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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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vertragen. Du bist kein Schwächling. Du sollst täglich eine Probe davon haben, wenn ich wieder so ein teuflisches Feuer in deinen Augen aufblitzen sehe.«
    Statt zu Linton kam Cathy zu mir gelaufen, kniete sich hin und legte ihren heissen Kopf laut weinend in meinen Schoß. Ihr Vetter hatte sich tief in den Lehnstuhl verkrochen und war mäuschenstill; ich glaube, er beglückwünschte sich selber, dass nicht er, sondern ein anderer die Züchtigung empfangen hatte. Als Heathcliff uns alle so verwirrt sah, erhob er sich und machte den Tee schnell selbst. Die Tassen und Untertassen standen schon da. Er goss ein und reichte mir eine Tasse. »Da, spül deinen Ärger hinunter«, sagte er, »und hilf deinem unartigen Liebling, und meinem auch. Der Tee ist nicht vergiftet, obwohl ich ihn zubereitet habe. Ich gehe hinaus und sehe nach euren Pferden.«
    Unser erster Gedanke, als er uns verlassen hatte, war, uns irgendwo einen Ausgang zu erzwingen. Wir probierten die Küchentür: sie war von aussen verschlossen; wir betrachteten die Fenster: sie waren selbst für Cathys zarte Gestalt zu schmal.
    »Master Linton«, schrie ich, als ich sah, dass wir regelrecht gefangen waren, »Sie wissen, was Ihr teuflischer Vater vorhat, und Sie werden es uns sagen, sonst werde ich Sie ohrfeigen, wie er es mit Ihrer Kusine getan hat.«
    »Ja, Linton, du musst es verraten«, sagte Catherine. »Ich bin dir zuliebe gekommen, und es wäre schändlich undankbar, wenn du dich weigertest.«
    »Gib mir etwas Tee, ich bin durstig, und dann werde ich es dir sagen«, antwortete er. »Mrs. Dean, geh weg! Ich mag es nicht, wenn du so dicht bei mir stehst. Aber Catherine, deine Tränen fallen in meine Tasse. Das mag ich nicht trinken. Gib mir eine andere.«
    Catherine schob ihm eine andere zu und wischte sich das Gesicht ab. Ich fühlte mich abgestoßen von der Gemütsruhe, die der kleine Bösewicht bewahrte, da er nun für sich keine Angst mehr zu haben brauchte. Das Entsetzen, das er im Moor bekundet hatte, legte sich mit einem Schlag, als er Wuthering Heights betrat. Daraus schloss ich, dass ihm ein furchtbarer Wutausbruch angedroht worden war, wenn es ihm nicht gelingen sollte, uns herzulocken. Nun, da es vollbracht war, hatte er fürs erste keine Furcht mehr.
    »Papa will, dass wir uns heiraten«, fuhr er fort, nachdem er etwas Tee getrunken hatte. »Er weiss, dass dein Papa es jetzt noch nicht erlauben würde, und er fürchtet, dass ich sterbe, wenn wir warten. Darum sollen wir morgen früh getraut werden, und du sollst die Nacht über hierbleiben. Und wenn du alles tust, was er will, sollst du am nächsten Tag nach Hause zurückkehren und mich mitnehmen.«
    »Sie mitnehmen, erbärmlicher Wicht?« rief ich. »Sie heiraten? Ei, der Mann ist toll, oder er hält uns alle für Narren. Oder bilden Sie sich ein, diese bildschöne junge Dame, dieses gesunde, fröhliche Mädchen werde sich an einen kleinen sterbenden Affen, wie Sie einer sind, binden? Sind Sie etwa der Meinung, dass irgend jemand — und nun gar Catherine Linton — Sie zum Manne haben möchte? Sie verdienten ausgepeitscht zu werden dafür, dass Sie uns überhaupt mit Ihren feigen, winselnden Kniffen hierhergelockt haben. Machen Sie nicht so ein albernes Gesicht! Ich habe die grösste Lust, Sie für Ihren verächtlichen Verrat und für Ihren törichten Betrug tüchtig durchzuschütteln.«
    Ich stiess ihn etwas an, doch fing er gleich an zu husten und griff nach seinem steten Hilfsmittel: er stöhnte und jammerte, so dass Catherine mir Vorwürfe machte.
    »Die Nacht über hier bleiben? Nein!« sagte sie und blickte forschend um sich. »Ellen, ich werde die Tür niederbrennen, aber hinaus muss ich.«
    Und sie wollte sich gleich an die Ausführung ihrer Drohung machen, aber Linton begann wieder für sein liebes Ich zu fürchten. Er umschlang sie mit seinen schwachen Armen und schluchzte: »Willst du mich nicht haben, mich nicht retten, mich nicht nach Thrushcross Grange kommen lassen? O Liebling! Catherine! Du darfst nicht weggehen und mich nach alledem allein lassen. Du musst meinem Vater gehorchen, du musst!«
    »Ich muss meinem Vater gehorchen«, entgegnete sie, »und ihn aus der grausamen Ungewissheit erlösen. Die ganze Nacht! Was soll er denken? Er wird schon jetzt unglücklich sein. Ich werde mir aus diesem Haus einen Weg brennen oder brechen. Sei still! Du bist nicht in Gefahr, nur wenn du mich hindern willst… Linton, ich liebe Papa mehr als dich.«
    Der tödliche Schrecken, den er vor

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