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Emil

Emil

Titel: Emil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dror Burstein
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Und verabscheute alle Dichterinnen. Eine dichtende Frau, meinte sie, müsse eine Nymphomanin sein. Oder eine Nutte. Einmal überfuhr sie eine Katze. Ein Junges. Sie aß auch gerne rotes Fleisch. Sie verwendete einen Lippenstift, der im Dunkeln leuchtete wie eine sprechende rote Ampel. Fast über jede Frau auf der Straße sagte sie
die kleine Fotze
. Sie hatte alte Eltern, die sie nicht leiden konnte. Aber die Erbschaft sehr wohl, usw. usw.
    Joel saß ihr im Café gegenüber. Hörte ihrem Redefluss zu. Hatte große Lust, bald mit ihr zu schlafen. Sie bemerkte, wie er ihr auf den Busen schaute. Der würde mich am liebsten gleich vernaschen, dachte sie. Alle wollen mich vernaschen. Und fragte ihn: Suchst du da was? Sie ging zu ihm nach Hause mit, und Joel sah zu, wie sie sich auszog. Da erfüllte ihn ein großes Verlangen, irgendetwas auf ihr zu zerschlagen. Ihr diese Vase auf dem Kopf zu zerschmettern. Oder einen Metallstuhl mit Schwung an ihr zu verbiegen. Sie blickte ihn an und sagte: Was bist du für ein geiler Bock, Giora. Gerschon heiße er, hatte er ihr gesagt. Sie hatte es mit Giora verwechselt. Na, zieh dich doch aus. Ihr Handy läutete. Er stürzte sich auf sie, stieß sie aufs Bett. Er ließ sie nicht antworten.
    Auf den Fingernägeln trug sie Lack mit silbernen Sternchen. Auch auf den Zehennägeln.

Lea – Joel
    An jenem Morgen hatte das Telefon geklingelt, eine Stunde etwa, nachdem sie das Haus verlassen hatte. Sie hatte Emil zur Schule gebracht und war weitergefahren, um den Baufortschritt ihrer neuen Wohnung zu begutachten. Achter Stock. Letzter Stock. Das Dachgeschoß. Wütend ging er ans Telefon, wer störte ihn da. War aber auch erschrocken, vielleicht war etwas mit dem Kind, vielleicht war ihm ein Nagel abgebrochen, wie das schon einmal passiert war.
    Man bat ihn, unverzüglich zu kommen. Die Adresse erkannte er sofort.
    An die Minuten danach erinnert er sich nicht. Wie er sich anzog, sich sogar die Zähne putzte, sich kämmte, das Gesicht wusch. Plötzlich stieg er aus dem Taxi. Plötzlich zahlte er, ohne auf das Wechselgeld zu warten. Vorbei am Rettungswagen, der vor dem Hauseingang parkte.
    Der nächste Moment, an den er sich erinnert, ist der, an dem er vor dem offenen Aufzugschacht stand. Inzwischen hatte man sie bereits geborgen. Zwei Polizisten waren damit beschäftigt, alles auszumessen und zu fotografieren. Vom Grunde des Schachts klangen Rufe zu ihnen herauf, und sie steckten den Kopf in die Öffnung, um zu antworteten. Leuchteten mit einer Stablampe hinab.
    Man hatte sie schon geborgen und auf den Betonboden gelegt.
    Neben Leas Kopf standen die Füße des Polizeiarztes. Der erzählte ihm kurz, was offensichtlich passiert war. Nach Aussage der Polizisten war sie in den Aufzug gestiegen, nachdem sie das rote Band abgenommen hatte. Darauf stand, dass es verboten war, das habe sie anscheinend nicht beachtet. Wenig später wäre der Aufzug wieder in Ordnung gewesen, der Wartungstechniker war gerade kurz hinuntergegangen … der Arzt zeigte auf den Techniker, der mit dem Rücken zu ihnen sitzend rauchte und sich dabei mit der anderen Hand das Auge rieb.
    Sie war auf der Stelle tot, sagte er bedauernd. Ein solcher Aufprall, aus dem achten Stock …
    Joel zitterte am ganzen Körper. Setzen Sie sich doch, sagte der Arzt.
    Joel setzte sich und lehnte sich an die rohe Betonwand. Aus dem Aufzug hörte man Klopfgeräusche. Es war die Metalllampe der Polizisten, die gegen die eingedrückten Seitenwände schlug.
    Ist das vielleicht ein Traum?, fragte er unvermittelt den Arzt. So etwas hatte er doch schon geträumt. Wie dass er in der Eisenbahn fährt und merkt, dass man die Brücken in die Luft gesprengt hat.
    Er betrachtete sie. Stumm lag sie auf dem Rücken. Es war nichts da, um sie zuzudecken. Es sah aus, als wäre ihr nichts zugestoßen. Nur wie versteinert war sie. Er wusste nicht, was er tun, was er denken sollte. Das Kind, dachte er, das Kind ist in der Schule. Weiß von nichts. Er vermeinte, die Pausenglocke zu hören.
    Der Arzt sagte, Gleich bringt man sie weg. Vielleicht wollen Sie ihr Lebewohl sagen? Er streckte Joel seine Hand entgegen, um ihm beim Aufstehen zu helfen.
    Angsterfüllt trat Joel näher. Die anderen wichen zurück. Die Polizisten traten aus der Aufzugkabine und schalteten die große Stablampe aus. Erst dann bemerkte Joel, dass man dem Aufzugtechniker Handschellen angelegt hatte. Es sah aus, als habe ihn jemand ins Gesicht geschlagen.
    Joel kniete sich neben sie hin. Mit bebenden

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