Emily, allein
Rundgang
Sie kamen frühmorgens, wie Zigeuner, in einer geräuschvollen Karawane - ein alter Laster mit offener Ladefläche und ein riesiger neuer Pick-up, der einen Anhänger mit Rasenmähern zog. Auf den Türen stand kein Name, was darauf hindeutete, dass der kunterbunte Trupp junger Männer, der sich vor dem Haus der Millers auf dem Gehsteig versammelte, unter der Hand bezahlt wurde. Alle hielten große Kaffeebecher in der Hand, die sie auf der Stoßstange oder auf der Heckklappe abstellten, und Emily fragte sich, wie viele davon wohl bei ihr im Gebüsch landen würden.
Sie brauchten keinerlei Anweisungen, als machten sie so etwas nicht zum ersten Mal. Zwei Leute schnallten sich Laubbläser um, stülpten sich Kopfhörer über die Baseballkappen und legten lärmend los. Zwei andere warfen die Rasenmäher an und manövrierten ihre Maschinen wie Wagenlenker über den Rasen. Das Gras war noch nass, doch das spielte anscheinend keine Rolle. Die nächsten beiden nahmen die Hecken in Angriff, ließen die Messer ihrer knatternden Heckentrimmer in weiten Bögen darübergleiten, schnitten die Vorderseite glatt und die Ecken rechtwinklig.
Obwohl Emily froh war, dass sich endlich jemand um das Grundstück kümmerte, hatten das plötzliche Auftauchen der Männer und der Lärm, den sie verbreiteten, etwas Gewalttätiges, Gartengestaltung als maschinell betriebene Kriegführung. Sie hatte friedlich vor sich hin gearbeitet, die Sonne und den Wechselgesang der Vögel genossen. Selbst Rufus hatte sich zu ihr gesellt und lag schnarchend auf dem warmen Boden der hinteren Veranda.
Sie wollte sich von diesen Leuten nicht den Morgen verderben lassen und zog sich in ihren Garten zurück, wo sie Unkraut ausrupfte, ihren Hocker immer gut einen Meter weiterrückte und sich bemühte, den dröhnenden Lärm zu ignorieren, der, als sie zu Mittag aß, plötzlich verstummte. Sie dachte, die Männer würden vielleicht ebenfalls eine Pause einlegen, aber nein, sie schoben die Rasenmäher auf den Anhänger, banden sie fest und waren um ein Uhr verschwunden.
Emily musste zugeben, dass der Garten der Millers viel besser aussah. Die ohnehin imposanten Hecken waren perfekt. Die Männer hatten die Rhododendronbüsche an der Veranda gestutzt, die Ränder der Beete abgestochen und sie mit Rotzederspänen gemulcht, was einen angenehmen Kontrast ergab. Als Emily später mit Rufus einen Spaziergang machte, sah sie, dass der Rasen aufgelockert und gedüngt worden war, und fragte sich, was das Ganze wohl kostete.
Als Nächstes kamen die Anstreicher, in einem weißen Lieferwagen mit Leitern auf dem Dach und einem Regenbogen an der Seite. Sie nahmen das Haus ein paar Tage lang in Beschlag, wurden dann von einem Klempner und der wiederum von einem Elektriker abgelöst. Eines Nachmittags bugsierten zwei Lieferanten mit einer schicken Sackkarre zwei riesige Kartons die Vordertreppe hinauf; zwanzig Minuten später schoben sie Kays alten Herd und den Kühlschrank heraus und transportierten beides ab.
Der Grund für den ganzen Aufwand wurde klar, als ein Mann in einem Kombi das REMAX-Schild aus dem Boden zog und eins von Howard Hanna aufstellte. Die Kinder hatten in der Hoffnung, das Haus schneller loszuwerden, die Immobilienfirma gewechselt.
Auf dem Schild war die Website des Maklers aufgeführt. Emily fand es seltsam, die Adresse der Millers einzugeben, obwohl sich das Haus direkt auf der anderen Straßenseite befand. PREIS HERABGESETZT! stand in der Kopfzeile. Die Fotos zeigten den gepflegten Garten und die kahlen, frisch gestrichenen Zimmer, die ohne Möbel fremd aussahen. Herd und Kühlschrank waren aus poliertem rostfreiem Stahl. Nichts deutete mehr auf Kay und Dick hin - auf die Partys mit anschließender Übernachtung und die sonntäglichen Brunches, den heißen Grog am Kamin nach dem Schlittenfahren. Man hatte sogar den Kronleuchter im Esszimmer ausgetauscht. Sie verlangten 385 000 Dollar, zwanzigtausend weniger als zuvor.
Emily war von der Zahl begeistert und zugleich bestürzt. Seit das Haus zum Verkauf stand, hatte sie sich vorgestellt, wie viel ihr eigenes Haus wert sein könnte - sinnloserweise, denn sie hatte das Sommerhaus in Chautauqua allein deshalb geopfert, um bleiben zu können, wo sie war. Warum war der Gedanke an Geld so verlockend? Es gab nichts, was sie haben wollte. Dennoch ließ ihr der Preisverfall keine Ruhe, als müsste sie die Differenz aus ihrer Tasche bezahlen. Irgendwann mussten Margaret und Kenneth das Haus verkaufen, und
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