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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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fragt
Wil­ke.
    «Ja.»
    «Am
sel­ben Tag?»
    «Am
sel­ben Tag.»
    Wil­kes
In­ter­es­se an den Merk­wür­dig­kei­ten des Da­seins ist aufs neue ent­facht. «In zwei
ver­schie­de­nen Kir­chen na­tür­lich?»
    «Na­tür­lich»,
sa­ge ich sehr un­ge­dul­dig. «Wo sonst? Und nun ...»
    «Aber
wie konn­ten Sie sie aus­ein­an­der­hal­ten?» un­ter­bricht Wil­ke mich. «Ich mei­ne, all
die Zeit? Wa­ren es ähn­li­che Zwil­lin­ge?»
    «Ja»,
sagt die Frau. «Wie ein Ei dem an­dern.»
    «Das
eben mei­ne ich! Wie kann man das aus­ein­an­der­hal­ten, be­son­ders, wenn sie so
klein sind? Konn­ten Sie das? Ge­ra­de in den ers­ten Ta­gen, wenn al­les
durch­ein­an­der­geht?»
    Die
Frau schweigt.
    «Das
ist doch jetzt egal», er­klä­re ich und ma­che Wil­ke ein Zei­chen, auf­zu­hö­ren.
    Doch
Wil­ke hat die un­sen­ti­men­ta­le Neu­gier des Wis­sen­schaft­lers. «Das ist gar nicht
egal», er­wi­dert er. «Sie müs­sen ja be­er­digt wer­den! Der ei­ne ka­tho­lisch, der
an­de­re evan­ge­lisch. Wis­sen Sie, wel­cher ka­tho­lisch ist?»
    Die
Frau schweigt. Wil­ke er­hitzt sich an sei­nem The­ma.
    «Glau­ben
Sie, daß Sie die Be­er­di­gung zur glei­chen Zeit ma­chen dür­fen? Wenn Sie einen
Dop­pel­sarg ha­ben, müs­sen Sie das ja. Dann müß­ten ja auch zwei Pfar­rer am Gra­be
sein, ein ka­tho­li­scher und ein evan­ge­li­scher! Das ma­chen die si­cher nicht! Die
sind ei­fer­süch­ti­ger auf den lie­ben Gott als wir auf un­se­re Frau­en.»
    «Wil­ke,
das geht Sie doch al­les nichts an», sa­ge ich und ge­be ihm un­ter dem Tisch einen
Fuß­tritt.
    «Und
die Zwil­lin­ge», ruft Wil­ke, oh­ne mich zu be­ach­ten.
    «Der
ka­tho­li­sche wür­de dann ja gleich­zei­tig evan­ge­lisch be­er­digt wer­den und der
evan­ge­li­sche ka­tho­lisch! Stel­len Sie sich das Durch­ein­an­der vor! Nein, Sie
wer­den mit dem Dop­pel­sarg nicht durch­kom­men! Zwei Ein­zel­sär­ge, das wird es sein
müs­sen! Dann hat je­de Re­li­gi­on ih­ren. Die Geist­li­chen kön­nen ein­an­der dann den
Rücken dre­hen und sie so ein­seg­nen.»
    Wil­ke
stellt sich of­fen­bar vor, daß ei­ne Re­li­gi­on Gift für die an­de­re sei. «Ha­ben Sie
schon mit den Pries­tern ge­spro­chen?» fragt er.
    «Das
tut mein Mann», sagt die Frau.
    «Da
bin ich doch wirk­lich neu­gie­rig ...»
    «Wol­len
Sie den Dop­pel­sarg ma­chen?» fragt die Frau.
    «Ma­chen
schon, aber ich sa­ge Ih­nen ...»
    «Was
kos­tet er?» fragt die Frau.
    Wil­ke
kratzt sich den Schä­del. «Wann muß er fer­tig sein?»
    «So
bald wie mög­lich.»
    «Dann
muß ich die Nacht durch­ar­bei­ten. Über­stun­den. Er muß ex­tra an­ge­fer­tigt wer­den.»
    «Was
kos­tet er?» fragt die Frau.
    «Ich
wer­de es Ih­nen bei der Ab­lie­fe­rung sa­gen. Ich ma­che es bil­lig, der Wis­sen­schaft
we­gen. Ich kann ihn nur nicht zu­rück­neh­men, wenn er Ih­nen ver­bo­ten wird.»
    «Er
wird nicht ver­bo­ten.»
    Wil­ke
sieht die Frau er­staunt an. «Wo­her wis­sen Sie das?»
    «Wenn
die Pries­ter sie so nicht ein­seg­nen wol­len, be­er­di­gen wir sie oh­ne Pries­ter»,
sagt die Frau hart. «Sie wa­ren im­mer zu­sam­men, und sie sol­len zu­sam­men
blei­ben.»
    Wil­ke
nickt. «Ab­ge­macht, al­so – der Sarg wird fest ge­lie­fert. Zu­rück­neh­men kann ich
ihn nicht.»
    Die
Frau zieht ein schwar­zes Le­der­por­te­mon­naie mit ei­nem Ni­ckel­schnap­per aus ih­rer
Hand­ta­sche. «Wol­len Sie ei­ne An­zah­lung?»
    «Es
ist üb­lich. Für das Holz.»
    Die
Frau sieht Wil­ke an. «Ei­ne Mil­li­on», sagt er et­was ver­le­gen.
    Die
Frau gibt ihm die Schei­ne. Sie sind klein zu­sam­men­ge­fal­tet. «Die Adres­se», sagt
sie.
    «Ich
ge­he mit», er­klärt Wil­ke. «Ich neh­me Maß. Sie sol­len einen gu­ten Sarg
be­kom­men.»
    Die
Frau nickt und sieht mich an. «Und der Stein? Wann lie­fern Sie ihn?»
    «Wann
Sie wol­len. Im all­ge­mei­nen war­tet man da­mit bis ein paar Mo­na­te nach der
Be­er­di­gung.»
    «Kön­nen
wir ihn nicht gleich ha­ben?»
    «Das
schon. Aber es ist bes­ser, zu war­ten. Das Grab senkt sich nach ei­ni­ger Zeit. Es
ist zweck­mä­ßi­ger, erst dann den Stein auf­zu­stel­len, sonst muß er noch ein­mal
ge­setzt wer­den.»
    «Ach
so», sagt die Frau. Ih­re Pu­pil­len schei­nen einen Au­gen­blick

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