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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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bit­ter.
    «Und
Wil­ly?»
    «Wil­ly
ist ein Schie­ber.»
    «Was
ist ein Schie­ber?»
    «Ein
Mann, der die Kon­junk­tur aus­nutzt. Der mit al­lem han­delt, von He­rin­gen bis zu
Stahl­ak­ti­en. Der Ge­schäf­te macht, wo er kann, mit was er kann, wie er kann,
wenn er nur ge­ra­de noch am Ge­fäng­nis vor­bei­kommt.»
    «Na,
siehst du!» sagt Ger­da und greift nach dem Rest der Pas­te­te.
    «Fin­dest
du, ich soll­te auch ei­ner wer­den?»
    Ger­da
zer­kracht ein Bröt­chen zwi­schen ih­ren ge­sun­den Zäh­nen. «Wer­de ei­ner oder wer­de
kei­ner. Aber är­ge­re dich nicht, wenn du kei­ner wer­den willst und die an­dern es
sind. Schimp­fen kann je­der, Schatz!»
    «Stimmt»,
sa­ge ich per­plex und plötz­lich stark er­nüch­tert. Ei­ne Men­ge Sei­fen­bla­sen
schei­nen auf ein­mal in mei­nem Ge­hirn zu plat­zen. Ich se­he Ger­da an. Sie hat
ei­ne ver­flucht rea­lis­ti­sche Art, die Din­ge zu be­trach­ten.
    «Du
hast ei­gent­lich wirk­lich recht», sa­ge ich.
    «Na­tür­lich
ha­be ich recht. Aber sieh mal, was da er­scheint: Glaubst du, das ist auch für
uns?»
    Es
ist für uns. Ein ge­bra­te­nes Huhn und Spar­gel da­zu. Ein Es­sen für
Mu­ni­ti­ons­fa­bri­kan­ten. Eduard über­wacht die Sa­che selbst. Er läßt Frei­dank
tran­chie­ren. «Die Brust für Ma­da­me», kom­man­diert er.
    «Ich
neh­me lie­ber ein Bein», sagt Ger­da.
    «Ein
Bein und ein Stück Brust für Ma­da­me», er­klärt Eduard ga­lant.
    «Im­mer
zu», er­wi­dert Ger­da. «Sie sind ein Ka­va­lier, Herr Kno­b­loch! Ich wuß­te es doch!»
    Eduard
schmun­zelt selbst­ge­fäl­lig. Ich ver­ste­he nicht, wo­zu er das gan­ze Thea­ter
auf­führt. Daß Ger­da ihm so ge­fällt, daß er der­ar­ti­ge Op­fer bringt, kann ich
nicht glau­ben; eher, daß er aus Wut über un­se­re Eß­mar­ken ver­sucht, sie mir
weg­zu­schnap­pen. Ein Ra­che­akt aus­glei­chen­der Ge­rech­tig­keit al­so.
    «Frei­dank»,
sa­ge ich. «Neh­men Sie das Ge­rip­pe von mei­nem Tel­ler. Ich es­se kei­ne Kno­chen.
Ge­ben Sie mir da­für das zwei­te Bein. Oder han­delt es sich bei eu­rem Huhn um ein
am­pu­tier­tes Kriegs­op­fer?»
    Frei­dank
schaut wie ein Schä­fer­hund auf sei­nen Herrn.
    «Das
ist doch das Leckers­te», er­klärt Eduard. «Die Brust­kno­chen sind de­li­kat zum
Ab­knab­bern.»
    «Ich
bin kein Knab­be­rer. Ich bin ein Es­ser.»
    Eduard
zuckt sei­ne di­cken Schul­tern und gibt mir zö­gernd das zwei­te Bein.
    «Möch­test
du nicht lie­ber et­was Sa­lat?» fragt er. «Spar­gel sind sehr schäd­lich für
Trun­ken­bol­de.»
    «Gib
mir die Spar­gel. Ich bin ein mo­der­ner Mensch und ha­be einen star­ken Hang zur
Selbst­zer­stö­rung.»
    Eduard
ent­schwebt wie ein Gum­mir­hi­no­ze­ros. Mir kommt plötz­lich ein Ein­fall.
«Kno­b­loch!» schnau­ze ich im Ge­ne­ral­ston Renée de la Tours hin­ter ihm her.
    Er
schießt her­um, wie von ei­ner Lan­ze in den Rücken ge­trof­fen. «Was soll das?»
fragt er mich wü­tend.
    «Was?»
    «So
zu brül­len.»
    «Brül­len?
Wer brüllt hier au­ßer dir? Oder ist es zu­viel, wenn Miß Schnei­der et­was Sa­lat
ha­ben möch­te? Dann bie­te ihn nicht vor­her an!»
    Eduards
Au­gen wer­den enorm. Man sieht einen un­ge­heu­ren Ver­dacht in ih­nen auf­stei­gen und
zur Ge­wiß­heit wer­den.
    «Sie
...» fragt er Ger­da. «Sie ha­ben mich ge­ru­fen?»
    «Wenn
Sa­lat da ist, neh­me ich ger­ne wel­chen», er­klärt Ger­da, die nicht er­rät, was
vor­geht. Eduard steht im­mer noch am Tisch. Er glaubt jetzt fest, daß Ger­da die
Schwes­ter Renée de la Tours ist. Ich kann se­hen, wie er die Le­ber­pas­te­te, das
Huhn und die Spar­gel be­reut. Er hat den Ein­druck, grau­en­haft her­ein­ge­legt zu
sein. «Es war Herr Bod­mer», sagt Frei­dank, der her­an­ge­schli­chen ist. «Ich ha­be
es ge­se­hen.»
    Aber
Frei­danks Wor­te ver­hal­len un­ge­hört bei Eduard.
    «Ant­wor­ten
Sie nur, wenn Sie ge­fragt wer­den, Kell­ner», sa­ge ich nach­läs­sig zu ihm. «Das
soll­ten Sie bei den Preu­ßen ge­lernt ha­ben! Und nun ge­hen Sie und schüt­ten Sie
wei­ter ah­nungs­lo­sen Leu­ten Gu­lasch­saft in den Nacken. Du aber, Eduard, er­klä­re
mir, ob die­ses herr­li­che Es­sen ei­ne Ein­la­dung war, oder ob du da­für un­se­re
Mar­ken kas­sie­ren

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