E.M. Remarque
habe
dich deshalb soeben zum Obersten befördert. Soviel ich weiß, warst du nur ein
armseliger Oberstleutnant. Schien mir unerträglich, daß du nicht den gleichen
militärischen Rang wie dieser Gomez haben solltest.«
»Rede nicht, Knabe. Ich habe die Aljechinische Variante
über den Unterbrechungen verpfuscht. Dieser Läufer scheint verloren zu sein.«
Morosow sah auf. »Mein Gott, da kommt schon wieder einer. Ein anderer Adjutant.
Was für ein Volk!«
»Das ist der Oberst Gomez selbst.« Ravic lehnte sich
behaglich zurück. »Dies wird eine Diskussion zwischen zwei Obersten.«
»Eine kurze, mein Sohn.«
Der Oberst war noch förmlicher als Navarro. Er
entschuldigte sich bei Morosow wegen des Irrtums seines Adjutanten. Die
Entschuldigung wurde entgegengenommen. Gomez lud nun, da alle Schwierigkeiten
überstanden waren, äußerst zeremoniell ein, als Zeichen der Versöhnung
gemeinsam das Glas auf Franco zu trinken. Diesmal lehnte Ravic ab.
»Aber als verbündeter Deutscher …« Der Oberst war
sichtlich verwirrt.
»Oberst Gomez«, sagte Ravic, der allmählich ungeduldig
wurde, »lassen wir die Situation, wie sie ist. Trinken Sie, auf wen Sie wollen,
und ich spiele Schach.«
Der Oberst versuchte nachzudenken. »Dann sind Sie also
ein ...«
»Besser, Sie stellen nichts fest«, unterbrach Morosow
ihn. »Führt nur zu Streitigkeiten.«
Gomez wurde immer verwirrter.
»Aber Sie, als Weißrusse und zaristischer Offizier,
müßten doch gegen ...«
»Wir müssen gar nichts. Wir sind veraltete Kreaturen. Wir
haben verschiedene Meinungen und schlagen uns trotzdem nicht die Schädel ein.«
Gomez schien endlich ein Licht aufzugehen. Er straffte
sich. »Ich sehe«, erklärte er schneidend. »Verweichlichte, demokratische ...«
»Mein Lieber«, sagte Morosow plötzlich gefährlich.
»Verschwinden Sie! Sie hätten schon vor Jahren verschwunden sein sollen. Nach
Spanien. Um zu kämpfen. Statt dessen kämpfen Deutsche und Italiener da für Sie.
Adieu!«
Er stand auf. Gomez trat einen Schritt zurück. Er starrte
Morosow an. Dann machte er abrupt kehrt und ging zu seinem Tisch zurück.
Morosow setzte sich wieder. Er seufzte und klingelte dem Serviermädchen.
»Bringen Sie uns zwei doppelte Calvados, Clarisse.«
Clarisse nickte und verschwand. »Brave, soldatische
Seelen.« Ravic lachte. »Einfacher Verstand und komplizierte Ehrbegriffe. Erschweren
das Leben, wenn man betrunken ist.«
»Das sehe ich. Da kommt bereits der nächste. Das ist ja
eine Prozession. Wer ist es diesmal? Franco selbst?«
Es war Navarro. Er hielt zwei Schritte vor dem Tisch und
adressierte Morosow. »Oberst Gomez bedauert, Ihnen keine Forderung überbringen
zu können. Er verläßt Paris diese Nacht.
Außerdem ist seine Mission zu wichtig, um mit der Polizei
Schwierigkeiten zu haben.« Er wandte sich an Ravic. »Oberst Gomez schuldet
Ihnen noch das Honorar für Ihre Konsultation.« Er warf eine zusammengefaltete
Fünf-Frank-Note auf den Tisch und wollte kehrtmachen.
»Einen Augenblick«, sagte Morosow. Clarisse stand gerade
neben ihm mit dem Tablett. Er nahm das Glas Calvados, betrachtete es kurz,
schüttelte den Kopf und stellte es zurück. Dann nahm er eines der Wassergläser
vom Tablett und schüttete es Navarro ins Gesicht. »Das ist, um Sie nüchtern zu
machen«, erklärte er ruhig. »Merken Sie sich künftig, daß man Geld nicht wirft.
Und nun fort mit Ihnen, Sie mittelalterlicher Idiot.«
Navarro stand überrascht. Er trocknete sich das Gesicht
ab. Die anderen Spanier kamen heran. Es waren vier. Morosow erhob sich langsam.
Er überragte die Spanier um mehr als einen Kopf. Ravic blieb sitzen. Er sah
Gomez an. »Machen Sie sich nicht lächerlich«,
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