Emma - endlich vom Glück umarmt
aber das kam davon, wenn man sich mit einem blutjungen Mädchen einließ.
Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass er auf Emma Stocktons körperliche Nähe so intensiv ansprach; dabei war sie prüde und hochnäsig, was ihm beides nicht zusagte. Dennoch hätte er sie beinahe geküsst. Bestimmt lag es an diesem Resedaparfüm, das sie benutzte. Den Duft hatte er schon immer gemocht. An ihrer Person konnte es nicht liegen.
Verärgert über sich und sein Verhalten machte er auf dem Absatz kehrt und schlenderte die Straße hinab. Erst einige Zeit später erinnerte er sich, dass er ja in seinem Phaeton zum Ball gefahren war. Unwillig kehrte er um und bedeutete einem Lakaien, ihm seinen Wagen vorfahren zu lassen.
5. KAPITEL
Am frühen Nachmittag des nächsten Tages schlenderte Charles in den White’s Club. Einigen Bekannten im Vorübergehen zunickend, begab er sich zu einer Erkernische, in der sein Bruder schon, in die Times vertieft, saß. Lässig ließ er sich neben ihm in einen weich gepolsterten Sessel sinken und streckte die langen Beine von sich. „Was treibst du hier, weit weg von deiner reizenden Frau und dem Baby?“
Lord George Hawthorne sah lächelnd zu seinem Bruder auf. „Ungestört Zeitung lesen.“ Verblüfft betrachtete er den Gehrock seines Bruders. „Wieso trägst du ein Sträußchen Reseda im Knopfloch?“
Charles grinste. „Antworte mir, dann antworte ich dir.“
„Wie in alten Zeiten“, murmelte George und legte die Zeitung fort. „Weißt du, Juliet leistet ihnen Gesellschaft, weil Adam losgezogen ist, ein paar Pferde zu begutachten. Sie wollen den Kontinent bereisen, und er möchte ein eigenes Gespann mitnehmen.“
„Ach, Adam!“, grollte Charles, der seinen übel beleumdeten Schwager nicht ausstehen konnte.
„Du magst ihn immer noch nicht? Er hat sich geändert“, versicherte George, „und Juliet ist glücklich mit ihm.“
Charles’ Miene hellte ein wenig auf. „Beides wohl wahr, aber deshalb muss mir die Sachlage nicht gefallen.“
„Aber verhältst du dich so viel besser? Denk nur an die kleine Stockton.“
„Ausgerechnet du erwähnst die Stocktons?“
Zwar erbleichte George leicht, hielt jedoch Charles’ Blick stand. „Natürlich verhielt ich mich Ms. Stockton gegenüber sehr schäbig. Zu entschuldigen ist es nur, weil sie mich so wenig liebte wie ich sie. Wir hätten eine Vernunftehe geführt. Nun hat Ms. Stockton die Chance, einen Mann zu finden, der sie liebt und schätzt, wie es mir nicht möglich gewesen wäre. Weißt du, Liebe ist ein sehr starkes Gefühl. Ich habe erlebt, wie sehr sie einen verändern kann.“ Nach einer Pause fügte er hinzu: „Hoffentlich darfst du das eines Tages auch erfahren.“
„Ja, ja“, brummte Charles unwillig.
Er hatte keine Lust, über Emma zu reden und darüber, dass sie einen passenden Gatten finden könnte. Es löste ein seltsam unbehagliches Gefühl in ihm aus. Und darüber zu reden, dass die Liebe ihn finden könnte … nun, was seine Geschwister aus Liebe getan hatten, beeindruckte ihn bisher nicht sehr.
„Also, dieses Resedasträußen …“, er grinste spöttisch, „… ich probiere etwas aus.“
„So?“ George hob eine Braue.
„Ich will sehen, wie viele Narren darauf hereinfallen.“
„Anders gesagt, du willst sehen, wie viele dich, den modischen Vorreiter, nachahmen? Du bist unverbesserlich.“
Charles verneigte sich spöttisch. „Ich bemühe mich.“
Noch während er mit seinem Bruder herumplänkelte, drangen laute Stimmen an sein Ohr. Er sah sich um und entdeckte in einer Erkernische mehrere in eine Unterhaltung vertiefte Herren, darunter Bertram Stockton. Augenblicklich überfiel ihn ein unerklärlicher Wirrwarr an Gefühlen. Unwirsch sagte er: „Was hat dieser Tunichtgut hier zu suchen?“
„Du meinst Stockton? Wahrscheinlich das Gleiche wie wir, Gesellschaft und Unterhaltung an einem ansonsten faden Nachmittag.“
„Er sollte gar nicht in London sein.“
„Und wieso nicht?“, fragte George verwundert.
Charles warf seinem Bruder einen vernichtenden Blick zu. „Weil der Kerl bis über die Ohren verschuldet ist und sich bald noch tiefer hineinmanövriert. Wenn er so weitermacht, werden weder Emma noch Amy Stockton eine passende Partie finden.“
„Ah, jetzt verstehe ich dein Interesse und deine Gereiztheit.“ George lächelte hinter vorgehaltener Hand. „Aber vergisst du nicht deine eigenen Sünden?“
Stolz auffahrend entgegnete Charles: „Ja, doch das ist Vergangenheit. Außerdem
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