E.M. Remarque
umklammert ihn mit beiden Armen und Beinen
wie ein Frosch, preßt sich gegen den Granit und heult.
Ich
sehe mich um. Hinter mir steht Georg in seinem purpurnen Pyjama, dahinter die
alte Frau Kroll ohne Zähne, in einem blauen Schlafrock, mit Lockenwicklern im
Haar, dahinter Heinrich, der zu meinem Erstaunen im Pyjama, ohne Stahlhelm und
Orden auftaucht. Immerhin, der Pyjama ist in den preußischen Farben gestreift,
schwarz und weiß.
«Was
ist los?» fragt Georg. «Delirium tremens? Wieder mal?»
Knopf
hat es schon ein paarmal gehabt. Er kennt weiße Elefanten, die aus der Wand
kommen, und Luftschiffe, die durch Schlüssellöcher fahren. «Schlimmer», sagt
der Mann, der der Witwe Konersmann standgehalten hat. Es ist tatsächlich
Heinrich Brüggemann, der Installateur.
«Die
Leber und die Nieren. Er glaubt, sie wären geplatzt.»
«Warum
schleppt ihr ihn dann hierher? Warum nicht zum Marienhospital?»
«Er
will nicht ins Hospital.»
Die
Familie Knopf erscheint. Voran Frau Knopf, hinter ihr die drei Töchter, alle
vier zerzaust, verschlafen und erschreckt. Knopf heult unter einem neuen Anfall
auf.
«Habt
ihr einem Arzt telefoniert?» fragt Georg.
«Noch
nicht. Wir hatten alle Hände voll zu tun, ihn hierherzubringen. Er wollte in
den Fluß springen.»
Die
vier weiblichen Knopfs bilden einen Klagechor um den Feldwebel. Heinrich ist
ebenfalls zu ihm herangetreten und versucht, ihn als Mann, Kameraden, Soldaten
und Deutschen zu beeinflussen, den Obelisken loszulassen und zu Bett zu gehen,
um so mehr, als der Obelisk unter Knopfs Gewicht schwankt. Nicht nur Knopf sei
in Gefahr durch den Obelisken, erklärt Heinrich, sondern die Firma müsse
umgekehrt auch Knopf dafür verantwortlich machen, wenn dem Obelisken etwas
passiere. Es sei wertvoller, hochpolierter S.-S.-Granit, der beim Fallen
bestimmt beschädigt würde.
Knopf
versteht ihn nicht; er wiehert mit aufgerissenen Augen wie ein Pferd, das
Geister sieht. Ich höre Georg aus dem Büro nach einem Arzt telefonieren. In
einem Abendkleid aus leicht zerknittertem weißen Satin betritt Lisa den Hof.
Sie blüht vor Gesundheit und riecht stark nach Kümmel. «Herzliche Grüße von
Gerda», sagt sie zu mir. «Du sollst dich mal melden.»
In
diesem Augenblick schießt ein Liebespaar im Galopp hinter den Kreuzen hervor
und heraus. Im Regenmantel und Nachthemd erscheint Wilke; Kurt Bach, der zweite
Freidenker, folgt in schwarzem Pyjama mit russischer Bluse und Gürtel. Knopf
heult weiter.
Gottlob
ist es nicht weit vom Hospital. Der Arzt kommt bald. Er wird in Eile
aufgeklärt. Es ist unmöglich, Knopf von dem Obelisken zu lösen. Deshalb werden
ihm von seinen Kameraden die Hosen so weit heruntergezogen, daß seine mageren
Arschbacken frei sind. Der Arzt, der aus dem Kriege schwierigere Situationen
gewöhnt ist, tupft Knopf mit einem Wattebausch ab, der in Alkohol getränkt ist,
gibt Georg eine kleine Taschenlampe und jagt eine Spritze in Knopfs grell
beleuchtetes Hinterteil. Knopf sieht sich halb um, läßt einen knatternden Furz
fahren und gleitet am Obelisken herab. Der Arzt ist zurückgesprungen, als hätte
Knopf ihn erschossen.
Die
Begleiter Knopfs heben ihn auf. Er hält den Fuß des Obelisken noch mit den
Händen fest; aber sein Widerstand ist gebrochen. Ich verstehe, daß er in seiner
Angst auf den Obelisken losgestürmt ist; er hat hier schöne, sorglose
Augenblicke ohne Nierenkoliken verbracht.
Man
bringt ihn ins Haus. «Es war zu erwarten», sagt Georg zu Brüggemann. «Wie kam
es?»
Brüggemann
schüttelt den Kopf. «Keine Ahnung. Er hatte gerade eine Wette gegen einen Mann
aus Münster gewonnen. Hatte einen Korn vom Spatenbräu und einen vom Restaurant
Blume richtig geraten. Der Mann aus Münster hatte sie im Auto geholt. Ich
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