E.M. Remarque
Schluß des Romans deutlich. Es geht um die Tötung Haakes und den Tod der
Geliebten des aus seiner Apathie erwachenden Widerständlers Ravic.
Nach Vollendung der Tat ist Ravic »leicht und gelöst«,
»als wenn ein Schloß von der Vergangenheit abgefallen wäre«. Es ist ihm
gelungen, dem »roten Nebel unfähiger Rachehoffnung zu entkommen«. Er kann
wieder Mensch sein und die einfachen Freuden sinnlicher Wahrnehmung und das
Gefühl, eins mit der Welt zu sein, artikulieren:
Die Landschaft glitt vorüber, Prozessionen von
Pappeln reckten ihren fackelhaften, grünen Jubel aufwärts, Felder mit Mohn und
Kornblumen breiteten sich aus, aus den Bäckereien der kleinen Dörfer roch es
nach frischem Brot, und aus dem Schulhaus sangen Kinderstimmen zu einer Geige.
Erst durch diese Tat kann Ravic/Fresenburg sich von dem
entsetzlichen Trauma der Schuld am Tod seiner Geliebten Sybil befreien. Sie war
allein durch ihn in die tödliche Gestapo-Maschinerie gelangt. In seiner
verdrängten Erinnerung, deren Emporsteigen zur Oberfläche er krampfhaft mit
Calvados und anderen Schnäpsen zu betäuben versucht, kann nun endlich die
unwiderruflich Tote Ruhe finden.
Etwas war gelöst, eine Barrikade war weggeräumt,
das starre Bild des Entsetzens begann sich zu bewegen, es war nicht mehr
festgefroren wie all die Jahre. Der verzerrte Mund fing an, sich zu schließen,
die Augen verloren ihre Starrheit, und sanft kehrte das Blut in das kalkweiße
Gesicht zurück. Es war nicht mehr eine starre Maske der Furcht – es wurde
wieder Sybil, die er kannte, die mit ihm gelebt hatte, deren zärtliche Brüste
er gefühlt hatte und die durch zwei Jahre seines Lebens geweht war wie ein
Juniabend.
Auf diese Weise beginnen die in ihm »verbrannten Äcker«
wieder zu »grünen«. Denn: «Haakes Tod hatte den Tod aus Sybils Gesicht gelöst.«
In Arc de Triomphe erlebt Ravic die Liebe zu Joan
Madou, die ihm tiefe Erfüllung bringt, obgleich er Joan nicht halten kann. Wie
fast immer in Remarques Romanen löst sich das Liebesproblem auf schmerzliche
Weise, durch den Tod der Protagonistin. Aber um noch einmal zu verdeutlichen,
daß die politisch-zeitgeschichtliche Struktur des Romans mit dem persönlichen
und politischen Motiv der Rache an Haake gleichrangig neben der
traurigmelancholischen, zeitweise auch jubelnden Liebesgeschichte steht, sei
noch auf zwei Zitate verwiesen:
Er hatte Rache gehabt und Liebe. Das war genug.
Es war nicht alles, aber es war so viel, wie ein Mann verlangen konnte. Er
hatte beides nicht mehr erwartet. Und er hatte Haake getötet und Paris nicht
verlassen. Er würde es nicht mehr verlassen. (S. 404-405) Er hatte einen
Menschen geliebt und ihn verloren. Er hatte einen anderen gehaßt und ihn
getötet. Beide hatten ihn befreit. Der eine hatte sein Gefühl wieder aufbrechen
lassen, der andere seine Vergangenheit ausgelöscht. Es war nichts
zurückgeblieben, was unerfüllt war … kein Haß und keine Klage … Die Aschen
waren ausgeräumt, paralysierte Stellen lebten wieder, aus Zynismus war Stärke
geworden. Es war gut.
Ravic entschließt sich, nicht weiterzufliehen. Er stellt sich
der Deportation in ein französisches Konzentrationslager mit der Würde des
Exilanten. Dem verhörenden Beamten, der ihn darauf hinweist, daß er bestraft
werden wird, weil er in Paris richtig gemeldet ist, schleudert er entgegen: »Darauf
bin ich stolz. Wenn Menschlichkeit bestraft wird, nur immer zu.«
Mit seinem Freund Morosow verabredet sich Ravic »nach dem
Krieg bei Fouget’s«, ihrem Lieblingslokal an den Champs-Elysées in Paris. Ravic
bezeichnet sie beide als »heroische Rotzidioten«.
Der Schluß des Romans macht die neu
Weitere Kostenlose Bücher