Emma - endlich vom Glück umarmt
Frohsinn und Begehren – versetzten sie in rosigste Hochstimmung. Bei der Erinnerung daran, dass sie ihrerseits gestern heiß begehrt worden war, lachte sie fröhlich, voller Lebenslust auf.
Als sie schließlich ins Haus zurückging, fand sie, wie erhofft, das Frühstück schon angerichtet. Erfreut stellte sie fest, dass noch niemand sonst hinuntergekommen war, und bediente sich mit Toast, Rührei und heißer Schokolade. Während sie genüsslich speiste, grübelte sie darüber, warum Charles Hawthornes Liebkosungen sie derart verändert hatten. Heiraten konnte sie ihn auf keinen Fall, selbst wenn er ihr einen Antrag machte. Er war ein Roué, und sie ein verschmähtes Mädchen mit einer schwer verschuldeten Familie. Nein, es war nichts als Spielerei, und vor einer Woche noch hätte sie vor seiner Annäherung Reißaus genommen. Nun machte sie eine Wandlung durch, sie wollte das Leben genießen, ehe sie sich in der Kinderstube einer fremden Familie vergraben würde. Sollte sie Charles vielleicht gar zum Liebhaber nehmen?
Allein die Vorstellung verursachte ihr Schwindel. Welch unerhörter Gedanke! Frauen ihres Standes hatten keinen Geliebten … und doch …
Mit der Welt in Einklang beendete sie ihr Frühstück und erhob sich gerade, als Mr. Helmsley eintrat.
„Wie schön, Sie so früh am Morgen zu sehen, Ms. Stockton. Möchten Sie mir nicht Gesellschaft leisten?“
Sollte sie? Sie sah ihn forschend an. Er war elegant, ohne geckenhaft aufzutreten; sein Blick war offen und intelligent, und er schien nicht humorlos zu sein. Es gab schlechtere Gesellschaft. Und er war ehrlich interessiert an ihr. Sie nahm ihren Platz wieder ein. „Oh, ich trinke gern noch eine Tasse Tee.“
Als er zu ihr trat, um ihr die Tasse zu reichen, stieg ihr ein Duft nach Piniennadeln in die Nase. Es ließ sie völlig kalt. Aber Mr. Helmsley war ein netter Mann. Also würde sie sich seiner Gesellschaft erfreuen.
Charles erwachte und tastete nach der Frau neben sich. Doch da war keine. Verdutzt fragte er sich, was mit ihm los war, dass ihn solche Vorstellungen heimsuchten.
Offensichtlich hatte er von Emma Stockton geträumt, und im Traum hatte er sie geküsst und ihre pfirsichzarte Haut gestreichelt. Die Erinnerung daran löste in seinen Lenden ein schmerzhaftes Pochen aus.
„Morgen, Chef.“ Stoners grobe Stimme drang in seine Gedanken. „Zeit zum Aufstehen. Wir sind auf dem Land.“
Stöhnend setzte Charles sich auf. „Schon, aber niemand zwingt einen, früh aufzustehen.“
Stoner betrachtete ihn verstohlen. „Na, Ihre spezielle Dame is’ schon längst auf.“
„Ich habe keine spezielle Dame.“
„Schön zu wissen, Chef, se sitzt nämlich bei diesem Mr. Helmsley.“
„Was?“ Charles fuhr auf. Nach ihren heißen Küssen gestern Abend? Dass sie zwei Männer gleichzeitig ermutigte, hätte er nicht von ihr gedacht. „Hm … ich sollte aufstehen.“
Unauffällig grinsend wandte Stoner sich ab und legte das Rasierzeug zurecht. „Dachte mir, dass Sie sich’s überlegen.“
Charles stieg aus dem Bett und überließ sich den Händen seines Kammerdieners. Eine Stunde später marschierte er in den Frühstückssalon, wo er zwar Ms. Emma Stockton und Mr. Helmsley nicht mehr vorfand, jedoch seine Schwester, an deren Seite er Platz nahm. „Guten Morgen.“
Juliet sah ihn an. „Du bist früh auf den Beinen.“
„Bin gestern früh schlafen gegangen. Bist du schon lange hier?“
Seine Schwester lächelte wissend. „Ich kam, als Emma Stockton gerade mit Mr. Helmsley zu einem Spaziergang in den Garten aufbrach.“
In Charles begann es zu sieden, doch er behielt seine undurchdringliche Miene bei. „So?“
„Ja, der Garten hier wird stark frequentiert.“ Während sie genüsslich in ihren Toast biss, beobachtete sie Charles heimlich. „Das ärgert dich, was?“
„Ich weiß nicht, was du meinst.“
Lachend rief sie: „Natürlich nicht!“
In dem Moment segelte Lady Johnstone herein, steuerte auf die beiden zu und ließ sich schwer auf einen Stuhl sinken. „Helmsley macht deiner Kleinen den Hof.“
„Meine Kleine?“ Sein Ton war ätzend.
„Glaub nicht, ich hätte die beiden Stockton-Mädchen zu meinem Vergnügen eingeladen“, fuhr Lady Johnstone fort. „Sind beide nett, aber die eine ist zu forsch und die andere zu etepetete.“ Nach einem anerkennenden Blick auf Charles setzte sie hinzu: „Obwohl – ich sah, dass sie dich letzten Abend in den Park begleitete. Erst viel später kam sie zurück – ohne dich. Und sie
Weitere Kostenlose Bücher