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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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Pächter für Thrushcross Grange«, antwortete er; »und selbstverständlich will ich meine Kinder um mich haben. Überdies schuldet mir das Mädchen ihre Dienste, wenn sie mein Brot isst. Ich habe nicht die Absicht, sie nach Lintons Tod in Luxus und Müssiggang leben zu lassen. — Beeil dich jetzt, mach dich fertig, und zwing mich nicht zu Gewaltmaßnahmen.«
    »Ich komme«, sagte Catherine. »Linton ist alles auf der Welt, was ich noch lieben kann, und obwohl Sie getan haben, was in Ihren Kräften stand, um ihn mir verhasst zu machen und mich ihm, können Sie nicht erreichen, dass wir einander hassen. Ich warne Sie davor, ihm in meiner Gegenwart weh zu tun, und ich warne Sie davor, mich einschüchtern zu wollen.«
    »Lass deine Großsprecherei«, antwortete Heathcliff; »aber du bist mir zu gleichgültig, als dass ich ihm deinetwegen etwas antun möchte; du sollst die ganze Qual bis zur Neige auskosten, solange sie dauert. Nicht ich werde ihn dir verhasst machen, dafür wird er schon selbst sorgen mit seinem reizenden Wesen. Er ist voller Galle wegen deiner Flucht und ihrer Folgen; erwarte keinen Dank für diese edle Selbstaufopferung. Ich habe gehört, was für ein hübsches Bild er Zillah von dem entwarf, was er dir antun würde, wenn er so stark wäre wie ich. Die gute Absicht ist vorhanden, und gerade seine Schwäche wird seinen Verstand schärfen, um einen Ersatz für die mangelnde Körperkraft zu finden.«
    »Ich weiss, dass er einen schlechten Charakter hat«, sagte Catherine, »er ist Ihr Sohn. Aber ich bin froh darüber, dass ich einen besseren habe und verzeihen kann; ich weiss auch, dass er mich lieb hat, und aus diesem Grunde mag ich ihn gern. Mr. Heathcliff, Sie haben niemand, der Sie liebt, und wie unglücklich Sie uns auch machen mögen, so bleibt uns doch als Rache das Bewusstsein, dass Ihre Grausamkeit nur von Ihrem grösseren Elend herrührt. Nicht wahr, Sie sind unglücklich? Einsam wie der Teufel und missgünstig wie er. Niemand liebt Sie, niemand wird weinen, wenn Sie einmal sterben. Ich möchte nicht tauschen mit Ihnen.«
    Catherine sprach in einem Tone düsteren Triumphes; sie schien entschloßen zu sein, sich dem Geist ihrer neuen Familie anzupassen und über den Kummer ihrer Widersacher Freude zu empfinden.
    »Es wird dir gleich leid tun, du selbst zu sein«, sagte ihr Schwiegervater, »wenn du noch eine einzige Minute hier stehen bleibst. Fort mit dir, Hexe, und hol deine Sachen!«
    Sie zog sich voll Verachtung zurück. Während ihrer Abwesenheit versuchte ich, um Zillahs Stellung in Wuthering Heights zu bitten, und bot ihm an, meine hier dafür aufzugeben; aber er wollte das unter keinen Umständen zulassen. Er gebot mir Schweigen und ließ dann zum erstenmal seine Blicke im Zimmer umherschweifen und sah sich die Bilder an. Nachdem er das Bild von Mrs. Linton lange betrachtet hatte, sagte er: »Ich werde das holen lassen. Nicht, weil ich es brauche, aber…« Er wendete sich plötzlich dem Feuer zu und fuhr fort mit — nun, ich muss es mangels eines besseren Ausdrucks ein Lächeln nennen: »Ich will dir sagen, was ich gestern getan habe. Ich habe den Totengräber, der Lintons Grab grub, dazu veranlasst, die Erde von ihrem Sargdeckel wegzuschaufeln, und habe den Deckel abgenommen. Ich dachte in dem Augenblick, ich müsste da unten bleiben, als ich ihr Gesicht wiedersah: es ist immer noch ihres, und der Totengräber hatte seine liebe Not, mich wegzubekommen; aber er sagte, es verändere sich, wenn die Luft darankäme, und so machte ich eine Seitenwand des Sarges los und deckte sie wieder zu; nicht Lintons Seite, verdammt soll er sein! Ich wollte, er wäre mit Blei verlötet. Ich habe den Totengräber bestochen, dass er das Sargbrett wegnimmt, wenn ich erst da liege, und meines auch. So will ich das haben, und wenn Linton zu uns herüberkommt, dann wird er uns nicht auseinanderkennen.«
    »Das war eine gottlose Tat, Mr. Heathcliff«, rief ich aus; »schämen Sie sich nicht, den Frieden der Toten zu stören?«
    »Ich habe keinen gestört, Nelly«, erwiderte er, »und mir habe ich ein wenig Erleichterung verschafft. Von jetzt an werde ich viel ruhiger sein, und ihr habt mehr Aussicht, mich da unten stillzuhalten, wenn ich unter der Erde bin. Ihre Ruhe gestört? Nein, sie hat die meine gestört, achtzehn Jahre lang, unaufhörlich, erbarmungslos, bis gestern nacht. Und gestern nacht war ich ruhig. Ich träumte, ich schliefe den letzten Schlaf neben ihr; mein Herz schlug nicht mehr, und meine

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