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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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ge­quält. «Laßt doch den Un­sinn!»
    «Hör
zu», er­wi­de­re ich. «Ich will nicht, daß du ver­stüm­melt wirst. Du wür­dest dann
emo­tio­nell ge­win­nen, aber see­lisch stark ver­lie­ren, und dei­ne Ly­rik wür­de
schlecht da­bei fah­ren. Ich ha­be hier ei­ne Ta­schen-Na­gel­fei­le, klein, hand­lich,
ge­macht für den adret­ten Le­be­mann, der im­mer ele­gant sein muß. Steck sie ein.
Hal­te sie in der hoh­len Hand ver­bor­gen oder ver­ste­cke sie in der Ma­trat­ze,
be­vor es los­geht. Wenn du merkst, daß es zu ge­fähr­lich wird, ge­nügt ein
klei­ner, un­ge­fähr­li­cher Stich in den Hin­tern Frit­zis. Es braucht kein Blut
da­bei zu flie­ßen. Je­der Mensch läßt los, wenn er ge­sto­chen wird, so­gar von
ei­ner Mücke, und greift nach dem Or­te des Stichs, das ist ein Grund­ge­setz der
Welt. In der Zwi­schen­zeit ent­kommst du.»
    Ich
neh­me ein rot­le­der­nes Ta­sche­ne­tui her­vor, in dem ein Kamm und ei­ne Na­gel­fei­le
ste­cken. Es ist noch ein Ge­schenk Er­nas, der Ver­rä­te­rin. Der Kamm ist aus
si­mu­lier­tem Schild­patt. Ei­ne Wel­le spä­ter Wut steigt in mir auf, als ich ihn
her­aus­neh­me. «Gib mir auch den Kamm», sagt Ot­to.
    «Da­mit
kannst du nicht nach ihr ha­cken, du un­schul­di­ger Sa­tyr», er­klärt Hun­ger­mann.
«Das ist kei­ne Waf­fe im Kampf der Ge­schlech­ter. Er zer­bricht an ge­ball­tem
Mä­na­den­fleisch.»
    «Ich
will da­mit nicht ha­cken. Ich will mich nach­her da­mit käm­men.»
    Hun­ger­mann
und ich se­hen uns an. Bam­buss scheint uns nicht mehr zu glau­ben. «Hast du ein
paar Ver­bandspäck­chen bei dir?» fragt Hun­ger­mann mich.
    «Die
brau­chen wir nicht. Die Puff­mut­ter hat ei­ne gan­ze Apo­the­ke.»
    Bam­buss
bleibt wie­der ste­hen. «Das ist doch al­les Un­sinn! Aber wie ist es mit den
Ge­schlechts­krank­hei­ten?»
    «Es
ist heu­te Sonn­abend. Al­le Da­men sind heu­te nach­mit­tag un­ter­sucht wor­den. Kei­ne
Ge­fahr, Ot­to.»
    «Ihr
wißt al­les, was?»
    «Wir
wis­sen das, was zum Le­ben nö­tig ist», er­wi­dert Hun­ger­mann. «Das ist ge­wöhn­lich
et­was ganz an­de­res, als man in Schu­len und Er­zie­hungs­in­sti­tu­ten lehrt. Des­halb
bist du so ein Uni­kum, Ot­to.»
    «Ich
bin zu fromm er­zo­gen wor­den», seufzt Bam­buss. «Ich bin mit der Angst vor der
Höl­le und der Sy­phi­lis groß ge­wor­den. Wie kann man da bo­den­stän­di­ge Ly­rik
ent­wi­ckeln?»
    «Du
könn­test hei­ra­ten.»
    «Das
ist mein drit­ter Kom­plex. Angst vor der Ehe. Mei­ne Mut­ter hat mei­nen Va­ter
ka­putt­ge­macht. Durch nichts als Wei­nen. Ist das nicht merk­wür­dig?»
    «Nein»,
sa­gen Hun­ger­mann und ich uni­so­no und schüt­teln uns dar­auf die Hand. Es be­deu­tet
sie­ben wei­te­re Jah­re Le­ben. Schlecht oder gut, Le­ben ist Le­ben – das merkt man
erst, wenn man ge­zwun­gen wird, es zu ris­kie­ren.
    Be­vor
wir in das trau­lich wir­ken­de Haus mit sei­nen Pap­peln, der ro­ten La­ter­ne und den
blü­hen­den Ge­ra­ni­en am Fens­ter ein­tre­ten, stär­ken wir uns durch ein paar
Schlu­cke Schnaps. Wir ha­ben ei­ne Fla­sche mit­ge­bracht und las­sen sie reihum
ge­hen. So­gar Eduard, der mit sei­nem Opel vor­ge­fah­ren ist und auf uns ge­war­tet
hat, trinkt mit; es ist sel­ten, daß er et­was um­sonst be­kommt, und so ge­nießt er
es. Der glei­che Schluck, den wir jetzt zu et­wa zehn­tau­send Mark Selbst­kos­ten
das Glas trin­ken, wird in ei­ner Se­kun­de im Puff vier­zig­tau­send kos­ten – des­halb
ha­ben wir die Fla­sche bei uns. Bis zur Tür­schwel­le le­ben wir spar­sam – da­nach
sind wir in den Hän­den der Ma­da­me.
    Ot­to
ist an­fangs stark ent­täuscht. Er hat statt der Gast­stu­be ei­ne ori­en­ta­li­sche
Sze­ne­rie er­war­tet, mit Leo­par­den­fel­len, Mo­schee-Am­peln und schwe­rem Par­füm;
statt des­sen sind die Da­men zwar leicht be­klei­det, nä­hern sich aber mehr dem
Dienst­mäd­chen­typ. Er fragt mich lei­se, ob es kei­ne Ne­ge­rin­nen oder Kreo­lin­nen
gä­be. Ich zei­ge auf ein dür­res, schwarz­haa­ri­ges Ding. «Die dort hat
Kreo­len­blut. Sie kommt frisch aus dem Zucht­haus. Hat ih­ren Mann er­mor­det.»
    Ot­to
be­zwei­felt es. Er wird erst mun­ter, als das Ei­ser­ne Pferd ein­tritt. Es ist ei­ne
im­po­san­te

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