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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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wür­de.
    »Sechs Wo­chen?« Sechs Wo­chen kein Ver­dienst. Ins
Hos­pi­tal? »Muß ich ins Hos­pi­tal?«
    »Wir wer­den se­hen. Viel­leicht kön­nen wir dich spä­ter zu
Hau­se be­han­deln – wenn du ver­sprichst ...«
    »Ich ver­spre­che al­les! Nur nicht ins Hos­pi­tal!«
    »Zu­erst mußt du hin­ein. Es geht nicht an­ders.«
    Das Mäd­chen starr­te Ra­vic an. Das Hos­pi­tal war bei al­len
Hu­ren ge­fürch­tet. Die Auf­sicht dort war sehr streng. Aber es war an­ders
un­mög­lich. Zu Hau­se wür­den sie, trotz al­ler Ver­spre­chun­gen, nach ein paar Ta­gen
heim­lich aus­ge­hen und sich Män­ner su­chen, um sich et­was zu ver­die­nen, und sie
an­ste­cken.
    »Die Ma­da­me zahlt die Kos­ten«, sag­te Ra­vic.
    »Aber ich! Ich! Sechs Wo­chen oh­ne Ver­dienst. Und ich ha­be
mir ge­ra­de einen Sil­ber­fuchs auf Ab­zah­lung ge­kauft. Die Ra­te ver­fällt dann, und
al­les ist weg.«
    Sie wein­te. »Komm, Mar­the«, sag­te Ro­lan­de.
    »Sie neh­men mich nicht wie­der! Ich weiß es!« Mar­the
schluchz­te stär­ker. »Sie neh­men mich nicht wie­der nach­her! Sie tun das nie!
Dann muß ich auf die Stra­ße. Und al­les we­gen die­sem glat­ten Hund ...«
    »Wir neh­men dich wie­der. Du warst gu­tes Ge­schäft. Die
Kun­den mö­gen dich.«
    »Wirk­lich?« Mar­the sah auf.
    »Na­tür­lich. Und nun komm.«
    Mar­the ging mit Ro­lan­de hin­aus. Ra­vic sah ihr nach. Sie
wür­de nicht wie­der­kom­men. Ma­da­me war viel zu vor­sich­tig. Ih­re nächs­te Etap­pe
wa­ren viel­leicht noch die bil­li­gen Bor­del­le an der Rue Blon­del. Dann die
Stra­ße. Dann Koks, Hos­pi­tal, Blu­men oder Zi­ga­ret­ten­han­del. Oder, wenn sie Glück
hat­te, ein Louis, der sie prü­gel­te, aus­nutz­te und sie spä­ter ’raus­schmiß.
    Der Spei­se­saal des Hôtels In­ter­na­tio­nal lag un­ter der
Er­de. Die Be­woh­ner nann­ten ihn des­halb die Ka­ta­kom­be. Er be­kam tags­über et­was
trü­bes Licht durch ei­ni­ge di­cke Milchglas­schei­ben, die einen Teil des Ho­fes
bil­de­ten; im Win­ter muß­te er den gan­zen Tag er­leuch­tet wer­den. Der Raum war
gleich­zei­tig Rauch­zim­mer, Schreib­zim­mer, Hal­le, Ver­samm­lungs­raum und die
Ret­tung der Emi­gran­ten, die kei­ne Pa­pie­re hat­ten – sie konn­ten, wenn die
Po­li­zei kon­trol­lier­te, durch ihn zum Hof in ei­ne Ga­ra­ge und von dort auf die
ge­gen­über­lie­gen­de Stra­ße ent­kom­men.
    Ra­vic saß mit dem Por­tier des Nacht­klubs Sche­herazade,
Bo­ris Mo­ro­sow, in ei­ner Ecke der Ka­ta­kom­be, die von der Wir­tin der Pal­men­raum
ge­nannt wur­de; ei­ne jam­mer­vol­le Pal­me in ei­nem Ma­jo­lika­kü­bel auf ei­nem
dünn­bei­ni­gen Tisch­chen fris­te­te dort ihr Le­ben. Mo­ro­sow leb­te seit fünf­zehn
Jah­ren in Pa­ris. Er war ein Re­fu­gié vom ers­ten Welt­krieg, ei­ner der we­ni­gen
Rus­sen, die nicht in Gar­de­re­gi­men­tern ge­dient ha­ben woll­ten und die nicht über
ih­re ad­li­ge Fa­mi­lie spra­chen.
    Sie spiel­ten Schach. Die Ka­ta­kom­be war leer, bis auf
einen Tisch, an dem ei­ni­ge Leu­te sa­ßen und tran­ken und laut re­de­ten und al­le
paar Mi­nu­ten einen Toast aus­brach­ten.
    Mo­ro­sow sah sich är­ger­lich um. »Kannst du mir er­klä­ren,
Ra­vic, warum hier heu­te abend so ein Ra­dau ist? Warum ge­hen die­se Emi­gran­ten
nicht schla­fen?«
    Ra­vic lach­te. »Die­se Emi­gran­ten da in der Ecke ge­hen mich
nichts an. Das ist die fa­schis­ti­sche Sek­ti­on des Ho­tels.«
    »Spa­ni­en? Da warst du doch auch?«
    »Ja, aber auf der an­de­ren Sei­te. Au­ßer­dem als Arzt. Das
da sind spa­ni­sche Mon­ar­chis­ten, fa­schis­tisch ver­brämt. Der Rest der
Ge­sell­schaft; die an­de­ren sind längst drü­ben. Die­se konn­ten sich noch nicht ganz
ent­schlie­ßen. Fran­co war ih­nen nicht fein ge­nug. Die Moh­ren, die die Spa­nier
schlach­te­ten, ha­ben sie na­tür­lich nicht ge­stört.«
    Mo­ro­sow stell­te sei­ne Fi­gu­ren auf. »Fei­ern dann
wahr­schein­lich das Massa­ker von Guer­ni­ca. Oder den Sieg ita­lie­ni­scher und deut­scher
Ma­schi­nen­ge­weh­re über Berg­ar­bei­ter und Bau­ern. Ha­be die Brü­der noch nie hier
ge­se­hen.«
    »Sie sind seit Jah­ren hier. Du siehst sie nicht, weil du
nie hier ißt.«
    »Ißt du

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