar Mi­nu­ten ganz still. Ra­vic be­ob­ach­te­te
sie.
    Die Glie­der wa­ren tot, al­les war tot, nur noch die Au­gen
leb­ten und der Mund und der Atem, und er wuß­te, daß die Hilfs­mus­keln der At­mung
jetzt lang­sam von der Läh­mung er­faßt wür­den; sie konn­te kaum noch spre­chen, sie
keuch­te be­reits, ih­re Zäh­ne knirsch­ten, ihr Ge­sicht ver­zerr­te sich, sie
kämpf­te. Ihr Hals war ge­krampft, sie ver­such­te noch zu spre­chen, die Lip­pen
zit­ter­ten. Rö­cheln, tie­fes, grau­en­vol­les Rö­cheln; end­lich brach der Schrei
durch. »Ra­vic«, stam­mel­te sie. »Hilf … Hilf … Jetzt!«
    Er hat­te die Sprit­ze vor­be­rei­tet ge­habt. Rasch nahm er
sie und stach sie un­ter die Haut. Sie soll­te nicht lang­sam, qual­voll lan­ge und
mit im­mer we­ni­ger und we­ni­ger Luft er­sti­cken. Sie soll­te nicht sinn­los lei­den.
Da war nur noch Schmerz vor ihr. Nichts als Schmerz. Viel­leicht für Stun­den …
    Die Au­gen­li­der zit­ter­ten. Dann wur­de sie ru­hig. Die
Lip­pen ga­ben nach. Der Atem wur­de still.
    Er zog die Vor­hän­ge zu­rück und roll­te die Ja­lou­sie auf.
Dann ging er zum Bett zu­rück. Jo­ans Ge­sicht war er­starrt und fremd.
    Er schloß die Tür und ging zum Bü­ro. Eu­ge­nie saß an ei­nem
Tisch mit Kran­ken­blät­tern. »Der Pa­ti­ent in zwölf ist tot«, sag­te er.
    Eu­ge­nie nick­te, oh­ne auf­zu­se­hen.
    »Ist Dok­tor Ve­ber in sei­nem Zim­mer?«
    »Ich glau­be.«
    Ra­vic ging den Kor­ri­dor ent­lang. Ei­ni­ge Tü­ren stan­den
of­fen. Er ging wei­ter zu Ve­bers Zim­mer.
    »Num­mer zwölf ist tot, Ve­ber. Sie kön­nen die Po­li­zei
an­ru­fen.«
    Ve­ber sah nicht auf. »Die Po­li­zei hat mehr zu tun jetzt.«
    »Was?«
    Ve­ber wies auf ei­ne Ex­tra­aus­ga­be des »Ma­tin«. Deut­sche
Trup­pen wa­ren in Po­len ein­ge­bro­chen. »Ich ha­be Nach­rich­ten vom Mi­nis­te­ri­um. Der
Krieg wird noch heu­te er­klärt wer­den.«
    Ra­vic leg­te das Blatt zu­rück.
    »Das ist es, Ve­ber.«
    »Ja. Das ist das En­de. Ar­mes Frank­reich.«
    Ra­vic saß ei­ne Wei­le. Al­les war leer. »Es ist mehr als
Frank­reich, Ve­ber«, sag­te er dann.
    Ve­ber starr­te ihn an. »Für mich ist es Frank­reich. Das
ist ge­nug.«
    Ra­vic ant­wor­te­te nicht. »Was wer­den Sie ma­chen?« frag­te
er nach ei­ner Wei­le.
    »Ich weiß nicht. Ich wer­de wohl zu mei­nem Re­gi­ment ge­hen.
Das hier …«, er mach­te ei­ne va­ge Ges­te. »Je­mand wird es über­neh­men müs­sen.«
    »Sie wer­den es be­hal­ten. Im Krieg braucht man Hos­pi­tä­ler.
Man wird Sie hier­las­sen.«
    »Ich will nicht hier­blei­ben.«
    Ra­vic sah sich um. »Dies wird mein letz­ter Tag hier sein.
Ich glau­be, es ist al­les in Ord­nung. Der Ge­bär­mut­ter­fall heilt; die Gal­len­bla­se
ist in Ord­nung; der Krebs ist aus­sichts­los; wei­te­re Ope­ra­ti­on zweck­los. Das ist
das.«
    »Warum?« frag­te Ve­ber mü­de. »Warum ist das Ihr letz­ter
Tag?«
    »Man wird uns fest­neh­men, so­bald der Krieg er­klärt ist.«
Ra­vic sah, daß Ve­ber et­was sa­gen woll­te. »Wir wol­len nicht ar­gu­men­tie­ren
dar­über. Es ist not­wen­dig. Man wird es tun.«
    Ve­ber setz­te sich in sei­nen Stuhl. »Ich weiß nichts mehr.
Viel­leicht. Viel­leicht wird man auch nicht kämp­fen. Das Land so über­ge­ben. Man
weiß nichts mehr.«
    Ra­vic stand auf. »Ich kom­me abends wie­der, wenn ich noch
da bin. Um acht.«
    »Ja.«
    Ra­vic ging. Im Vor­zim­mer fand er den Schau­spie­ler. Er
hat­te ihn völ­lig ver­ges­sen ge­habt. Der Mann sprang auf. »Was ist mit ihr?«
    »Sie ist tot.«
    Der Mann starr­te ihn
an. »Tot?« Er griff mit ei­ner tra­gi­schen Be­we­gung nach sei­nem Her­zen und
tau­mel­te. Ver­damm­ter Ko­mö­di­ant, dach­te Ra­vic. Er hat­te wohl so et­was Ähn­li­ches
ge­spielt, daß er in ei­ne Rol­le zu­rück­fiel, als es ihm selbst pas­sier­te. Aber
viel­leicht war er auch ehr­lich, und die

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